Redebeitrag für die Hiroshima Gedenkveranstaltung am 6. August 2019 in Bremen

 

- Sperrfrist: 6.8.2019, Redebeginn: 12 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Ich freue mich, heute mal wieder hier in Bremen sein zu können. Mein Name ist Katja Tempel, ich bin freiberufliche Hebamme im Wendland und aktiv gegen Militär und Atomwaffen. Ich gehöre zur Prozesskampagne Wider§pruch- aber dazu wird Clara Tempel später etwas sagen.

Vor 35 Jahren habe ich hier studiert. Hier habe ich vielleicht mit einigen von euch Bomben zugblockaden gegen den Nachschub von Militärausrüstung im Irakkrieg durchgeführt. Und hier, bzw. in Oslebshausen habe ich 40 Tage im Gefängnis gesessen. Schon damals ging es um Atomwaffen, genauer die Pershing II Raketen, die u.a. in Mutlangen auf der Schwäbischen Alb stationiert waren.

Für Blockaden des Pershing Depots sind in den 80ern mehr als 300 Menschen ins Gefängnis gegangen. Mehr als 2900 Gerichtsprozesse wurden geführt, weil alle Sitzblockierer*innen wegen Nötigung angeklagt wurden. Und dann wurden alle atomaren Mittelstreckenraketen aus Deutschland abgezogen und das Bundesverfassungsgericht sprach uns von der Nötigung frei. Wir alle bekamen Haftentschädigung und wurden rehabilitiert.

Was hat das alles mit der jetzigen Situation zu tun?

Auch jetzt noch gibt es Atomwaffen, die in der Eifel stationiert sind. Dort lagern 20 US- Atombomben, die im Ernstfall von deutschen Pilot*innen mit deutschen Tornados in ihr Zielgebiet geflogen und zum Einsatz gebracht werden sollen. Alles unter dem Kommando des US-Präsidenten.

Büchel, dieses kleine Dörfchen in der Nähe des Fliegerhorstes ist seit Jahrzehnten Protest- und Widerstandsort gegen diese Massenvernichtungswaffen.

2016 haben wir uns aufgemacht. Wir sind mit Beginn der Dämmerung in Richtung Militärzaun. Ihr könnt euch das so vorstellen, dass zu dem Zeitpunkt ein Teil des Zaunes am südlichen und nördlichen Ende der Startbahn, nur mit einem leichten Bauzaun verschlossen war. Wir haben 2 kleine Drähte aufgedreht, mit denen 2 Zaunelemente verbunden waren, haben die 2 Zaunelemente auseinander geschoben und sind mit Luftballons, bunter Kleidung und Transparenten auf die Startbahn, auf der normalerweise deutsche Tornados den Einsatz von Atombomben trainieren. Vorbei an den unterirdischen Bunkern der Atombomben gingen wir mit der aufgehenden Sonne mehr als 3km Richtung Tower. Um uns herum an der Seite der Flugbahn fuhren regelmässig Militärfahrzeuge, aber keiner entdeckte uns. Nach 45 Minuten informierten wir Bundeswehr und Polizei über unser Betreten des militärischen Sicherheitsbereiches.

Wir wurden in Bundeswehrgewahrsam genommen und nach ein paar Stunden wieder freigelassen. Nach einigen Monaten kam die Anklageschrift des AG Cochem: Wir wurden wegen Hausfriedensbruchs angeklagt.

(Einschub: Beitrag von Clara Tempel)

In Büchel waren dieses Jahr während der 20-wöchigen Aktionspräsenz schon viele Menschen unterwegs, die Grenzen überwunden haben. Manche, die realen Grenzen der Zäune rund um den Fliegerhorst. Sie durchtrennten an mehreren Stellen zu verschiedenen Zeiten die Bauzäune, den Maschendraht und den Natodraht, manche erweiterten ihre persönlichen Grenzen, indem sie zum ersten Mal die Zufahrten eines Militärgeländes blockierten. Andere waren überhaupt noch nie in Büchel gewesen und beteiligten sich an einem Gottesdienst, der von Margot Käßmann gestaltet wurde. Auch Bremer Friedensfreund*innen beteiligten sich an Aktionen.

Was wir uns für die Zukunft wünschen ist, dass immer mehr Menschen aktiv werden. Nehmt das Erinnern an diesem Tag zum Anlass und beschäftigt euch mit der Frage: Was kann ich tun, damit die Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden und es weltweit zu einer Ächtung kommt.

Es gibt vielfältige Möglichkeiten. Wir brauchen den Protest, die Mahnwachen, Unterschriftensammlungen, die Mayors for Peace. Aber wir brauchen auch den direkten gewaltfreien Widerstand. Sprecht uns an, dann laden wir euch zu Blockaden oder zu einem Go In nach Büchel ein. Seid mutig! Seid mit uns Sand im Getriebe.

Vielen Dank!

 

Katja Tempel ist aktiv bei der Prozesskampagne Wider§pruch.