Redebeitrag für den Ostermarsch Würzburg am 31. März 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

30 Mrd. mehr für`s Militär – diese Zielmarke visiert die neue Regierung an. Sie hat damit lt. des Umfrageinstitutes Allensbach allerdings nur ein gutes Viertel der deutschen Bevölkerung hinter sich, nur 27% befürworten eine schrittweise Erhöhung des Rüstungsetats. 2002 wurde beschlossen, dass alle NATO-Staaten ihre Militärausgaben bis 2024 auf 2% des Bruttoinlandproduktes hochfahren sollten, 2014, nach der Annexion der Krim durch Russland wurde das noch einmal bekräftigt.

Deutschland gibt z.Z. ca. 37 Mrd. € für sein Militär aus, das sind 1,2% des BIP. Frau von der Leyen ist fest entschlossen, das 2% Ziel zu erreichen, weil, Zitat: „Wir es zur Modernisierung der Bundeswehr brauchen“ und „ein reiches Land wie Deutschland seine Verpflichtungen erfüllen muss.“Abgesehen davon, dass es keine vertragliche Verpflichtung für das 2% Ziel gibt – es ist nur eine Absichtserklärung - wollte Deutschland es erfüllen, kämen wir bis Mitte der 2020er Jahre auf 65-70 Mrd. für die Bundeswehr, eben 30 Mrd. mehr als heute.

Ich frage mich nun, hätte Russland die Finger von der Krim gelassen, wenn schon vor 4 Jahren 2% des BIP aller NATO-Staaten im Militär gesteckt hätten, oder wäre die NATO gar militärisch eingeschritten? Wohl kaum!

Begründet wird die angestrebte Aufrüstung mit der allgemein immer prekärer werdenden Sicherheitslage und einem immer massiver auftretenden Russland und China, die mit noch mehr NATO-Übermacht abgeschreckt werden sollen von zu viel geopolitischen Ambitionen. Dazu kommen Trumps unverhohlene Drohungen, amerikanisches NATO-Engagement zu reduzieren, wenn die EU nicht mehr investiere. Und wie wir seit Jahren immer wieder hören: Deutschland muss mehr Verantwortung übernehmen und das heißt aus Minister Mündern nie etwas anderes als sich für mehr militärische Intervention rüsten.

Wie absurd diese ganze Argumentation ist, wird klar, wenn man sich die realen Militärausgaben des letzten Jahres anschaut. Weltweit lagen sie bei 1,7 Bill. Dollar. 800 Mrd. davon, also fast die Hälfte entfallen auf die NATO. 200 Mrd., also ein Viertel der NATO Ausgaben kommen auf China, knapp 70 Mrd. kommen auf Russland, das sind ungefähr 8% der NATO Ausgaben. Ist das nicht Abschreckung genug?

Bei Erreichen des 2% Ziels käme die NATO auf 1,2 Bill. Dollar, eine Steigerung um 300 Mrd. Diese 300 Mrd. jährlich würden genügen, um die „Sustainable Development Goals“, die nachhaltigen Entwicklungsziele zu erreichen, die die VN 2016 verabschiedet haben. Damit sollen weltweit Hunger und Armut besiegt und Zugang zu sauberem Wasser und Bildung für alle erreicht werden.

Dann gibt es da auch noch den „Green Climate Fund“, ein weiteres Programm der VN, das helfen soll, die Folgen der Klimaerhitzung zu bewältigen, dieser vielleicht größten Bedrohung des Weltfriedens in den kommenden Jahrzehnten. Dafür soll die Weltgemeinschaft ab 2020 200 Mrd. bereitstellen, ganze 37 sind bisher zugesagt.

Aber wir brauchen gar nicht in die weite Welt zu schauen: 50 Mrd. müssten in Deutschland in die Infrastruktur – Bahn, Radwege, Brücken gesteckt werden, 20 Mrd. in den Wohnungsbau, 3 Mrd. in Schulen und Hochschulen, 5 Mrd. wären vonnöten, um eine bedarfsgerechte Pflege und angemessene Bezahlung von Pflegepersonal zu erreichen.

Hochrüstung und eine Gesellschaft mit anständigen sozialen und ökologischen Standards sind nicht gleichzeitig zu haben – bei uns nicht und in Ländern, denen es wirtschaftlich schlechter geht schon gar nicht.

Noch schlimmer erscheint das Ganze beim Blick auf die bisherigen Interventionen seit 1990, 52 an der Zahl mit 410 000 daran beteiligten Soldaten. 103 bezahlten mit dem Leben und ein Vielfaches davon erlitt bleibende körperliche und seelische Schäden. Die Kosten betragen für Deutschland bisher ca. 20 Mrd.€, allein 9 davon entfielen bisher auf den Afghanistaneinsatz – wir alle wissen, wie friedens-und stabilitätsstiftend der seit 17 Jahren ist; nicht einmal das grausame Inferno, das seit 7 Jahren in Syrien stattfindet, wo die halbe Welt im eigenen Interesse interveniert und dabei ein kleines Land in Schutt und Asche legt, weckt bei unserer Groko Zweifel am Sinn ihres Geredes von der Notwendigkeit weltweiter Interventionsfähigkeit.

Da nützt auch die Beruhigungspille nichts, die sie im Koalitionsvertrag mit verabreicht hat, dass nämlich im Verhältnis 1 zu 1 zur Erhöhung der Militärausgaben auch die Mittel für Krisenprävention, humanitäre Hilfe und Entwicklungzusammenarbeit hochgefahren werden sollen. Näheres dazu findet man nirgends, zur Stärkung der militärischen Komponente sind die Pläne dagegen schon weit gediehen:

engere Kooperation in der EU durch die ständige strukturierte Zusammenarbeit kurz PESCO. Dabei verpflichtet sich jeder Staat seine Militärkapazitäten auszubauen, sprich Rüstungsbeschaffung und Bereitstellung von Truppen für EU-Einsätze.

Einrichtung eines Verteidigungsfonds zum Zwecke der Forschung und Entwicklung neuer Waffensysteme – die EU Drohne soll kommen

Mehr Zusammenarbeit bei der Waffenproduktion, die wohl zu noch mehr Rüstungsexport führen wird, weil parlamentarische Kontrolle damit noch schwieriger wird und auch explizit unerwünscht ist.

Das alles wollen wir nicht:

  • Wir wollen endlich eine echte Friedenspolitik!
  • Längst steht fest: Prävention ist billiger und nachhaltiger als Intervention
  • Westliche Ziele und Interessen sind nicht automatisch besser und moralischer als die Russlands und Chinas, eine ehrliche Suche nach Ausgleich tut Not!
  • Konfrontation führt zu fortwährender Hochrüstung auf allen Seiten und bindet materielle und menschliche Ressourcen, die wir dringend brauchen um gemeinsam die globalen Bedrohungen extreme Ungleichheit und die Zerstörung unseres Planeten aufzuhalten.

Darum: Abrüsten statt Aufrüsten! Keinen € mehr für`s Militär, Frieden geht anders!

 

Uta Deitert ist bei ÖKOPAX e.V. aktiv.