Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 6. August 2024 in München

 

- Sperrfrist: 6.8., Redebeginn: 19 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Im August 1945 warfen die USA über Hiroshima und über Nagasaki die ersten Atombomben ab. Ein japanischer Arzt, der als Kind Opfer dieses Infernos war, erzählte mir, dass es ihm bis heute kaum möglich sei über diese Katastrophe zu sprechen. Das Leid, das damals über seine Familie und ganz Japan kam, ist mit Worten für ihn nicht zu schildern.

Wie ist die Situation heute?

Durch den Einsatz von Atombomben kann heute jeder Krieg oder jede politische Auseinandersetzung zu einem globalen Inferno führen. Diese Gefahr erleben wir derzeit in der Ukraine, wo sich Russland und die USA, die größten atomaren Mächte gegenüber stehen. Vor einer Eskalation warnen nicht nur AtomphysikerInnen sondern Wissenschaftler aus verschiedenen Fachrichtungen, da ein Atomkrieg eine ungeheuerliche Vernichtung bedeutet, zumal die heute existierenden Atomwaffen eine zigfach größere Sprengkraft als die damaligen Bomben haben.

Zu dieser Gefahr gibt es jedes Jahr bis zu hundert Fehlalarme, die fälschlicherweise einen Angriff melden. Wir hoffen, dass die in den atomaren Kontrollstäben und Kommandozentralen Beschäftigten dies sofort erkennen und nicht zurück schießen.

Wir können heute in Stunden die Menschheit und alles vernichten, was in Milliarden Jahren gewachsen ist und was sich in den kommenden Jahrtausenden entwickeln könnte.

Um diese Gefahr zu veranschaulichen, wurde die Atomkriegsuhr am 24. Januar 2023 auf 90 Sekunden vor 12 Uhr vorgestellt.

Wie gehen wir mit dieser atomaren Bedrohung um?

Die atomare Gefahr ist in ihrer Komplexität für uns weder wahrnehmbar noch vorstellbar. Wir können sie sowohl sprachlich als auch bildlich kaum symbolisieren. Ähnlich wie beim Klimawandel macht sich ein Großteil der Bevölkerung vor, dass es schon gut gehen wird und derartige Waffen nur als Abschreckung und als sogenannter Schutzschild eingesetzt werden. Leider hat es den Anschein, dass sich auch unsere PolitikerInnen in Sicherheit wiegen.

Was können wir tun?

Über alle Gefahren müsste dringend ausführlicher und häufiger in den Medien berichtet werden, um eine Diskussion in der breiten Öffentlichkeit darüber anzustoßen. Deswegen sind Veranstaltungen wie die heutige von so großer Bedeutung.

Wir können uns engagieren und in Gruppen organisieren, wie zum Beispiel in Friedensgruppen oder bei IPPNW oder ICAN.

Es ist wichtig, dass wir uns mit den atomaren Gefahren in ihrer gesamten Komplexität beschäftigen und darüber diskutieren. Im Dialog zwischen den Generationen müssen auch Kinder und Jugendliche eine Stimme und Plattform für ihre Meinung bekommen, da vorwiegend und besonders sie die Hauptleidtragenden einer atomaren Katastrophe wären.

Das Recht auf Leben der jungen Generation muss ernst genommen werden. Diskussionen zwischen den Generationen sind erforderlich. Auch meine sechs um die 20 Jahre alten Enkel betonen, dass die Ereignisse und das Ausmaß von Hiroshima für sie nicht greifbar, unzugänglich und unvorstellbar sind. Sie haben sich bisher, auch in der Schule, damit kaum befasst. Nur der älteste Enkel ist sich der atomaren Gefahr durchaus bewusst. Eine globale Zerstörung hält er für unwahrscheinlich. Durch den Krieg in der Ukraine sind Atomwaffen bei allen präsenter. Meine Enkel wünschen sich, dass die atomaren Gefahren wie der Klimawandel in der Schule, der Universität sowie in den sozialen Medien präsenter sind und mehr thematisiert werden.

Wir alle tragen eine große Verantwortung. Spätestens wenn uns unsere Kinder und Enkel fragen:

"Was habt ihr damals gegen die atomare Aufrüstung getan?“

müssen wir uns dieser Frage stellen.

Wenn wir die atomare Bedrohung weiterhin verdrängen und verleugnen, so wie viele PolitikerInnen, entlässt uns das nicht aus unserer Verantwortung.

Deshalb müssen wir abrüsten, die atomare Aufrüstung entschieden ablehnen und dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten.

 

Dr. Christa Schmidt ist aktiv bei der IPPNW Regionalgruppe München.