Redebeitrag zur Hiroshima / Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 9. August 2019 in Frankfurt

 

Auch Frankfurt muss das UN-Atomwaffenverbot fordern ! Unsere Lehre von Hiroshima und Nagasaki 1945

 

- Sperrfrist 9.8.2019, 12 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Meine Damen und Herren,
liebe Engagierte für Frieden und atomare Abrüstung,

nun ist es schon 74 Jahre her, dass die USA-Regierung 1945 die neu erfundenen Atombomben zur Mittagszeit auf die von Menschen gefüllten Straßen der Städte Hiroshima und Nagasaki geworfen hatten, um vor Marschall Stalin und der Welt ihre riesige Zerstörungs- und Tötungsmacht zu demonstrieren und die Auswirkungen auf die Menschheit und Natur messen zu können. Die japanische Regierung hatte die Kapitulation schon beschlossen, das radioaktive Massenverbrechen gegen das Kriegsvölkerrecht und die Genfer Konventionen war aus Gründen der Kriegsbeendigung nicht „erforderlich“.

Leider müssen wir diese schrecklichen Erinnerungen und Tatsachen den Menschen der heutigen Zeit wieder zur Kenntnis bringen, weil so viele noch immer glauben, die Mächtigen würden Atomwaffen doch gar nicht einsetzen, sondern nur mit ihnen „abschrecken“. Wenn das so wäre, bräuchten sie nicht heimlich ihre Atombomben und -raketen mit immer schrecklicheren Zerstörungspotenzen auszustatten, wie auch „unsere“, d.h. die NATO Atombomben in Büchel, die uns zwar nicht gehören, mit denen aber Deutschland besetzt ist. Neue Atomwaffen werden von den Atommächten, insbesondere den USA und Russland gebaut, obgleich 15.000 vorhanden sind. Nun nach dem von Präsident Trump herbei gesehnten Ende des INF-Vertrags fangen beide Großmächte sofort an, Kurz-und Mittelstreckenraketen zu bauen und demnächst zu stationieren. Nicht vergessen dürfen wir, dass gegen den Wunsch des Deutschen Bundestags und gegen die Forderung von Bundesaußenminister Westerwelle (2009 und 2010), die USA und NATO ablehnten, die Atombomben aus Deutschland (Büchel) abzuziehen. Wenn Sie, geehrte Damen und Herren, objektiv und kritisch berichtende Zeitungen lesen, dann wissen Sie, dass  mehrere internationale und deutsche Politiker sowie  andere „Fachleute“ jetzt die Ungeheuerlichkeit fordern, eine Europäische Militärmacht, zu der auch Deutschland gehören wird,  müsse mit Atomwaffen ausgerüstet werden.

Bei dieser Forderung geht es nicht um den Schutz unserer deutschen Heimat,  sondern um eine Armee, die an vielen Orten der Erde eingesetzt werden soll, so wie auch jetzt schon deutsche Militärkontingente in verschiedenen Ländern an Kriegen beteiligt sind.

 

Meine Damen und Herren,

so wie in den Anfängen der 1980ziger Jahre die USA und die Sowjetunion sich als Feinde bezeichneten und entsprechend handelten,  so ist es heute wieder. Warum ?

1). Der von Gorbatschow und Reagan abgeschlossene INF-Vertrag, der wesentlich zum Ende des Kalten Krieges beigetragen hatte, wurde von  Donald Trump nach seiner Wahl zum US Präsidenten sofort abgelehnt.

2). Die NATO betrieb die „Osterweiterung weiter und versprach der politisch noch unerfahrenen neuen Ukraine Regierung die spätere Mitgliedschaft, wodurch auch die Krim mit dem russischen Kriegshafen nicht mehr unter russischer Kontrolle stünde. Die Folge war, dass Putin die Krim und die Ostukraine besetzte. Beides hätte mit kluger Diplomatie verhindert werden können.  

Seither findet wieder ein Wettrüsten in den USA und Russland statt, nicht nur „konventionell“, sondern auch mit Kurz-und Mittelstreckenraketen, die je nach Wunsch mit Atomköpfen unterschiedlicher Zerstörungskraft eingestellt werden können. Wer wird im Kriegsfall vorwiegend leiden ? Wir, die unschuldigen Frauen, Männer und Kinder, denn die „Trumps und Putins“ stellen ihre Feindvernichtungsziele weit über das Leben und Wohl der Menschheit.

 

Meine Damen und Herren,

bei dieser Entwicklung dürfen wir Bürgerinnen und Bürger, Ärztinnen und Ärzte, IPPNW und ICAN sowie die gesamte Friedensbewegung – aber auch unsere Soldaten und Generäle -  nicht untätig bleiben. Wir dürfen den Mächtigen in den Regierungen der Erde nicht gestatten, dass sie ungehindert über Massenvernichtungswaffen verfügen und die Menschheit als Geisel nehmen. Solange Atomwaffen existieren und nicht durch die Vereinten Nationen und den Weltgerichtshof verboten sind, balanciert die Menschheit auf einem schwingenden ganz dünnen Seil ohne Absturzsicherung. Wir müssen alles in unserer Kraft stehende tun, um dem UN-Atomwaffen Verbotsvertrag vom 7. Juli 2017, dem zwei Drittel der UN Mitglieder zustimmten, Gültigkeit zu schaffen.

Wir müssen laut und energisch die Regierungen, die bisher den UN Vertrag noch nicht unterzeichnet oder ratifiziert haben, darunter auch unsere deutsche, auffordern,  jetzt ihre humane Pflicht zu tun. Insbesondere wir deutschen Bürgerinnen und Bürger wollen nicht von einer Regierung geführt werden, die die Existenz von Atomwaffen, sogar auf deutschem Boden, toleriert.

Dankbar nehmen wir die Aussagen des deutschen Bundesaußenminister Heiko Maas zur Kenntnis, der in der FR vom 31. Juli unter der Überschrift „ Zurück zur Abrüstung“ fünf wichtige Maßnahmen zur Verhütung der weiteren Atomwaffen Eskalation und eines Atomkriegs aufführt. Leider aber erwähnt er weder das bisherige Versagen des nuklearen „Nichtverbreitungsvertrags“,  noch die Notwendigkeit des absoluten Verbots aller Atomwaffen. Daher müssen wir ihn und die Bundeskanzlerin energisch zur Unterzeichnung des UN-Atomwaffen-Verbotsvertrags drängen.

Als Frankfurter Bürger und Bürgerinnen appellieren wir an unseren Frankfurter Magistrat und die Parteien im Parlament : Unterzeichnen Sie den Städteappell der ICAN und der „Bürgermeister für den Frieden“, wie das bereits von 30 Städten, darunter 10 Landeshauptstädten, und von 8.000 Bürgermeistern für den Frieden, darunter 650 in Deutschland, geschehen ist. Leider hat sich der Magistrat der Stadt Frankfurt bisher nicht zur Unterzeichnung entschließen können, obgleich zahlreiche Abgeordnete der SPD und die Partei der Grünen und Linken voll dazu bereit gewesen wären, und auch Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) dem Appell zum UN-Verbot aller Atomwaffen durch seine Unterschrift zugestimmt hatte. 

Der OB schrieb an uns u.a.: “Es ist mir ein großes Anliegen, mich für Frieden und vor allem für die Abschaffung aller Atomwaffen einzusetzen … Ich sehe es deshalb als meine Pflicht nicht nur als Oberbürgermeister, sondern auch als Bürger dieser Stadt, mein Möglichstes zu tun, um der für die Menschheit bedrohlichen Entwicklung entgegen zu wirken. Seien Sie versichert, dass auch die Menschen der Stadt Frankfurt am Main nichts sehnlicher wünschen, als den Erhalt des Friedens … Ich hoffe, dass noch viele Menschen Ihrem Beispiel folgen, und dann sich weitere Städte, vor allem aus Ländern, die im Besitz von Atomwaffen sind, dem Appell von ICAN anschließen werden“.

Der Stadtrat, Personal- und  Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Die Grünen) schrieb uns u.a.: Es ist (daher) für mich als Personal-und Gesundheitsdezernent der Stadt Frankfurt selbstverständlich, dass ich mich auf allen politischen Ebenen für eine weltweite, verifizierbare Abrüstung von allen Massenvernichtungswaffen mit dem Ziel einer Nuklearwaffen freien Welt stark mache. Es gibt somit auch für die Stadt Frankfurt eigentlich nur gute Gründe, sich dem ICAN-Städteappell anzuschließen, den von den Vereinten Nationen 2017 verabschiedeten Vertrag zum Verbot von Atomwaffen zu begrüßen und eine entsprechende Aufforderung an die Bundesregierung zu richten, diesem Vertrag beizutreten“..   

Aus der Frankfurter Bürgerschaft schrieb uns Frau Erika Pfreundschuh, Vorsitzende der Senioren Union Frankfurt und CDU Stadträtin a.D. „ … Gerade jetzt ist es so bedeutend, nach dem Ende des 1987 zwischen den Vereinigten Staaten und der damaligen Sowjetunion geschlossenen INF-Vertrages, … dass sich die Menschen in den Städten weltweit zusammen schließen und gemeinsam Flagge zeigen, damit sich solch furchtbare Ereignisse wie Hiroshima und Nagasaki nicht mehr wiederholen. Die Bewahrung der Menschen vor Atomkriegen ist selbstverständlich auch für die Menschen in unserer Stadt Ffm ein besonders wichtiges Thema. Ihrem Engagement und dem Ihrer Kollegen der IPPNW, verehrter Herr Prof. Gottstein, verdanken wir es, dass sich Frankfurt und ca. 6.000 weitere Städte für die Abschaffung der Atomwaffen einsetzen wollen. Auch ich bin als Bürgerin unserer Stadt für das Verbot von Atomwaffen und wünsche Ihnen und uns allen von Herzen endlich den dringend notwendigen Erfolg.“

 

Meine Damen und Herren,

mit diesen Zustimmungsbriefen für den ICAN Städteappell und die Aufforderung an die Bundesregierung, den UN-Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen, beenden wir nun unsere Veranstaltung. Wir danken der japanischen Trompeterin Noriko Abe, die drei traurige Lieder zum Thema für uns spielte: “Orizuru-paper cranes“; „No more atomic bombs“  und „All that the man left behind when he died“.

Hiroshima und Nagasaki dürfen sich nie wiederholen, Atomwaffen müssen geächtet, verboten und vernichtet werden!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Prof. Dr. Ulrich Gottestein ist Ehrenvorsitzender der IPPNW Deutschland.