Ostermärsche und -aktionen 2012

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03.04.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch Ruhr 2012 in Bochum am 9. April

Entweder schaffen wir die Rüstung oder die Rüstung schafft uns ab!

Wolfgang Dominik (in Bochum-Werne)



- Sperrfrist: 9. April, Redebeginn: ca 11 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



Liebe Freundinnen und Freunde,

Mir sind für meine Rede 5-7 Minuten gegeben worden. Das sind 300 bis 420 Sekunden. In jeder Sekunde, die ihr mir zuhört, werden allein von dem Land, dessen Präsident Friedensnobelpreisträger ist, 250.000 Dollar für Rüstung ausgegeben. Wenn ich hier fertig bin, werden ca. 10 Millionen Dollar für die Kriege und Kriegsvorbereitungen der NATO, also für die Vernichtung von Mensch und Natur, ausgegeben worden sein.

Ich möchte eine Rede meines großen Lehrers Helmut Gollwitzer aktualisieren. (Für die Jüngeren unter euch: H.G. ist 1993 gestorben, er war evangelischer Theologieprofessor und einer von denen, die gegen die Remilitarisierung der BRD und gegen die Notstandsgesetze kämpfte, er war ein radikaler Antimilitarist.)

Im Jahre 2020 oder vielleicht auch 2030 oder erst 2040, werden vernunftbegabte Lebewesen aus irgendeinem fernen Sonnensystem auf unserer Erde landen. Und diese Erde wird wüst und öde (hebr.: Tohu wa bohu, so in 1. Mose 1, 2a) sein.

Archäolog_innen der Gelandeten werden aber bald viele Spuren finden, die auf die ehemaligen Bewohner des zerstörten Planeten Erde verweisen. Und sie werden feststellen, dass ein Teil dieser Bewohner Lebewesen waren, die sich Menschen nannten. Die Menschen hätten alle Möglichkeiten gehabt, auf diesem ehemals fruchtbaren Planeten ein gutes Leben zu führen. Die Besucher_innen aus dem Weltall werden fragen, warum die Menschen sich kollektiv ausgerottet haben und alle Lebensmöglichkeiten auch anderer Lebewesen offensichtlich völlig bewusst zerstört haben.

In verschütteten Zeitungsarchiven, Uni- und Stadtbibliotheken, in zahlreichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, vielleicht auf euren Computern, werden die neugierigen Fremden noch unzerstörte Dokumente finden, die beweisen, dass allein im Jahre 2012, als die Erde noch von den sog. Menschen bewohnt war, 1.5 Billionen Dollar, für Vernichtungsinstrumente ausgegeben worden sind. Das ist eine Zahl mit 12 Nullen: 1.5 000.000.000.000. Allein ein Land, das USA hieß, hat zusammen mit einem Kontinent, der Europa hieß, 75% davon zur Vernichtung von Menschenleben ausgegeben, also grob gerechnet 1,1 Billionen Dollar. Die USA waren der absolute Spitzenreiter mit 2,2 Milliarden Dollar täglich für Krieg und Rüstung. Täglich geben die USA, die sich mit Europa zusammen westliche Wertegemeinschaft und Hüter der Demokratie und Freiheit nannten, 2,2 Milliarden Dollar für Kriege aus, stündlich also 90.000.000 Dollar. Jede Minute also 1.500.000 Millionen Dollar oder jede Sekunde 250.000 Dollar. Hing das eigentlich mit der wachsenden Armut in allen Ländern, die sich die "Freie Welt" oder die "westliche Wertegemeinschaft" oder einfach die "internationale Gemeinschaft" nannte, zusammen? Hunger, Unbildung, Hass sogar auf die Nachbarn wuchs mit jedem Euro oder Dollar, der für Kriege ausgeben wurde.

Und jede(r) wusste das!

Experten der Lebewesen aus dem Weltall rechneten aus, dass 2012 ca. 20.000 einsatzbereite Atombomben bei den Atommächten lagerten.

Dazu kamen unübersichtlich große Mengen an biologischen und chemischen und sog. konventionellen Waffen.

Damit konnte jeder der ehemaligen Erdenbewohner 5.000 Mal getötet werden. Aber das war nicht genug, "man" rüstete" kräftig weiter!

Und in einer großen Tageszeitung, damals WAZ genannt, konnte "man" am 3. 4. 2012 lesen, dass die USA "gute Chancen sehen, Atomangriffe zu überleben". Würde es doch bei einem Angriff auf ihre Hauptstadt nur 45.000 Tote und 300.000 Verletzte geben!

Die Forscher-innen aus dem Weltall konnten sich nicht erklären, dass ein Land namens Bundesrepublik Deutschland ohne jemals danach gefragt worden zu sein von einem anderen Land namens USA eine Kommandozentrale für Atombombenerstschläge, genannt Raketenabwehrschirm, mitten ins Land gesetzt bekam. Damit machte die damals sog. Bundesregierung das eigene Land im Kriegsfall zum Angriffsziel Nr. 1.

Die Menschen in dem Land wussten das alles, verfügten sie doch damals mit dem Internet über durchaus moderne Mittel, um alles erfahren zu können. Aber es stand auch alles einfach in den Zeitungen oder wurde im Fernsehen mitgeteilt. Oder in den kostenlosen Weißbüchern der Bundesregierung zur damals sog. Verteidigungspolitik.

Waren diese sog. Menschen alle von einem Selbsttötungswahn besessen?, fragten die Forscher_innen aus dem Weltall.

Ja, war ihre Antwort, denn in sog. freien Wahlen wählten die damaligen Menschen seltsamerweise in allen Ländern die Parteien, die noch mehr Kriege versprachen, die damit auch noch mehr Armut versprachen.

Genau diese Lebewesen damals in den USA und Europa glaubten meist an eine Religion, die sich Christentum nannte und dessen Gründer, ein gewisser Jesus von Nazareth, die Nächstenliebe und den Frieden als höchstes Gut predigte und dass keiner den anderen töten oder mit dem Tode bedrohen sollte. Was hätte dieser Jesus eigentlich zu seinen später lebenden Gläubigen gesagt, wenn er die gerade genannten Fakten gehört hätte? Damals hungerten auf der Erde mindestens 2 Milliarden Menschen, 1 Milliarde hatte

überhaupt keinen Zugang zu einem Lebensmittel genannt "sauberes Wasser". Überall auf der Erde herrschte Armut, aber ganz wenige besaßen fast alle Reichtümer. Und alle anderen Menschen wussten das! Und so genannte christliche Politiker, die z.T. sogar in Parteien organisiert waren, die sich christlich nannten, predigten jeden Tag im Fernsehen: Menschenrechte, Menschenrechte, Menschenrechte und sorgten gleichzeitig dafür, dass jede Sekunde 2 Kinder verhungerten und 10.000 Menschen allein in kurzer Zeit auf Kommando der christlichen Politiker_innen im Mittelmeer verhungerten oder ertrinken mussten, nur weil sie ihre von den Staaten des westlichen Wertesystems verwüsteten Länder verlassen wollten. Oder Politiker im christlich geprägten Abendland schickten Zehntausende von Flüchtlingen, die irgendwie es auch bis nach Deutschland geschafft haben, zurück in die Länder, aus denen sie geflohen waren, also zurück in Hunger, Elend, Folter, Krieg. Warum, so werden die Forscher-innen aus dem Weltall fragen: Warum haben die vernunftbegabten Menschen nicht das viele Geld zur Bekämpfung des Hungers ausgegeben? Und zur Bildung, um damit vielleicht zumindest die Krankheit "Selbsttötungswahn" zu bekämpfen? Allein in dem "Deutschland" genannten Land wurde täglich nur für einen Krieg in einem 5000 km von Deutschland entfernten Land, das Afghanistan hieß, nach täglich ca. 8 Millionen Euro ausgegeben. Hatten die Menschen in diesem Deutschland damals so viel Geld, um 8 Millionen Euro täglich allein für den Krieg in Afghanistan auszugeben? Und wie konnten diese Menschen bloß zulassen, dass andere Lebewesen der gleichen Art, also Menschen, mit diesem Geld in Form von Bomben und Raketen in Afghanistan ermordet wurden statt ihnen das Geld für ein besseres Leben zu schenken?

Allen Menschen wurden alle Kriegskosten und Kriegsfolgen dauernd im Fernsehen, im Internet, in den Zeitungen mitgeteilt, nichts war geheim!. Dass andauernd damals auf der Erde, auch wenn kein Krieg war, durch die sog. freie Marktwirtschaft viele Millionen Menschen zum Hungertod verurteilt wurden, störte offensichtlich auch niemanden "in der westlichen Wertegemeinschaft" ernstlich.

Auf alle diese Fragen fanden die klugen Lebewesen aus dem Weltall nur widersprüchliche oder gar keine Antworten.

Ihr könnt jetzt auf dem Ostermarsch nach Dortmund versuchen, die Antworten euch gegenseitig zu geben und diese Rede ergänzen, der Gollwitzer die Überschrift gegeben hat: Entweder schaffen wir die Rüstung ab oder die Rüstung schafft uns ab.

Ich danke euch!



Wolfgang Dominik ist seit 1967 in der Friedensbewegung und in antifaschistischen Gruppen aktiv. Vita siehe hier.

E-Mail: beleke (Punkt) dominik (at) t-online (Punkt) de
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