Redebeitrag von Sönke Wandschneider für den Ostermarsch Hamburg am 2. April 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Vor einigen Wochen lief eine Nachricht durch die Medien, die uns alle hätte aufschrecken lassen müssen: Die DOOMSDAY CLOCK, die Uhr des Jüngsten Gerichts, ist zu Anfang des Jahres auf zwei Minuten vor zwölf vorgestellt worden. Sie verdeutlicht das aktuelle Risiko einer globalen Kriegskatastrophe, besonders einer Atomkriegskatastrophe. Diese symbolische Uhr wird einmal im Jahr veröffentlicht in einem „Berichtsblatt der Atomwissenschaftler“, in dessen Herausgeberkreis 17 Nobelpreisträger vertreten sind.

Sie stand immerhin schon einmal, 1991, auf siebzehn Minuten vor zwölf, zu einer Zeit also, als wir alle hofften, dass mit dem Ende des Kalten Krieges eine Zeit der Abrüstung und der friedlichen Konfliktregelung beginnen würde. Wir haben uns getäuscht und wir wurden getäuscht.

Noch immer lagern US-amerikanische Atomwaffen in unserem Land, jeder Zeit einsatzbereit, dann geflogen von deutschen Tornado-Piloten vom Fliegerhorst Büchel. Diese Kumpanei der US-NATO-Strategen wird dann verharmlosend „Nukleare Teilhabe“ genannt.

Wir fordern stattdessen den sofortigen Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag, am 20.September letzten Jahres von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen.120 Länder stimmten dafür, die Bundesregierung hat ihm nicht zugestimmt, sich sogar nicht einmal an der Vorbereitung beteiligt; sie wollte wohl die NATO-Bündnispartner, besonders die USA nicht verstimmen. Sie trägt ja auch die immer noch gültige Erstschlags-Doktrin der USA mit. Wir treten ein für den sofortigen Abzug der US-amerikanischen Atomwaffen aus Büchel und aktive Mitarbeit bei der Abschaffung aller Atomwaffen.

Nicht zuletzt der Krieg des Türkischen Militärs gegen die demokratische Kurden-Enklave in Afrin im Nord-Westen Syriens, der Krieg der Saudis und ihrer Verbündeten gegen den Jemen, um nur zwei der aktuellen Kriegsschauplätze zu nennen, haben die Welt und uns gelehrt, dass der Weg des Friedens lang und mühselig ist und die Aussichten alles andere als rosig. Und unsere Regierung schweigt öffentlich dazu, obwohl oder weil sie Rüstungsexporte gerade in diese Länder immer wieder billigt . Das soll Arbeitsplätze sichern – heißt es, dient aber letztlich nur der Bereicherung Weniger. Unsere Regierung macht sich so mitschuldig an der Vorbereitung und Durchführung von Kriegen Anderer.

Der designierte US-Außenminister MIKE POMPEO und auch der designierte Nationale Sicherheitsberater des US-Amerikanischen Präsidenten JOHN BOLTON setzen auf Krieg, der eine fordert den gewalttätigen Umsturz in Teheran, der andere erwartet von Israel militärische Angriffe auf iranische Anlagen. Und unsere Regierung schweigt öffentlich dazu.

Die Bundesregierung könnte und müsste dazu beitragen, das immer stärker werdende Gewalt-Potential zu verringern, denn auch sie weiß, jede Waffe wird irgendwann todbringend, d.h. mörderisch eingesetzt, jede Waffe findet ihre Opfer.

Wer das noch nicht aus der jüngeren Vergangenheit oder auch aus den Kriegen der Gegenwart gelernt hat, ist entweder lernunwillig oder lernunfähig, oder verfolgt insgeheim andere Interessen, jedenfalls keine friedlichen.

Wer die Nachrichten der letzten Tage verfolgt hat, könnte vielleicht aufatmen, denn die wichtigsten Waffensystem haben schwere Defekte, sind nicht einsatzbereit oder NATO-tauglich ( z.B. die deutschen Tornados), 1 von 6 U-Booten der Klasse 212A, nur fünf von 13 Fregatten könnten in See stechen, nur 3 von 15 Transportflugzeugen Airbus A400M abheben, von Hubschraubern gar nicht zu reden. Das wäre allerdings eine Abrüstung wider Willen, Frau Dr. von der Leyen wird schon für Abhilfe sorgen. Aber sie ist ja auch damit beschäftigt, die Absicht der EUKommission umzusetzen, das Verkehrsnetz durch Deutschland Richtung Osten zu verbessern, damit der Leopard 2 Panzer schneller an der russische Westgrenze sein kann. Wir wollen keine schnelleren Straßen und Schienen zum Transport von Massenmordmaschinen, wir wollen eine KLARE POLITISCHE ENTSCHEIDUNG ZUR ABRÜSTUNG., und das so bald wie möglich.

Deshalb sind unsere diesjährigen zentralen Forderungen:

  • Abrüsten statt Aufrüsten!
  • Atomwaffen abschaffen!
  • Generelles verbot aller Rüstungsexporte!

Vorenthalten möchte, weil seine Weisheit nach wie vor stimmt:

„Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit. Denn Friede muss gewagt werden. … Friede ist das Gegenteil von Sicherung. Sicherheiten fordern heißt Misstrauen haben, und dieses Misstrauen gebiert wiederum Krieg“.

1934, fünf Jahre vor dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen, hat der 28jährige Theologe Dietrich Bonhoeffer dies auf einer großen Tagung des ökumenischen Weltbundes für Freundschaftsarbeit auf der dänischen Insel Fanö in einer visionären Rede gesagt. Bonhoeffer war später am Widerstand gegen Hitler beteiligt. Er wurde verhaftet und wenige Wochen vor dem Ende des Krieges am 9.April 1945 im KZ Flossenbürg hingerichtet.

„Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit“.

Machen wir uns also auf den Weg und lassen die vermeintlichen Sicherheiten hinter uns!

 

Pfarrer i.R. Sönke Wandschneider ist aktiv beim Hamburger Forum.