Redebeitrag von Marion Küpker für den Ostermarsch Mainz-Wiesbaden in Wiesbaden am 31. März 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

60 Jahre Ostermarsch und atomare Abrüstung

 

Liebe Friedensfreunde und Friedensfreundinnen,

die Ostermärsche begannen im Jahre 1958 in London - von Anfang an - mit der Forderung: Atomare Abrüstung!

Das berühmte Peace-Zeichen, das für den ersten Ostermarsch in London erfunden wurde, besteht aus zwei Buchstaben des Winker-Alphabets (der Schifffahrt): N und D = Nuclear Disarmament. Das bedeutet ebenfalls: Atomare Abrüstung!

Einen Höhepunkt erreichten die Ostermärsche in den 80er Jahren. Damals waren ungefähr 7.000 Atomwaffen in Deutschland stationiert, verteilt auf etwa 100 Militärbasen. Uns wurde damals klar, dass die weltweit 60.000 Atomwaffen wie ein Damokles-Schwert über der Welt hängen.

Gegen diesen Wahnsinn gingen damals Hunderttausende auf die Straße, blockierten Atomwaffen-Stützpunkte und verhinderten Militär-Manöver. Diese Proteste hatten einen großen Erfolg: den INF-Vertrag vom 8. Dezember 1987. Alle landgestützten atomaren Mittelstreckenraketen in Europa (mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 km) wurden abgerüstet.

Viele Menschen dachten daraufhin - und denken es bis heute - es gäbe seitdem keine Atomwaffen mehr in Deutschland. Das ist falsch! Es gibt bis heute noch den Atomwaffen-Stützpunkt in Büchel in der Eifel keine 2 Autostunden von Wiesbaden. Dort sind auch heute noch ungefähr 20 US-Atombomben stationiert.

Im Kriegsfall werden diese 20 US-Atombomben von deutschen Piloten mit deutschen Militärflugzeugen ins Ziel geflogen. Das nennt sich „Nukleare Teilhabe” in der NATO. Die in Büchel stationierten Soldaten sind täglich vorbereitet auf einen solchen Einsatz, sie üben ihn regelmäßig in Manövern im NATO-Bündnis.

Die Konstruktion der „Nuklearen Teilhabe" widerspricht dem Atomwaffensperrvertrag. Dieser verbietet Deutschland den Besitz von Atomwaffen.

Außerdem widersprechen die in Büchel stationierten Atomwaffen dem Völkerrecht. Der Internationale Gerichtshof untersagt nämlich den Einsatz und auch jede Drohung mit Atomwaffen!

Wenn die in Büchel stationierten 20 Atombomben zum Einsatz kämen, würde dies zu einer humanitären Katastrophe unvorstellbarem Ausmaßes und zu einem etwa zehnjährigen nuklearen Winter auf der Nordhalbkugel führen.

Der Bundestag hat am 26. März 2010 fraktionsübergreifend beschlossen, dass sich die Regierung mit Nachdruck für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einsetzen soll.

Diesen unmissverständlichen Auftrag des Parlaments an die Regierung, haben die bisherigen Bundesregierungen bis heute nicht erfüllt. Stattdessen haben sie der technischen Aufrüstung der in Büchel stationierten US-Atombomben zugestimmt. Ab 2020 sollen neue zielgenauere Atombomben, die B61-12, in den USA produziert und voraussichtlich ab 2024 in Büchel stationiert werden. Die USA rüsten auch die anderen Atomwaffen - die in anderen europäischen Ländern stationiert sind -technisch auf. Betroffen sind Holland, Belgien, Italien und die Türkei.

Und was sagt der neue Koalitionsvertrag der CDU/CSU und SPD nun dazu?! Im Koalitionsvertrag steht, Deutschland solle „auch künftig einen angemessenen Beitrag zum Erhalt der Abschreckungsund Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses leisten.“

Das heißt: Deutschland setzt weiterhin auf atomare Abschreckung und die Option eines nuklearen Erstschlages.

US-AtomwissenschaftlerInnen haben im Januar diesen Jahres die Weltuntergangsuhr (doomsday clock) auf zwei Minuten vor zwölf gestellt. Das heißt: Die Gefahr eines Atomkrieges war nach Einschätzung dieser Wissenschaftlerinnen - seit über 60 Jahren nicht mehr so groß wie heute.

Der aktuelle Atomkonflikt zwischen Nordkorea und den USA, sowie die aktuelle Ausweisung russischer Diplomaten aus vielen europäischen NATO-Staaten zeigen die hoch angespannte Weltlage zwischen den mächtigsten Atomstaaten auf. Hieraus kann schnell ein Weltenbrand entstehen.

Am 7. Juli 2017 haben bei den Vereinten Nationen 122 Staaten einen Atomwaffen-Verbotsvertrag beschlossen.

Die Bundesregierung spricht zwar gerne vom Ziel einer atomwaffenfreien Welt, aber das sind nur Lippenbekenntnisse. Wenn es konkret wird, beugt sie sich dem Druck der USA - und boykottiert deshalb den UN-Atomwaffen-Verbots-Vertrag.

Wir fordern: Die Bundesrepublik muss sich von der Atomwaffenpolitik der USA emanzipieren und das Völkerrecht stärken. Dies wird aber nur geschehen, wenn wir unseren Widerstand dagegen weiter ausbauen:

Im Dezember 2017 erhielt die „Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen" ICAN den Friedensnobelpreis. Auch die aus 50 Gruppen/Organisationen bestehende Kampagne „Büchel ist überall! Atomwaffenfrei.jetzt”gehört zu ICAN. Das heißt: Auch wir sind Friedensnobelpreisträgerinnen

Jetzt gilt es, die Publicity des Friedensnobelpreises zu nutzen, damit auch Deutschland dem UN-Atomwaffen-Verbots-Verbot beitritt. Der Vertrag wurde bislang von acht Ländern ratifiziert: dem Vatikanstaat, Kuba, Mexiko, Guayana, Thailand, Österreich, Palästina und Venezuela.

Das Problem: Bisher hat keine Atommacht und kein NATO-Staat den Vertrag unterzeichnet.

Deshalb wäre es ein Durchbruch für das Ziel einer atomwaffenfreien Welt, wenn Deutschland – als erstes Nato-Land - den Vertrag unterzeichnen würde.

Seit vielen Jahren gibt es in Büchel Widerstand gegen die dort stationierten Atombomben. Unter anderem sind sechs junge Leute des „JunepA-Netzwerkes” Jugendnetzwerk für politische Aktion am 12. September 2016 in das Militärgelände eingedrungen und haben die Landebahn besetzt.

JunepA erhielt 2017 den Aachener Friedenspreis. Diese stehen nun voraussichtlich im April 2018 in Koblenz vor Gericht. Sie sind überzeugt, dass das Unrecht nicht bei Ihnen liegt, sondern die Bundesrepublik gegen Völkerrecht verstößt. Sowohl die Einsatzübungen als auch der Boykott des UN-Vertrags zum Verbot der Atomwaffen zeigen die Scheinheiligkeit der Bundesregierung. Die jungen Friedensbewegten möchten mit der Prozesskampagne "Wider§pruch – Vom Atomwaffenlager bis in den Gerichtssaal" ihre Argumentation mit dem sogenannten Rechtfertigenden Notstand einerseits durch alle Instanzen tragen. Andererseits möchten sie uns alle ebenso motivieren, solchem Unrecht deutlich und aufrecht entgegenzutreten.

Es wird in Büchel auch in diesem Jahr während der 20-wöchigen Aktionspräsenz viele Aktionen geben, hier ein paar Beispiele:

  • Hier seht ihr unseren Flyer - Selbstverpflichtungserklärungen
  • 20 Wochen für 20 Bomben
  • CAMP
  • Aktionskalender: www.buechel-atombombenfrei.de
  • 16.-23.6, IPPNW / ICAN Woche
  • 7.7., ChristInnen mehrerer evangelischer Landeskirchen; den Gottesdienst am Atomwaffen-Stützpunkt hält Renke Brahms, der Friedensbeauftragte der „Evangelischen Kirche in Deutschland" EKD.
  • 8.7., Bürgermeisterlnnen für den Frieden
  • 10.-18.7., Internationale Woche 21 Jahre Go-Ins, US Kansas City...
  • 9.8., Abschluss Fastenaktion Pfarrer Dr. Matthias Engelke

Mach mit! Wir sehen uns in Büchel!

 

Marion Küpker ist Internationale Koordinatorin der DFG-VK gegen Atomwaffen.