Redebeitrag von Helmut Lohrer für den Ostermarsch BaWü in Stuttgart am 31. März 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Den meisten von Euch sind die Gefahren, die von Atomwaffen ausgehen, sehr bewusst. Für die anderen, und zur Erinnerung:

Die inzwischen neun Atomwaffenstaaten besitzen zusammen über 14.000 Atombomben und Sprengköpfe. Etwa 2000 davon befinden sich im sogenannten „Hair Trigger Alert“, also in ständiger Alarmbereitschaft und können innerhalb nur weniger Minuten eingesetzt werden.

Nur ein Teil davon reicht aus, um die Welt in Schutt und Asche zu legen.

Die jüngste Atommacht, Nord Korea, provoziert derzeit die Welt. Das macht vielen von und Angst.

Viel schlimmer jedoch: Die USA, abgesehen von ihrem anscheinend wahnsinnigen und unberechenbaren Präsidenten Donald Trump, hat in ihrer neuen Atomwaffenstrategie festgelegt, dass Atomwaffen nicht nur zur Abschreckung stationiert werden, sondern dass ihr tatsächlicher, taktischer Einsatz auf dem Gefechtsfeld eingeplant wird. Dafür werden neue, kleine, sogenannte „taktische Atomwaffen“ gebaut. Was heißt klein? 20kt TNT-Equivalent. Zur Erinnerung: Die Hiroshima-Bombe hatte 12,5kt.

Zudem wird in den USA darüber nachgedacht, auch in Europa weitere Atomwaffen zu stationieren, z.B. in Form von atomar bestückten Cruise Missiles. Auch die 20 Atomwaffen, die noch in Büchel lagern, sollen , anstatt dass sie Abgerüstet werden, modernisiert werden. Befehligt werden sie übrigens von hier aus, vom EUCOM in Stuttgart.

Genauso hat Russland angekündigt, neue Atomwaffen zu stationieren. Es geht beispielsweise um atomgetriebene Marschflugkörper, Hyperschallraketen und atomar bestückte Unterwasserdrohnen.

Wir befinden uns mitten in einem neuen nuklearen Wettrüsten! Und die Atomstaaten zeigen keinerlei Bereitschaft, auf ihre Waffen zu verzichten. Atomwaffen sind der Faustpfand, mit dem sie den Rest der Welt in Schach halten. Nicht zuletzt wird damit eine Weltordnung aufrecht erhalten, in der die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Der Krieg in der Ukraine und der Krieg in Syrien beinhalten die Konfrontation der Atommächte USA, Russland und auch Israel. Und erst ganz langsam kommt die die dadurch wachsende Bedrohung in unser kollektives Bewusstsein.

Aber: Wir, die von vielen totgesagte Friedensbewegung, die Zivilgesellschaft, wir haben diesem Wahnsinn etwas entgegenzustellen.

Nach Jahren der Kampagnenarbeit wurde am 7. Juli vergangenen Jahres von der überwiegenden Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten ein umfassender Atomwaffenverbotsvertrag beschlossen. Seit dem 20. September liegt dieser Vertrag bei den Vereinten Nationen zur Unterschrift aus, 57 Staaten haben bislang unterschriebe. Sobald 50 Unterzeichnerstaaten ihn ratifiziert haben, wird der Vertrag für die Unterzeichnerstaaten zu verbindlichem Völkerrecht. Bisher haben 7 Staaten den Vertrag ratifiziert, zuletzt vergangene Woche Palästina.

Deutschland, der NATO-Stallorder folgend, ignoriert diesen Vertrag bisher.

ICAN, die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, hat für ihre Arbeit, ohne die dieser Vertrag nicht zustande gekommen wäre, am 10. Dezember den Friedensnobelpreis verliehen bekommen. Viele hier auf dem Platz, die in unterschiedlichen Organisationen und Initiativen tätig sind, die Teil von ICAN sind, können stolz sein auf diese Auszeichnung. Der Preis hat der Kampagne natürlich erheblich Aufwind gegeben.

Noch etwas zu ICAN: Diese Kampagne, die wirklich schon viel erreicht hat, wird zu einem wesentlichen Teil von jungen Leuten vorangetrieben. Und das macht mir wirklich Hoffnung!

Was können wir tun?

1.) Wir müssen das scheinbar unmögliche versuchen: Deutschland muss seine Unterschrift unter diesen Vertrag setzten und ihn ratifizieren!
Das wäre wirklich ein Zeichen für die Zukunft.
Sprecht mit Euren Abgeordneten, macht Druck auf die Bundesregierung!

2.) Banken! Die meisten Banken investieren in Atomwaffen.
Sprecht über das Thema mit Euren Bankmanagern, und wechselt gegeben falls Euro Bank.

3.) Kommt nach Büchel! Dort lagern wie gesagt bis heute 20 Atomwaffen der USA. Seit dem 26. März und bis zum 09. August findet dort eine Aktionspräsenz statt. Informiert Euch darüber im Internet und macht mit. Die Atomwaffen müssen aus Deutschland verschwinden!

4.) Am wichtigsten aber: Tut etwas gegen die allgemein verbreitete Resignation. Sprecht mit Euren Nachbarn, Freunden und Kollegen, Schülern oder Lehrern, Studenten und Professoren. Und sagt ihnen: Wir können etwas verändern, wir müssen es nur angehen.

Und: Wir müssen etwas verändern, wenn wir überleben wollen!

 

Dr. Helmut Lohrer ist aktiv bei der IPPNW.