Redebeitrag Katharina Müller für den Ostermarsch Büchel am 17. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

die allermeisten Menschen wollen keinen Krieg und sie wollen keine Massenvernichtungswaffen, schon gar nicht in ihrem eigenen Land.

Wir stehen heute hier, stellvertretend für die über 70% in Deutschland, die in einer atomwaffenfreien Welt leben wollen.

Die Friedensbewegung ist seit Jahrzehnten aktiv und hat vieles erreicht - trotzdem stehen wir auch in diesem Jahr wieder vor dem Tor, hinter dem 20 US-Atomsprengköpfen von jungen deutschen Bundeswehrsoldaten bewacht werden.

In Zeiten, in denen du morgens aufwachst, auf dein Handy guckst und es dich nicht überraschen würde, wenn über Nacht irgendwo ein neuer Krieg ausgebrochen ist, ist die Friedensbewegung wichtige und vernünftige Stimme in unberechenbaren Zeiten.

Einige von euch haben bedrohliche Konflikte wie den Kalten Krieg miterlebt und waren vielleicht schon damals auch hier in Büchel. Fast 30 Jahre nach dem Kalten Krieg leben wir wieder in einer Zeit, in der sich die Menschen zunehmend unsicher fühlen und mit Sorge in die Zukunft blicken.
Junge Leute, die im geeinten Deutschland aufgewachsen sind und dieses Gefühl nicht kennen, merken, dass sich die Welt wieder zum Schlechteren verändert hat und sehen in den Nachrichten plötzlich Dinge, die sie nur aus dem Geschichtsunterricht kennen.
Leider sind trotzdem wenige dieser jungen Leute heute hier.
In der kurzen Zeit, in der ich jetzt in der Friedensbewegung aktiv bin, hab ich mich bereits öfters gefragt, ob das was ich tue überhaupt etwas ändert.
Es ist ernüchternd. Bei einem Thema, bei dem ich 100%ig davon überzeugt bin, auf der richtigen Seite zu stehen – gibt es Leute in meinem Alter, die mit mir zusammen zur Schule oder Uni gegangen sind, die Dinge sagen, wie: aber die Atomwaffen schützen uns doch vor Russland, oder? Einige wissen überhaupt nicht, dass Atomwaffen in Deutschland gelagert werden!

Und genau an diesem Punkt, bei diesen Menschen muss die Arbeit der Friedensbewegung ansetzen!

Mich haben z.B. Vorbilder dazu gebracht, mich aktiv für eine atomwaffenfreie Welt zu engagieren. Meine Uni-Professoren und Professorinnen in England z.B., die Entwicklungshelfer und Friedens- und Menschenrechtsaktivisten sind. Weil ich beeindruckt und motiviert von ihrer Arbeit war bin ich London gegen die nukleare Aufrüstung in Großbritannien auf die Straße gegangen. Genau diese Menschen und ihre Geschichten haben mich dazu gebracht selbst ein Teil der Bewegung zu werden.

Alle die heute hier sind können auch Vorbilder für junge Menschen sein – ihr könnt euch genau wie meine Uni-Professoren und Professorinnen kritisch mit Leuten auseinandersetzen. Die Friedensbewegung braucht zum Glück keine stumpfe Ideologie sondern überzeugt mit Fakten. Deshalb reicht es oft schon, mit Leuten ins Gespräch zu kommen und kritisches Denken abseits von Massenberichterstattung anzuregen.

Ihr könnt viele andere Menschen dazu bewegen aufzustehen und selbst etwas gegen Krieg, Korruption, Einfluss großer Konzerne und Banken und politischen Machtmissbrauch zu tun. Wir können im öffentlichen Diskurs auch mit Leuten reden, die anders denken als wir. Auch denen müssen wir die Fakten zur Verfügung stellen! Genau das ist die Aufgabe der Friedensbewegung in Zeiten von AfD und Fake-News!

Deshalb möchte ich mich auch an die jungen Bundeswehrsoldaten und -soldatinnen wenden, die hinter mir Massenvernichtungswaffen beschützen.
Glaubt ihr wirklich, dass ihr die Welt durch eure Arbeit sicherer macht? Warum beschützt ihr die Option des reichsten und einflussreichsten Staates dieser Erde, den Tod von Hunderttausenden oder Millionen von Menschen per Knopfdruck zu beschließen? Warum wollt ihr, dass ihr und eure Kinder in einer Welt leben, in der Massenvernichtungswaffen zur Abschreckung auf Bereitschaft gehalten werden? Glaubt ihr ernsthaft, dass die Abschreckung einer Atomwaffe größer ist als die Gefahr, dass sie doch eingesetzt wird?

Wer angeblich niemals Atomwaffen einsetzen will, der soll sie nicht entwickeln, bauen und modernisieren. In unserer Geschichte standen wir mindestens ein Mal kurz vor einem Atomkrieg und das einzige was uns davor bewahrt hat war Zufall oder Glück.

Die Bundeswehr versucht sich jetzt ein moderneres und cooleres Image anzulegen und schafft es mit ihrer Werbekampagne leider immer noch junge Menschen anzulocken. Alle die hinter diesem Zaun arbeiten und ein Teil der Bundeswehr sind, sollten aber Folgendes nicht vergessen: Ihr haltet euer Gesicht für Krieg, Gewalt und Zerstörung her. Und das könnt ihr ändern!
Wenn in Syrien mithilfe deutscher Tornados Bomben abgeworfen werden, dann steht ihr auch hier in euren Bundeswehruniformen dafür ein.
Besonders an die Soldaten und Soldatinnen in Büchel: Ihr macht nichts sicherer – ihr bewacht die größte Gefahr der Menschheit.

Atomwaffen sind scheiße - egal unter welchem US-Präsidenten. Für viele scheint die Bedrohung natürlich größer, wenn jetzt ein Verrückter, wie Donald Trump, mit dem Atomkoffer durch die Welt spaziert. Die Atomwaffen waren aber genauso gefährlich unter Barack Obama, in dessen Amtszeit die Entwicklung neuer, modernerer Bomben beschlossen wurde.

Donald Trump erlebt seit seinem Amtsantritt eine politische Niederlage nach der anderen. Das muss für einen Narzissten wie Donald Trump noch viel schlimmer sein, als es vielleicht ohnehin schon wäre.

Und genau jetzt, wo er gegen das Völkerrecht verstößt und einen Militärstützpunkt in Syrien bombardieren lässt, schweigen seine Kritiker und Gegner oder klatschen ihm plötzlich sogar Beifall?

Der Einsatz von Giftgas ist ohne Frage ein neuer Tiefpunkt, in dem langen Krieg, den die syrische Bevölkerung jetzt seit Jahren aushalten muss. Aber einen spontanen militärischen Gegenschlag ohne UN-Mandat oder handfeste Beweise auf die Täterschaft des Assad-Regimes für gut zu heißen? Was ist das für ein Signal an Donald Trump? Ein Präsident, der gerne den harten Hund markiert und ständig nach Anerkennung sucht. Ich hoffe, dieses falsche Signal muss keiner von uns in den nächsten vier Jahren bereuen.

Dass er nicht davor zurückschreckt, das ganze Potenzial des US-amerikanischen Militärs auszuschöpfen, hat er vor ein paar Tagen bewiesen, als er die „Mutter aller Bomben“ über Afghanistan abwerfen lies.

Er und seine Aussagen, genau wie die Entwicklungen in Nord-Korea bringen viele Menschen dazu wieder über das Thema ‚Atomwaffen‘ und die ‚nukleare Aufrüstung‘ nachzudenken. Diese neue Empfänglichkeit für das Thema sollten wir, die Friedensbewegung, nutzen um den Leuten dabei zu helfen sich eine kritische Meinung zu bilden.
Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist für ein Verbot und die Ächtung von Atomwaffen! Die meisten Staaten dieser Erde auch. Die Verweigerung der Bundesregierung an den UN-Verhandlungen zum Atomwaffenverbot teilzunehmen, ist das beste Beispiel dafür, dass der breite gesellschaftliche Konsens von der Politik ignoriert wird, wenn es um machtpolitische Interessen geht.

Deswegen lasst uns weiter für unser Ziel kämpfen und mehr Leute für diesen Kampf mobilisieren, damit der Bundestag und die Bundesregierung unsere Forderungen nach einem Deutschland und einer Welt ohne Atomwaffen nicht weiter ignorieren können!

Danke!