Rede bei der Demo am 9.10.2021 gegen Steadfast Noon in Nörvenich

 

- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Es besteht ein wachsender Konsens darüber, dass wir Klimaprobleme angehen müssen, wenn wir den Planeten retten wollen. Wir wissen, wie wichtig es ist, diese Herausforderung anzunehmen. Aber es gibt auch diese andere planetare Bedrohung, leider weniger mediatisiert, die mit genügend politischem Willen und gesundem Menschenverstand recht einfach ausgerottet werden könnte: Atomwaffen.

Wie das Klima muss auch die Abschaffung von Atomwaffen eine weltweite politische Priorität haben. Mehr als 13.000 Atomwaffen sind weltweit aufgestellt. Im Kontext des zunehmenden wirtschaftlichen und geostrategischen Wettbewerbs zwischen den Großmächten spielen Nuklearwaffen wieder eine gefährlich wichtigere Rolle.

Die Atommächte haben im Jahr 2020 insgesamt 72,6 Milliarden US-Dollar in ihre Atomwaffenarsenale investiert und damit gegen ihre Verpflichtungen zur nuklearen Abrüstung aus dem Nichtverbreitungsvertrag verstoßen. Großbritannien kündigte beispielsweise im März 2021 an, sein Arsenal auf 260 Atomsprengköpfe zu erweitern, und Frankreich testete im April 2021 neue Atomraketen.

In Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und der Türkei werden die aktuellen US-Atombomben durch moderne B61-12-Atombomben ersetzt. Sie gelten aufgrund ihrer Präzision und geringeren Sprengkraft als „einsetzbar“. Damit öffnen sie die Tür zu einem Atomkrieg und untergraben die Doktrin der "gegenseitigen Abschreckung" der NATO. In keinem dieser Länder haben die Parlamente das Vorhandensein von Atombomben genehmigt. Offiziell dürfen wir nicht wissen, dass sie da sind. Sie gefährden jedoch die Bevölkerung, weil die Nato “nuclear sharing’-Länder das erste Ziel eines nuklearen Angriffs sein können.

Darüber hinaus sind unsere Länder an der Organisation eines Atomkriegs mitschuldig. Schließlich sind es belgische, deutsche, italienische und niederländische Kampfflugzeuge, die im Rahmen der nuklearen Teilhabe der NATO diese Atombomben im Krieg einsetzen müssen. Jedes Jahr im Herbst üben diese NATO-Mitgliedsstaaten in "Steadfast Noon"-Manöver diesen Atomwaffeneinsatz . Darüber wissen wir wenig, weil Zweck und Inhalt dieser Übung geheim gehalten wird.

Deshalb sind wir hier. Wir müssen die Nuklearpolitik der NATO verurteilen und veröffentlichen, und der Bevölkerung deutlich machen, dass es um Vorbereitungen geht für einen möglichen Atomkrieg, und dass diese Übungen kriminell und illegal sind.

Diese absurde Situation, die uns alle gefährdet, muss beendet werden:

  • 1. Wir fordern volle Transparenz über die Anwesenheit von Atomwaffen in Europa. In einer Demokratie müssen unsere Parlamente und Bürger umfassend über die Nuklearwaffenpolitik der NATO informiert sein, damit sie darüber diskutieren und entscheiden können.
  • 2. Die Einbeziehung von Nuklearwaffen in eine Militärstrategie kommt der Vorbereitung auf einen nuklearen Völkermord gleich. Es gibt keine Gewinner in einem Atomkrieg. Atomwaffen sind Massenvernichtungswaffen. Wir wollen keine neuen B61-12-Bomben in unserem Land. Wir wollen nicht, dass unsere Kampfjets an einem Atomkrieg teilnehmen. Atomwaffen müssen zurückgeschickt und vernichtet werden.
  • 3. Wir drängen auf sofortige Verhandlungen, um eine nachprüfbare Vereinbarung zu erzielen, die Europa zu einer atomwaffenfreien Zone macht, vom Vereinigten Königreich bis zum europäischen Teil Russlands. Dies ist nicht nur machbar, sondern auch notwendig, wie es bereits für ganz Lateinamerika, Afrika und Ozeanien der Fall ist.
  • 4. Unsere Länder müssen dem Anfang dieses Jahres in Kraft getretenen Atomwaffenverbotsvertrag beitreten und sich nicht durch den USA und der NATO einschüchteren lassen.

Lass uns in Europa unsere Kräfte bündeln. Wir brauchen eine starke europäische Friedensbewegung, die andere gesellschaftliche Organisationen davon überzeugen kann, dass nukleare Abrüstung notwendig und machbar ist.

 

Ludo De Brabander ist aktiv in der belgischen Friedensbewegung (VREDE.be).