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Redebeitrag zur Hiroshima-Gedenkveranstaltung am 6. August 2019 in Offenbach
- Es gilt das gesprochene Wort -
Liebe Friedensfreundinnen und –freunde,
es ist wichtig, uns an die furchtbaren Folgen von Kriegen zu erinnern, das gilt gerade heute wieder, wo in Ost-Europa mit Beteiligung der deutschen Armee NATO-Aufmärsche an Russlands Grenzen stattfinden. Und das gilt erst recht für die Rüstung mit den schlimmsten, unmenschlichsten Vernichtungsmitteln, die bisher erfunden wurden: den Atomwaffen, die immer noch und aktuell wieder verstärkt in die Arsenale der Nuklearmächte gestellt werden sollen.
Deshalb erinnern wir heute, am Hiroshima-Tag, an die Folgen des Abwurfs einer einzigen Atom-Bombe dieses Typs, zynisch »Little Boy« (kleiner Junge) genannt, über der japanischen Großstadt. Sie wurde am 6. August 45 über der Stadt von dem B-29-Flugzeug "Enola Gay" abgeworfen. Die Bombe explodierte in 580 Metern Höhe. Die Explosionskraft der Atombombe entsprach 13,4 Kilotonnen , das heißt der Sprengkraft von 13.400 Tonnen des herkömmlichen Sprengstoffs TNT ; man bräuchte etwa 1300 Güterwaggons voll mit TNT-Sprengstoff, für die gleiche Sprengkraft.
In einem Umkreis von einem halben Kilometer um den "Ground Zero", dem Zielpunkt der Bombe, waren 90 Prozent der Menschen sofort tot. Die Temperatur am Hypozentrum betrug für etwa eine Sekunde ca. 3.000-4.000 Grad Celsius. (Zum Vergleich: Der Siedepunkt von Eisen beträgt 3.070°C). An dieser Stelle verdampfte alles. Menschen, die sich im Explosionszentrum aufhielten, verbrannten vollständig und hinterließen in einigen Fällen ihre Schatten an stehen gebliebenen Hauswänden, die sie für einen Moment von der Hitzestrahlung abgeschirmt hatten.
Eine ungeheure Druckwelle, die auch im Umkreis von 40 Kilometern wahrgenommen wurde, zerstörte die Stadt. Es folgten Feuerstürme mit Windgeschwindigkeiten von über 250 km/h und Bodentemperaturen von über 1.000 Grad Celsius. Glas und Eisen schmolzen, der Asphalt brannte. Bis zum Ende des ersten Tages starben nach konservativen Schätzungen mindestens 45.000 Menschen. In den nächsten Monaten stieg die Zahl der Todesopfer auf 136.000, und noch nach Jahrzehnten erkranken und sterben Menschen an Krebs infolge der Verstrahlung.
Die Entwicklung und der Einsatz dieser Massenvernichtungswaffe ließ erkennen, dass nun die Gewaltmittel bereitliegen, das menschliche Leben auf dem Planeten auszurotten.
Als in den 80er-Jahren im Kalten Krieg zwischen USA und Sowjetunion eine neue Welle der nuklearen Aufrüstung betrieben wurde, kamen weitblickende Ärzte zu dem Schluss, dass sie ihr medizinisches Wissen nun dazu nutzen mußten, die Menschen vor der möglichen globalen Katastrophe durch einen Atomkrieg zu warnen. Professor Bernard Lown gründete gemeinsam mit seinem sowjetischen Kollegen Jevgeni Tschasov die Internationalen Ärzte für die Verhütung eine Atomkriegs IPPNW. Unsere Vereinigung untersuchte aus Sicht der medizinischen Wissenschaft die zu erwartenden Folgen eine Nuklearkriegs, informierte die breite Öffentlichkeit über diese furchtbaren Konsequenzen, mit der Warnung: wir werden euch nicht helfen können – nur die Prävention, die unbedingte Verhütung eines Atomwaffeneinsatzes kann solche grauenhaften Folgen verhindern.
Heute sind wir wieder in einer internationalen Situation, in der einige Strategen, für die Konsequenzen ihres Tuns offenbar unempfindlich sind, eine weitere atomare Aufrüstungsrunde vorbereiten. Rüstunsgsbegrenzungsabkommen wie der ABM-Vertrag und nun der INF-Vertrag zum Verbot nuklearer Mittelstreckenraketen in Europa wurden gekündigt, offenbar beschäftigen sich solche Drahtzieher wieder mit Phantasien vom führbaren und gewinnbaren Nuklearkrieg.
Treten wir wieder in eine neue, für das Leben der Menschen weltweit lebensgefährliche Vorkriegsphase ein - müssen wir uns fragen.
Mit dem Atomwaffenverbotsvertrag hat die internationale Gemeinschaft ein mögliches Werkzeug, das Massenvernichtungsmittel Atombombe endlich zu entschärfen. Es ist unsere Aufgabe als problembewußte Bürger, aktiv zu werden und auch die deutsche Bundesregierung zu bewegen, diesem Vertrag beizutreten, und endlich die US-Atombomben aus Büchel und aus Deutschland zu verbannen. Da erwarten wir auch von unseren kommunalen Funktionsträgern, den Bürgermeistern für den Frieden, tatkräftige Unterstützung. Wir sollten dafür kämpfen, das sich die Regierungen endlich den wirklichen globalen Sicherheitsproblemen zuwenden: der drohenden Zerstörung unserer natürlichen Umwelt und das massive Elend von Hunderten von Millionen von Menschen in den Ländern des globalen Südens.
Nicht Russland bedroht unsere Sicherheit, sondern eine inhumane, auf Androhung und Anwendung von Waffengewalt setzende Politik von mächtigen Akteuren, hier und international.
Da muß sich viel ändern, und wir wollen unseren Beitrag dazu leisten.
Vielen Dank.
Matthias Jochheim ist aktiv bei der IPPNW-Regionalgruppe Frankfurt.