Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 6. August 2024 in Saarbrücken

 

- Sperrfrist: 6.8., Redebeginn: 16 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Seit meiner Kriegsdienstverweigerung und dem Bedenken des 2. Weltkrieges und des Holocausts, Täter waren Menschen der Generation meiner Väter und Großväter aus Deutschland, begleitet mich die Frage: Wie kann ich verhindern, dass ich selbst zu einem solchen Täter werde. So wurde ich Pazifist, der in keinem Fall bereit ist Menschen zu töten, mit welcher Rechtfertigung auch immer. Eine besondere Rolle spielte dabei von Anfang an der Einsatz gegen Atomwaffen. Die Einbettung einer militärischen Verteidigung in die atomare Abschreckung und der damit verbunden Androhung eines Massenmordes, desavouiert für mich jede Rechtfertigung für einen Krieg. Dass dies nicht nur eine persönliche Meinung und Beurteilung durch mich ist, bestätigt der Internationale Gerichtshof in Den Haag 1996, der in einem Rechtsgutachten urteilte „dass die Androhung oder der Einsatz von Atomwaffen im Allgemeinen gegen die Regelungen des Völkerrechts verstoßen würde, die für bewaffnete Konflikte gelten, und insbesondere gegen die Prinzipien und Regelungen des humanitären Völkerrechts“.

Das Gedenken an die Atombombenabwürfe 1945 auf Japan muss uns Mahnung bleiben, was böse ist und böse macht, für alle Zeit zu bannen.

Der Atombombenabwurf auf die japanische Stadt Hiroshima hat Hiroshima vollkommen zerstört. Durch die Hitze sind sofort zehntausende Menschen gestorben, die Druckwelle und die Strahlen töteten und verletzten anschließend viele weitere unschuldige Opfer. Drei Tage später, am 9. August 1945, wurde über der Stadt Nagasaki eine weitere Atombombe abgeworfen. Bis Ende 1945 fanden so insgesamt mehr als 200.000 Menschen den Tod. Ein Atombombenabwurf verursacht Leid unvorstellbaren Ausmaßes. Eine angemessene medizinische Hilfe ist unmöglich. Neun Länder besitzen heute zusammen über 10.000 Atomwaffen. 2100 davon werden von den USA und Russland und neuerdings wohl auch von China in höchster Alarmbereitschaft gehalten, d.h. dass sie innerhalb von Minuten einsatzbereit sind. Die Atommächte geben zusammen 91 Milliarden Dollar für ihre nuklearen Waffenarsenale aus.  (SIPRI 2024). Die meisten dieser Waffen haben ein viel größeres Zerstörungspotential als die Bomben, die 1945 auf Japan abgeworfen wurden. Ein einziger Atomsprengkopf kann, wenn er über einer großen Stadt detoniert, Millionen Menschen töten.

Die von meiner Kirche beim II. Vatikanischen Konzil getroffene grundsätzliche Beurteilung dieser Situation ist also aktueller denn je: „Jede Kriegshandlung, die auf die Vernichtung ganzer Städte oder weiter Gebiete und ihrer Bevölkerung unterschiedslos abstellt, ist ein Verbrechen gegen Gott und gegen den Menschen, das fest und entschieden zu verwerfen ist.   Die besondere Gefahr des modernen Krieges besteht darin, dass er sozusagen denen, die im Besitz neuerer wissenschaftlicher Waffen sind, die Gelegenheit schafft, solche Verbrechen zu begehen, und in einer Art unerbittlicher Verstrickung den Willen des Menschen zu den fürchterlichsten Entschlüssen treiben kann. Damit in Zukunft so etwas nie geschieht, beschwören die versammelten Bischöfe des ganzen Erdkreises alle, insbesondere die Regierenden und die militärischen Befehlshaber, sich jederzeit der großen Verantwortung bewusst zu sein, die sie vor Gott und der ganzen Menschheit tragen.“ II. Vatikanisches Konzil: Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ 80 (1965)  

Ein Licht der Hoffnung hat der größte Teil der Mitglieder der UNO entzündet, als es festgelegt hat, „dass Atomwaffen nicht nur als unmoralisch, sondern auch als illegitimes Mittel der Kriegführung zu betrachten sind. Auf diese Weise wurde eine wichtige juristische Lücke geschlossen, da Chemiewaffen, biologische Waffen, Antipersonenminen und Streubomben ausdrücklich durch internationale Konventionen geächtet worden sind. Noch bedeutsamer ist die Tatsache, dass diese Resultate in erster Linie einer »humanitären Initiative« zu verdanken sind, gefördert von einer wertvollen Allianz zwischen Zivilgesellschaft, Staat, internationalen Organisationen, Kirchen, Akademien und Expertengruppen.“ (Papst Franziskus 2017) Diesen Atomwaffenverbotsvertrag, der inzwischen gültiges Völkerrecht ist, gilt es weiter zu befördern und die Atomwaffenstaaten mit ihren Verbündeten zum Beitritt aufzurufen und zu drängen. (UN-Vollversammlung am 7. Dezember 2020: 130 Staaten dafür, 42 Staaten stimmten dagegen und 14 enthielten sich. Bis heute (Stand: 10. Oktober 2023) haben 93 Staaten den Verbotsvertrag unterzeichnet, 69 Staaten haben ratifiziert bzw. sind beigetreten. Der Verbotsvertrag ist am 22. Januar 2021 in Kraft getreten.)

Deswegen stehen wir hier!

Gelegenheit gibt es dazu auch am Freitag, dem Nagasaki Gedenktag, in Büchel, dem Standort der Atomwaffen in Deutschland, die in nuklearer Teilhabe von deutschen Piloten zu ihren Zielen getragen werden sollen und dort für Tod und Vernichtung sorgen.

Das Gedenken an Hiroshima und Nagasaki sollte uns Anlass und Gelegenheit sein unseren Kampf für eine atomwaffenfreie Welt lautstark nach außen zu tragen.

Wir fordern den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen und das Abschaffen aller Atomwaffen. Fangen wir bei uns an!

 

Horst-Peter - Hope- Rauguth ist Mitglied des Bundesvorstande von Pax Christi.