Redebeitrag von Elke Pudszuhn für den Ostermarsch Ohrdruf am 31. März 2018

 

- Sperrfrist: Redebeginn 31.03.2018, ca. 11 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

seit es die Ostermarschbewegung hier in Ohrdruf gibt, bin ich jedes Jahr dabei und habe auch meistens hier am Denkmal für die ermordeten Häftlinge der Außenlager des KZ Buchenwald zu den Teilnehmern gesprochen.

Ich meine, erinnern ist notwendig,um die Gegenwart und Zukunft zu gestalten.

Die Friedensbewegung beginnt mit dem Roman „Die Waffen nieder“ von Bertha von Suttner ,die das Signal für die Weltfriedensbewegung gegeben hat.

1892 gründete sie mit anderen Pazifisten diese Bewegung in Deutschland,wobei eine der aktivsten Ortsgruppen am 14. April 1896 in Gotha entstand.

1905 erhielt sie als erste Frau , den von Alfred Nobel gestifteten, Friedenspreis.

Am 21. Juni 1914 stirbt sie in Wien und hatte bereits 1907 verfügt,dass ihre Aschenurne in Gotha zu verbleiben hat.

 

Wir sollten diese mutige Kämpferin nicht vergessen.

 

Es dauerte 60 Jahre seitdem,bis sich in der Bundesrepublik Massenaktionen gegen den Aufrüstungsbeschluss der Adenauer – Regierung formierten und bis heute in unterschiedlichen Formen und Aktionen die Ostermärsche notwendig machen.

Es war Elie Wiesel, der als Kind Buchenwald überlebte und am 19. April 1945 mit auf dem Appellplatz stand und den Schwur vernahm, der als erwachsener Mann und Kämpfer für Frieden und Freiheit sagte:

Es mag Zeiten geben

in denen wir machtlos sind

Ungerechtigkeiten vorzubeugen

aber es darf nie eine zeit geben

wo wir nicht protestieren!

 

Die diesjährigen Ostermärsche in Thüringens Orten Erfurt,Gera, Jena und Ohrdruf stehen unter dem Thema oder Motto:

 

„Abrüsten statt aufrüsten!

Für ein Ende von Krieg und Gewaltherrschaft“

 

ja, dem kann ich nur zustimmen und bestimmt auch die Überlebenden der Todesmärsche von hier zum KZ Buchenwald, die am 19. April 1945 auf dem Appellplatz den Schwur der 21 000 leisteten, der seit einiger Zeit unerträglichen Angriffen ausgesetzt ist und der zugleich verfälscht und falsch interpretiert wird.

Unser Kamerad Günter Pappenheim, der den Schwur damals auf dem Appellplatz geleistet hat und heute Vizepräsident des Internationalen Buchenwaldkomitees (IKBD )und Vorsitzender der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora ist, gibt uns seine Gedanken zum Schwur mit auf den Weg.

 

Er sagt:

„Grundsätzlich ist dazu zu sagen, dass die „Deklaration“ der befreiten Häftlinge des KZ Buchenwald vom 19. April 1945 unter komplizierten Bedingungen des Lagers entstand, die Zustimmung aller am Internationalen Lagerkomitee beteiligten Nationen erhielt und ein von 21.000 Überlebenden beschworenes historisches Dokument wurde, das keiner Deutung bedarf.

Jegliche Diskreditierung dieses Schwurs ist eine 21.000 fache Beleidigung der Überlebenden und zugleich eine Schändung der 56.000 Opfer von Buchenwald.

Die „Deklaration“ ist als Schwur von Buchenwald in die Geschichte eingegangen und sehr viele, die von den deutschen Faschisten in Gefängnissen, Zuchthäusern, KZ`s gemartert wurden, die Zwangsarbeit leisteten, die emigrieren mussten, die der Verfolgung ausgesetzt waren , die in Spanien oder in den alliierten Streitkräften gegen die Nazis gekämpft hatten, machten sich die Grundaussagen dieses Schwurs zu eigen und sie lebten dafür, dass er eines Tages Wirklichkeit werde.

Der Schwur von Buchenwald wurde zum Fanal des Neuanfangs und wirkte auf nachfolgende Generationen.

 

Die von hoher politischen Verantwortung getragene Aussage,dass der Kampf erst einzustellen sei, wenn „auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völkern steht“, dass „die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln unsere Losung (ist)“ und der „Aufbau neuen Welt des Friedens und der Freiheit (…) unser Ziel“ ist so beschworen worden. Das befreite Aufatmen nach 12 bitteren Jahren Faschismus war alternativlos und es gibt bis heute nichts Vernünftigeres als eine Welt ohne Faschismus und Krieg.

Da weder der Faschismus vernichtet, noch der Frieden gesichert ist, besitzt der Schwur höchste Aktualität.

Deshalb haben wir Überlebende im April 2017 in Buchenwald unser Vermächtnis in die Hände nachfolgender Generationen gegeben und wir sind überzeugt ,dass das Richtige getan wird, um die Gedanken des Schwurs Wirklichkeit werden zu lassen. Aus Erfahrung wissen wir, dass der zu gehende Weg steinig ist. Mit der Zuversicht, dass Vernunft sich durchsetzen wird, lohnt es sich, den Weg zu gehen.

Jene, die heute in bequemen Sesseln an hessischen Verfassungsschutzschreibtischen Steuergelder vergeuden und es unternehmen pseudowissenschaftlich zu begründen,dass der Schwur von Buchenwald die „kommunistische Faschismustheorie“ stütze und damit die Prinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung in Frage stellt, sei ins Stammbuch geschrieben:sie sind folgsame Schüler ihrer Lehrer geworden,jener, die uns einsperrten und folterten. Nach unserer Befreiung taten sie eine Zeit lang, als hätten sie von nichts gewusst. Nach dem sie sich unter den Schwingen des Bundesadlers sicher fühlten, bekleideten sie wieder ihre Ämter.

Da könnte man genügend Beispiele anführen.

Heute reiben sich manche die Augen über Anmaßungen der AfD in den Landesparlamenten und im Bundestag. Geflissentlich wird übersehen,dass die Führenden bereits in der CDU dienten. Gaulands Gaunerstück als Staatssekretär und Chef der hessischen Staatskanzlei ist doch nicht vergessen.

 

Wer mehr darüber wissen will, kann ja bei Wikipedia – Gauland nachschlagen

 

Seit 1964 gibt es in der Bundesrepublik eine mit Steuergeldern finanzierte neofaschistische und – gerichtsnotorisch festgestellt – verfassungsfeindliche NPD, die zu verbieten und ihr die Legalität zu nehmen, die politisch nicht gewollt ist.

Inzwischen sind funktionierende Ersatzorganisationen entstanden, wie die Identitären. Sie sind ungehindert die Fußtruppen der AfD geworden.

Eine gefährliche, zum Teil bewaffnete sogenannte Reichsbürgerbewegung wird seit Jahren geduldet.

Hass, Aufrufe zu Gewalt kursieren im Internet. Juden, vermeintliche Ausländer und andere zum Feindbild zu erklären, Muslime als „abstoßendes, hinterhältiges Menschenmaterial“, Migranten als „Ungeziefer“ zu bezeichnen, bleibt nahezu folgenlos.“

 

Da hätte, meiner Meinung nach, der Verfassungsschutz sein Betätigungsfeld, und nicht in der Bespitzelung von Antifaschistinnen, Antifaschisten und FriedenskämpferInnen , wie im Falle von Silvia Gingold, die „verfassungsfeindliche“ Lesungen aus den Erinnerungen ihres Vaters Peter Gingold macht, und ihr damit unterstellt wird,wörtlich:

„… das sie und die VVN - BdA sich positiv auf den Schwur von Buchenwald bezögen. Wer sich aber auf den Schwur von Buchenwald beruft, lehne die „ Freiheitlich - Demokratische Grundordnung“ ab.“

Wir fordern die Bundesregierung und die Landesregierungen und die für die Verfassungsschutzämter Zuständigen auf:

Nehmen Sie den Angriff auf das konstituierende Dokument für Frieden, Freiheit und Demokratie zurück! Hören Sie auf diejenigen zu bespitzeln, die - wie Silvia Gingold – dieses Dokument verteidigen und seine Verwirklichung zu ihrer ureigenen Sache machen.

Dazu zähle ich mich auch, da ich in Gesprächen mit jungen Leuten, bei Führungen in Buchenwald, bei Veranstaltungen usw. den Schwur verlese und darüber spreche, das habe ich von meinem Vater übernommen,der Buchenwald überlebt hat.

 

So sehe ich die Verbindung des Schwurs von Buchenwald und die Ostermarschbewegung heute, denn

 

…. die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.

Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.

Das sind wir unseren Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.

 

Das ist unser gemeinsames Anliegen,unabhängig von politischen Ansichten, für eine Welt des Friedens zu kämpfen.

In den 1950er Jahren bekämpfte die VVN die deutsche Wiederbewaffnung,die mit dem Aufbau der Bundeswehr durch Nazi – Generäle und Kriegsverbrecher einherging.

 

In allen Phasen der Friedensbewegung war sie einer ihrer wichtigsten Akteure.Heute treten wir gegen Waffenexporte , Auslandseinsätze und Einsätze der Bundeswehr im Inneren sowie gegen die Militarisierung der Gesellschaft ein. Wir vertreten den Gedanken einer europäischen Friedensordnung und wenden uns gegen jede Art von Nationalismus.

 

Elke Pudszuhn ist Landesvorsitzende der VVN-BdA.