Ostermärsche und -aktionen 2007


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Ostermärsche und -aktionen 2007

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede beim Ostermarsch 2007 in Oldenburg am 7. April

Liebne Freundinnen und Freunde,

Jochen Dudeck (in Oldenburg)

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Wir müssen erreichen dass:
Rüstungsexporte verboten werden
Rüstungsfirmen geschlossen werden
Waren fair bezahlt werden
der Reichtum gerecht verteilt wird
Militärpakte und Armeen aufgelöst werden

Tja - werden manche sagen : wie naiv
Doch das ist es nicht.

Ist es nicht viel eher naiv, zu meinen, dass 6 Tornados etwas zum Aufbau des bitterarmen Afghanistan beitragen?

Vor 1 1/2 Wochen haben wir mit einer Mahnwache vor der britischen Botschaft gegen den Parlamentsbeschluss demonstriert, das britische Atomwaffensystem für über 100 Milliarden Gesamtkosten zu erneuern.

Ist es nicht naiv zu meinen, dass 200 Atomsprengköpfe, jeder mit der achtfachen Gewalt der Hiroshimabombe irgendetwas zu größerer Sicherheit auf dieser Welt beitragen?

Die Bundeswehr wird für den weltweiten Einsatz umstrukturiert. Ist es nicht naiv zu glauben, dass die geplante Eingreiftruppe von 35.000 Soldaten die Energie- und Rohstoffzufuhr Deutschlands in Zukunft sicherstellen kann?

Ist es nicht überhaupt naiv zu meinen, dass unsere heile 6x24 Stunden Shoppingwelt mit ihrem gigantischen Ressourcenverbrauch ewig so weitergehen kann? Dass chinesische Arbeiterinnen und Arbeiter bereit sind, noch Jahrzehnte für Billiglöhne und Wohnheimplätze unter Sklavereibedingungen 7x12 Stunden zu schuften, nur damit wir uns jede Woche mit einem neuen Billigfummel und Billigelektronik behängen können?

Lasst uns lieber realistisch sein...

Ein Botschafter erzählte uns letzthin, dass er fast alle Länder gesehen hätte, aber noch kein so armes Land wie Afghanistan, außer vielleicht Haiti. Ist es nicht einfach realistischer, das Geld für Tornado- und andere Militäreinsätze endlich in den zivilen Aufbaus Afghanistans zu stecken? Ist das nicht der realistischere Weg zum Frieden? (Beck?)

Ist nicht atomare Abrüstung angesagt? Steht nicht gerade ein atomwaffenfreier Naher Osten zuerst auf der politischen Tagesordnung?

1 Billion, 1.000 Milliarden Dollar werden gegenwärtig für Militär und Kriege ausgegeben. Kein Cent davon trägt zur Lösung unserer dringenden Weltprobleme bei: Armut, Pandemien wie AIDS, Arbeitslosigkeit, globale Erwärmung und Energiemangel. Alles Probleme für die wir angeblich nicht genügend Geld haben...

Wären nicht Sparen von Energie und Rohstoffen wahre Friedenspolitik. Viel effektiver und billiger als jedes Militär?

Oder ist es nicht viel realistischer und menschlicher, den Armen der Welt durch faire Handelsbedingungen endlich auf die Beine zu helfen? Den ärmsten Ländern endlich ihre Schulden zu erlassen?

Oder roden wir jetzt auch noch ihre letzten Wälder, um dort für unsere schicken Hybridautos Biokraftstoffe anzubauen? Wie gegenwärtig in Uganda geplant.

Es mag euch überraschen, aber ich glaube, dass viele Menschen in unserem Land realistischer geworden sind. Ich bin nicht der Meinung, dass wir mit solchen Gedanken einflusslos sind. Ich glaube sogar, dass sich dieser Realismus langsam durchzusetzen beginnt. Wir sollten uns davor hüten, uns selbst nur als ohnmächtig zu sehen. Und wir sollten uns davor hüten, nur schwarz/weiß zu sehen...

Ein Beispiel. Man kann das neue Weissbuch der Bundeswehr so oder so lesen, als Blaupause für den zukünftigen Weltbürgerkrieg oder als Dokument der Unsicherheit, des Zweifels. Da steht nachdem die Chancen und Risiken der Globalisierung aufgezählt wurden etwa der Satz: Allerdings kann diesen neuartigen Risiken weder allein noch vorrangig mit militärischen Mitteln begegnet werden. Wir denken zwar, überhaupt nicht mit militärischen Mitteln...aber "weder allein noch vorrangig" ist ja auch schon mal etwas.

Man kann auch den Tornadoeinsatz unter zwei Blickwinkeln sehen. Er ist ein grundgesetzwidriger Kriegseinsatz, der ohne wenn und aber abzulehnen ist.

Doch man sollte nicht übersehen wie es dazu kam. Die Bundesregierung stand unter massivem Druck der NATO, sich an den Kämpfen im Süden zu beteiligen. Sie glaubte den Bündnispartnern etwas anbieten zu müssen, denn die Bundesregierung weiß auf der anderen Seite genau, ein Kampfeinsatz mit toten und tötenden, verwundeten und traumatisierten Soldaten ist in der Bevölkerung nicht durchzusetzen

Und das ist gut so.

Anfang des Jahres gab es eine üble Medienkampagne mit dem Tenor, die deutschen Soldaten sollten doch jetzt endlich töten und sterben lernen. Gerade der SPIEGEL hat sich hier besonders hervorgetan.

Daraufhin gab es von der Spitze der Bundeswehr eine interessante Stellungnahme: "Ich kann nicht mit Gewalt in irgendein Gefecht hineindrängen, nur damit Soldaten lernen, andere zu erschießen oder selber zu sterben. Das ist für mich eine hanebücherne Gedankenwelt." Wie wahr Herr Generalinspekteur. Aber gilt das nicht für die militärische Logik insgesamt? Dass sie hanebüchern und pervers ist. Aber immerhin.

Ich habe den Eindruck, dass auch bei denen da oben die Einsicht zunimmt, dass in einer Welt, die immer mehr zusammenwächst, militärische Mittel nichts zu suchen haben. Zugegeben, das ist noch ein langer Weg, aber es gibt unbestreitbar Erfolge.

So sind die Ausgaben für Zivile Konfliktbearbeitung deutlich gestiegen, und heute hat jedes Ministerium dafür einen Koordinator. Vor 10 Jahren war das noch utopisch. In diesem Jahr werden Friedensgruppen noch eine Kampagne beginnen, um noch wesentlich mehr Mittel für zivile Friedenseinsätze zu bekommen. Die Chancen stehen nicht schlecht. Ein erster Schritt nur, aber ein Schritt in die richtige Richtung.

Was wir jetzt brauchen sind öffentliche Debatten und Visionen. Hier ist auch die Friedensbewegung gefordert.

Wir brauchen eine Debatte über Abrüstung...aber auch Konversion...

Wir brauchen eine Debatte über den Reichtum in unserer Gesellschaft, in der die Reichen immer reicher, die Armen ärmer werden. In der diejenigen, die in Champagner baden den HartzIV-Empfänger Wasser predigen.

Es gibt ein Menschenrecht auf Nahrung, es gibt ein Menschenrecht auf Bildung und Wohnung, auf sauberes Wasser und Gesundheit.

Aber es gibt kein Menschenrecht auf einen Mercedes!

Wenn wir die wachsende Kluft in unserer Gesellschaft nicht verhindern, werden wir auch die weltweite Kluft zwischen arm und reich nicht überwinden können. Noch verbrauchen wir als Gesellschaft fünf mal so viel, wie es weltweit gerecht wäre, deutlich mehr als unser Ökosystem aushalten kann.

Wir müssen es schaffen, gemeinsam zurückzustecken,

es muss uns gelingen, Visionen für eine besseres Lebens jenseits des Konsums zu entwickeln und auch zu leben.

Schaffen wir es nicht, dann droht uns eine globale Apartheid, eine Welt der Zäune und Satellitenüberwachung, eine Festungswelt wie sie in vielen Staaten schon existiert...

Eine Welt voll Gewalt, in der die Armen wie immer in der Geschichte Kriege für die Reichen führen.

Ohne Gerechtigkeit kein Frieden, weder hier noch weltweit.

Aber es gilt auch, ohne Frieden keine Gerechtigkeit.

Noch ein Wort über "Frieden". Es ist kein sanfter Frieden der allgemeinen Harmonie gemeint, kein Frieden des "wir haben uns alle lieb", kein billiger Frieden des Ruhe-gebens. Es ist ein Frieden, der auch den Zorn kennt, die Empörung, den gewaltfreien Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Willkür.

Die frühen Quäker, damals schon Pazifisten, hatten hierfür den schönen Ausdruck THE WAR OF THE LAMB, der Krieg des Lammes.

Dieser Frieden ist ein konfliktreicher Prozess, eine ständige Auseinandersetzung.

Es ist ein Frieden, der viele Gegner kennt aber keine Feinde.

Wir sind heute nicht viele, das ist wahr. Aber gerade deshalb möchte ich uns zum Abschluss noch ein Zitat von Nelson Mandela mitgeben.

Unsere innigste Furcht ist nicht die, dass wir nicht genügen. Unsere innigste Furcht ist die, dass wir über alle Maßen mächtig sind. Am meisten erschreckt uns unser Licht, nicht unsere Dunkelheit. Wir fragen uns: Wer bin ich denn schon, dass ich strahlend, prachtvoll, begabt und fabelhaft sein soll?

Es dient der Welt nicht, wenn du dich erniedrigst. Es ist nichts Erleuchtetes daran, sich kleiner zu machen, so dass sich die Menschen um einen herum verunsichert fühlen. Wir sind dafür geboren worden, die Pracht Gottes zu offenbaren, die in uns steckt, und sie steckt nicht nur in einigen wenigen von uns, sondern in jedem Einzelnen.

Und indem wir unser eigenes Licht verstrahlen, erlauben wir unwillkürlich allen anderen, es uns gleich zu tun. In dem Maße, in dem wir von unserer Furcht befreit sind, befreit allein schon unsere Gegenwart ganz von selbst auch andere.

Danke.



E-Mail: plainjochen (at) yahoo (Punkt) de
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