Karte der politischen Gliederung Afghanistans.
Karte der politischen Gliederung Afghanistans.
Quelle : https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Afghanistan,_administrative_divisions_-_de_-_colored.svg

Hier geht es zu den Akronymen.

Afghanistan ist ein Binnenstaat an der Schnittstelle von Südasien, Zentralasien und Vorderasien, der an Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, die Volksrepublik China und Pakistan grenzt. Drei Viertel des Landes bestehen aus schwer zugänglichen Gebirgsregionen. 80 % der ungefähr 39 Millionen Menschen umfassenden Bevölkerung Afghanistans leben auf dem Land, 20 % in den Städten. (Es gibt keine aktuelle Volkszählung, weshalb es sich bei der Bevölkerungszahl und ihrer ethnischen Zusammensetzung lediglich um Schätzungen handelt.)

Über die Geschichte Afghanistans gibt es eine Vielzahl von Büchern und mehr Artikel, als hier aufgenommen werden konnten. Hier geht es zu einigen ausgewählte Quellen; allgemeine Beiträge und / oder Überblicke zur Geschichte Afghanistans

Besonders empfohlen hier werden soll das Buch von Emran Feroz, Der längste Krieg (2021) und als kurzer Überblick Conrad Schetters „Kleine Geschichte Afghanistans“ (2017).

Auch einige Aufsätze fassen die wichtigsten Punkte der Geschichte zusammen, hier sei auf einen Beitrag in der Zeitschrift von medico vom Herbst 2021 verwiesen werden und auf einen Hintergrundtext bei der Bundeszentrale für politische Bildung.

Hier sollen nur die wichtigsten Daten zur Geschichte benannt werden. Besonders die Geschichte im 18. bis 20. Jahrhundert war sehr komplex, mit einer Vielzahl konkurrierender Akteure, und kann hier nicht im Einzelnen dargestellt werden.

Der Raum, der heute Afghanistan genannt wird, wurde erst zu einem Staat im 18. Jahrhundert. Es gibt verschiedene Daten, die als Gründungsdaten genannt werden, davor gehörten die in dem Raum lebenden Völker (bis heute despektierlich „Stämme“ genannt) verschiedenen und wechselnden Reichen an oder verwalteten sich selbst. Die wichtigsten dieser Völker sind die Paschtunen, die zwischen 35 und 70 Prozent der Bevölkerung ausmachen und teilweise auch im heutigen Pakistan leben. Sie werden gefolgt von den Tadschiken; ein Begriff, der lt. Schetter diejenigen bezeichnet, die keine Paschtunen sind, also eine Restkategorie darstellen, die keine der anderen Völker angehören. De Hazara sind die wichtigste schiitische Gruppe in dem ansonsten sunnitischen Land und vielfach Verfolgung ausgesetzt. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Gruppen; eine Volkszählung, die ein genaueres Bild schaffen würde, hat es nie gegeben.

Im 18. Jahrhundert gründete eine Untergruppe der Paschtunen, die Durrani oder Abdali, ein Reich, das – mit wechselnden Herrschern – bis ins 19. Jahrhundert entstand.

Im 19. Jahrhundert wurde Afghanistan zum Spielball zwischen den konkurrierenden Mächten – der Kolonialmacht England im Osten, das den indischen Subkontinent kontrollierte, China im Nordosten, das expandierende Russland im Norden und dem Iran im Westen. Der erste anglo-afghanische Krieg im „Great Game“ (1839–1842) endete mit einer dramatischen Niederlage der Briten, die der deutsche Dichter Theodor Fontane in seiner Ballade „Das Trauerspiel von Afghanistan“ besang.

Der zweite anglo-afghanische Krieg (1878–1880) endete für die Kolonialmacht nach einigen Niederlagen und Massakern nicht mit einer völligen Niederlage. Er brachte Emir Abdur Rahman (1880-1991) an die Macht in Kabul, während sein Konkurrent Herat kontrollierte und England Kandahar. Schließlich wurden die bis heute geltenden Grenzen Afghanistans festgelegt, mit dem Durand-Vertrag, der am 12. November 1893 geschlossen wurde und den Verlauf der östlichen und südlichen Grenze Afghanistans bestimmte. Die sog. Durand-Linie war eine klassische koloniale Grenzziehung, die zwischen England und Russland vereinbart wurde und die Territorien zahlreicher Völker Afghanistans durchschnitt (s. Schetter 2017, S.70f). Afghanistan erkennt die Grenze nicht an.

Habibullah Khan, der Sohn von Abdur Rahman, kam 1901 auf den Thron. Im ersten Weltkrieg blieb Afghanistan neutral, obwohl (oder weil) Deutschland recht viel Einfluss im Land hatte und England seine Außenpolitik kontrollierte. Habibullah wurde 1919 ermordet. Sein Sohn, Amanullah (1919-1929) begann den dritten anglo-afghanischen Krieg (Mai-August 2019), der damit endete, dass England die Kontrolle über die afghanischen Außenbeziehungen aufgab. Zum Gedenken an dieses Ereignis feiert Afghanistan den 19. August als ihren Unabhängigkeitstag.

Habibullah wurde 1929 ermordet und ihm folgte Nadir Khan. Er wurde 1933 ebenfalls ermordet. Sein Sohn, Mohammad Zahir Schah, folgte ihm auf den Thron und schaffte es, dort von 1933 bis zu seiner Absetzung während einer Italienreise 1973 zu bleiben. 1964 führte er einige demokratische Reformen mit einem zweihäusigen Parlament ein. Diese Reformen waren nicht von Dauer, führten aber zur Bildung politischer Parteien, einschließlich einer kommunistischen, und einer eher nach Europa orientierten Oberschicht in den Städten. 1973 putschte sich der ehemalige Premierminister Mohammad Sardar Daoud Khan an die Macht. Er schaffte die Monarchie ab, setzte die Verfassung von 1964 außer Kraft und erklärte Afghanistan zur Republik, deren erster Präsident und Premierminister er selbst wurde; 1977 wurde eine neue Verfassung erlassen. Die Zeit zwischen 1963 und 1978 wird von manchen Autor*innen als das „Goldene Zeitalter“ Afghanistans bezeichnet.

1978 kam es zum nächsten Staatsstreich. Eine in den 1970er Jahren entstandene kommunistische Partei, die DVPA (Demokratische Volkspartei Afghanistans), putschte sich an die Macht. Von Moskau unterstützt, führte sie auf der einen Seite einige Reformen durch, auf der anderen Seite wurden Tausende verhaftet und viele ermordet. Es herrschte bald Bürgerkrieg, in dem sich die Gegner des Regimes unter einer islamischen Identität zusammenfanden. Die DVPA selbst war in zwei Flügel gespalten. Am 27. Dezember 1979 griff die Rote Armee ein und besetzte Afghanistan, um die kommunistische Regierung zu stützen.

Hier geht es zu einigen Artikeln über diese Zeit der sowjetischen Besatzung.

Anfänglich glaubte Moskau, sich schnell wieder zurückziehen zu können, was sich als Fehlrechnung erwies. Bis zu 120.000 Soldaten waren bis 1989 in dem Land stationiert, insgesamt über eine halbe Million. Mindestens 15.000 von ihnen verloren ihr Leben. Die Opfer auf afghanischer Seite können nur geschätzt werden – die Zahlen reichen von 562,000 bis zu 2 Millionen. (Wikipedia n.d.) Es wird geschätzt dass von den ungefähr 15 Millionen Afghan*innen jede*r zweite auf der Flucht war (Schetter 2017, S. 105).

Dies geschah zu einer Zeit, als die Spannungen zwischen dem Warschauer Vertrag und den NATO-Staaten sowieso wegen der Mittelstreckenraketen stiegen. Die US-Regierungen unter Carter und dann Reagan begannen, von den drei Millionen afghanischen Geflüchteten in Pakistan Kämpfer gegen die Besatzung rekrutieren, die Mudschaheddin. Diese Ausbildungen starteten, wie später zugegeben wurde, schon sechs Monate vor dem Einmarsch der Roten Armee.

Dafür wurden bis zu 40 Milliarden USD ausgegeben. Afghanistan wurde zu einem der Schauplätze des Stellvertreterkriegs im Kalten Krieg.

Der Großteil der Unterstützung wurde über den pakistanischen Geheimdienst ISI abgewickelt. Zu den Mudschaheddin gehörte auch die Gruppe, die später als Al Kaida zum Hauptfeind der USA im „Krieg gegen den Terror“ wurde.

Der Sowjetunion-freundliche Mohammad Najibullah regierte noch bis 1992, als die Mudschahedin Kabul einnahmen. Es folgte eine Phase eines blutigen Bürgerkriegs, aus dem schließlich die Taliban erfolgreich hervorgingen. 1996 eroberten sie Kabul, nachdem sie im Jahr zuvor schon Kandahar und Dschalalabad eingenommen hatten und riefen die Islamische Republik aus. Sie kontrollierten fast das gesamte Land; nur im Nordosten kämpfte die sog. Nordallianz weiter.

Hier geht es zu einigen Quellen über die Zeit des Bürgerkriegs und ersten Herrschaft der  Taliban.

 

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