Redebeitrag für den Ostermarsch Hannover am 3. April 2021

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Die Unterschrift unter den Atomwaffen-Verbotsvertrag ist notwendiger denn je
 

Liebe Freundinnen und Freunde,

der ehemalige Chef der IAEA El Baradei warnte im Februar d.J. vor Verharmlosung der Atomkriegsgefahr mit eindringlichen Worten: „Das nukleare Risiko ist so hoch, wie seit der Kubakrise nicht mehr. Die Bedrohung durch Atomwaffen ist keine theoretische Möglichkeit, sondern eine reale Gefahr, ... Um eine ausgewogene und realistische Diskussion zu führen, müssen wir uns sowohl auf die Bedrohung durch Atomwaffen als auch auf den Mechanismus zu ihrer Bekämpfung, also auf den Verbotsvertrag konzentrieren. Man kann das eine nicht von dem anderen trennen.“ (aus: Austria Presse Agentur vom 08.02.2021)

Seit dem 22. Januar 2021 ist der UN-Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) in Kraft, d.h. er ist völkerrechtlich gültig. Er verbietet den beigetretenen Staaten unter anderem die Herstellung, die Stationierung, den Besitz und zwangsläufig auch den Einsatz von Atomwaffen. Der AVV stößt damit neue Abrüstungsdebatten an, indem er die katastrophalen humanitären Konsequenzen von Atomwaffen hervorhebt und die Versäumnisse in der Politik der Atomwaffenstaaten ins Licht der Öffentlichkeit bringt. Diese haben sich bereits im seit 1970 gültigen Nichtverbreitungsvertrag verpflichtet, »einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle« auszuhandeln. Solche Verhandlungen sind bis heute nicht erfolgt.

Stattdessen wurde zuletzt ein bilaterales Abrüstungsabkommen nach dem anderen gekündigt. Gleichzeitig beobachten wir, dass die Atomwaffenstaaten ihre Arsenale modernisieren und neue nukleare Waffensysteme entwickeln. Die Bedrohung für die Menschheit steigt damit weiter an! Auch die in Deutschland stationierten US-Atombomben sollen in den kommenden Jahren durch neue lenkbare B 61-12 mit einer variablen Sprengkraft ersetzt werden. Dafür plant das Bundesverteidigungsministerium, 30 neue Jagdbomber für mehrere Milliarden Euro beim US-Hersteller Boeing zu ordern.

Demgegenüber ist es eine ermutigende Entwicklung, dass bis heute, innerhalb von 3 Jahren, bereits 55 Staaten den AVV ratifiziert haben. Das Verbot eines Einsatzes von biologischen und chemischen Waffen benötigte einen sehr viel längeren Zeitraum!
Eine aktuelle Umfrage von Greenpeace vom 5. März 2021 hat erneut belegt, dass eine große Mehrheit in Deutschland den Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag will. Auf die Frage, was mit den in Deutschland stationierten US-Atombomben geschehen
solle, plädierten 82 Prozent für deren kompletten Abzug aus Büchel / Rheinland-Pfalz 71 Prozent der Befragten sind dagegen, dass das Verteidigungsministerium die Tornado-Kampfflugzeuge, die sich zum Abwurf dieser Atombomben eignen, für 7,7
Mrd. Euro durch neuere Typen ersetzt werden. „Während die Bevölkerung Atomwaffen mit überwältigender Mehrheit ablehnt,
verweigert die Große Koalition einen deutschen Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag.

Doch die nukleare Abschreckung ist ein Mythos, Atomwaffen haben noch nie Kriege verhindert”, sagt Christoph von Lieven, Greenpeace-Sprecher für atomare Abrüstung.“ Atombombenarsenale sollen erstmals wieder wachsen Statt Abrüstung zu forcieren wird atomar aufgerüstet: Großbritannien hat gerade angekündigt, sein Arsenal an Atomsprengköpfen fast zu verdoppeln.

Die Gefahr eines Atomkriegs steigt damit auch nach Ansicht von Experten. Der Chef des US-Atomwaffenprogramms, erörterte in der Februar-Ausgabe eines US -Magazins, dass er einen Krieg mit Atomwaffen heute erstmals für eine reale Bedrohung halte.“ Die Zeitschrift Bulletin of the Atomic Scientists, die über die atomare Bedrohung wacht und auf Albert Einstein zurückzuführen ist, hat den Uhrzeiger der „Doomsday Clock“ inzwischen auf 100 Sekunden vor Mitternacht vorgestellt.
Damit wird eines deutlich, parallel zur unzureichenden Politik einer Bewältigung der aktuellen Pandemie entwickelt sich weltweit die Rüstungsindustrie. Unbemerkt von der Bevölkerung werden militärische Auseinandersetzungen trainiert – und das mit mit staatlicher finanzieller Unterstützung.

Konkret möchte ich deshalb an dieser Stelle kurz auf die Vorbereitungen des NATO-Manövers, DEFENDER 21 hinweisen, für das es kein Lockdown mit Einschränkungen gibt. Es werden viele tausend Soldaten aus mehreren NATO-(hochinzidenz-) Staaten zusammentreffen, im Falle von Covid19- Erkrankungen das sowieso schon unzureichende Gesundheitswesen vorrangig in Anspruch nehmen, was ich mir gar nicht weiter ausmalen will.

Die Idiotie dieser militärischen ‚Strategie‘ alter weißer Männer ist nur zu offensichtlich - einer Zuspitzung an geostrategischen Konfliktlinien, die auch in einem atomaren Schlagabtausch münden könnte. In diesem Sinn möchte ich mit einem Zitat schließen: „… Unbemerkt von den Massenmedien veröffentlichte die amerikanische Journalistin Elisabeth Eaves … in der Fachzeitschrift „Bulletin of the Scientists“ eine Analyse über eine neue Massenvernichtungswaffe, eine Atomrakete von der Länge einer Bowlingbahn. Sie wird etwa 6.000 Meilen weit fliegen können und einen Sprengkopf tragen, der mehr als 20-mal stärker ist als die Atombombe, die auf Hiroshima abgeworfen wurde. Sie wird in der Lage sein, Hunderttausende von Menschen mit
einem einzigen Abwurf zu töten. Die US-Luftwaffe plant, mehr als 600 Stück zu bestellen….“ Das sind leider keine Gedankenspielereien, sondern zeigen den Ernst der Bedrohungslage.

Es gibt aus meiner Sicht ein wichtiges, lebensnotwendiges Ziel: Die Abschaffung der Atomwaffen – und die Forderung der Unterschrift unter den AVV durch die Bundesregierung als ersten Schritt dahin.

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.

 

Heidemarie Dann ist aktiv beim Hiroshima-Bündnis Hannover.