Redebeitrag für den Ostermarsch XX (Stadt) am XX. April 2019 (Datum)

 

- (ggf.) Sperrfrist: XX. April 2019, Redebeginn: XX Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Ende Januar 2019 wurde der Zeiger der sogenannten „Doomsday clock“ auf zwei Minuten vor Zwölf belassen. Die US-amerikanischen Wissenschaftler*innen der Bulletin oft the Atomic Scientists sprachen von „abnormalen“ Zeiten. Verantwortlich dafür sind nach deren Ansicht vorrangig der Klimawandel, die Gefährdung der Demokratie sowie die Aufrüstung aller Atomwaffenstaaten. Eine zentrale Rolle spielen dabei das Erodieren des Multilateralismus, die Kündigung zahlreicher Verträge und die fehlende Bereitschaft zum Dialog. Zum Ausgleich von Interessen, zur Kooperation, Abrüstung und Rüstungskontrolle. Die Gefahr eines Weltuntergangs ist damit so groß wie zuletzt Anfang der 50er Jahre zu Zeiten des Koreakrieges!

Selbst zu Zeiten der sehr engagierten und zugleich bedrohlichen 80er Jahre stand der Zeiger auf Drei vor Zwölf. Viele von Euch haben sich wahrscheinlich damals selbst erfolgreich engagiert.

Die Angst von damals ist zurückgekehrt, nicht zuletzt wegen dem INF-Vertrag. Am 1. Juni 1988 trat der im Dezember 1987 von US-Präsident Ronald Reagan und dem sowjetischen Generalsekretär Michail Gorbatschow unterzeichnete Vertrag über die „Intermediate-range Nuclear Forces“ (INF) in Kraft. Beide Seiten verpflichteten sich zur Vernichtung ihrer atomaren Mittelstreckenwaffen, womit die Bedrohung Europas und großer Teile Russlands durch einen Atomkrieg abnahm.

Aktuell werfen sich die USA und Russland gegenseitig vor, durch neu entwickelte Waffen gegen den INF-Vertrag zu verstoßen. Anfang Februar 2019 kündigte US-Präsident Donald Trump den Vertrag. Der russische Präsident Wladimir Putin setzte ihn daraufhin ebenfalls aus. Nach der sechsmonatigen Kündigungsfrist droht dem INF-Vertrag im August 2019 die endgültige Auflösung: Es könnte zu einem kostspieligen Wettrüsten kommen. Die Stationierung neuer Mittelstreckenwaffen in Europa wäre möglich. Dabei wird schon seit Jahren geplant, u.a. die in Büchel gelagerten Atomwaffen aufzurüsten.

Doch es gibt Zuversicht, ja Hoffnung.

Und dafür ist sehr stark das langjährige Engagement der internationalen Kampagne für die Abschaffung aller Atomwaffen, ICAN verantwortlich. Denn ICAN und die etwa 500 Partnerorganisationen weltweit hat maßgeblich dazu beigetragen, dass im Juli 2017 der Verbotsvertrag von Atomwaffen von 122 Staaten beschlossen wurde. ICAN hat dafür zurecht 2017 den Friedensnobelpreis erhalten und damit alle gemeint, die sich so stark für ein Ende der atomaren Bedrohung einsetzen.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Die Augenzeugenberichte der Opfer durch die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, aus den Versuchsgebieten u.a. auf den Marshallinseln, in Polynesien, in Nevada und Kasachstan sowie den Abbaugebieten von Uran lassen niemanden kalt.

Und schon sehr früh wurde erkannt, welch Wahnsinn die Forschung, Entwicklung, Produktion und Einsatz dieser Massenvernichtungswaffen haben. Bereits am 24. Januar 1946 forderte die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer ersten Resolution die vollständige Abschaffung von Nuklearwaffen. Proteste vielfältiger Art führten zu wichtigen Verträgen und Abrüstungsmaßnahmen.

2010 kommentierte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz:

"Atomwaffen sind einzigartig in ihrer Zerstörungskraft, im entsetzlichen menschlichen Leid, das sie verursachen, in der Unmöglichkeit, ihre Auswirkungen in Raum und Zeit zu steuern, und in der Gefahr, die sie für die Umwelt, zukünftige Generationen und selbst für das Überleben der Menschheit darstellen.“

Eindrucksvoll erklärte Beatrice Fihn in ihrer Nobelpreisrede:

"Es ist ein Affront gegen die Demokratie, dass wir von diesen Waffen regiert werden. Aber es sind nur Waffen. Es sind nur Werkzeuge. Und so wie sie in einem geopolitischen Kontext entstanden sind, können sie genauso einfach wieder zerstört werden, indem sie in einen humanitären Kontext gestellt werden.“

Setsuko Thurlow, Überlebende in Hiroshima betonte dabei bewegt:

"Die Entwicklung von Kernwaffen bedeutet nicht den Aufstieg eines Landes zu Größe, sondern seinen Abstieg in die dunkelsten Tiefen der Verderbnis.“

Seit Freigabe des Vertrags haben ihn 71 Staaten unterzeichnet und 22 ratifiziert. Sobald der Vertrag von mindestens 50 Staaten ratifiziert ist, sind Entwicklung, Herstellung, Lagerung, Weitergabe, Erwerb, Besitz, Testung und der Einsatz von Atomwaffen für die Vertragsstaaten verboten.

In den letzten gut 25 Jahren wurde national und international ein weites Netz von Kampagnen, Projekten und Akteuren aufgebaut. Wir stehen u.a. in enger Verbindung zu den Mayors for Peace in über 600 Städten allein in Deutschland sowie fast 8.000 weltweit, vielen evangelische Landeskirchen.

Letztere haben mittlerweile viele Resolutionen dazu verabschiedet und bekennen sich nachdrücklich zum Verbotsvertrag und zum Abzug der Waffen aus Büchel. Für den 7. Juli haben verschiedene Landeskirchen die ehemalige EKD-Vorsitzende Margot Käßmann zu einer Predigt nach Büchel eingeladen. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann war in den Vorjahren mit ebenso klaren Worten in der Eifel.

Ein neues Bündnis von Städten weltweit stärkt die Stimmen der Menschen überall und setzt alle Regierungen dieser Welt unter Druck, jegliche Beteiligung an der atomaren Abschreckung und jegliche Verstrickung in Atombombengeschäften zu unterlassen. Nach der Unterzeichnung des ICAN Städteappells durch Oberbürgermeister Ebling aus Mainz am 2. Februar haben Wiesbaden, Marburg, Potsdam, Köln, München, Göttingen, Dortmund, Bremen und Hannover auch solche Beschlüsse getroffen. Damit fordern sie Deutschlands Beitritt zum Verbotsvertrag. Viele weitere Städte folgen. Und stehen damit in einer Reihe mit u.a. Sydney, Los Angeles oder Washington D.C.

In der Begründung zum Beschluss in Dortmund, der auch von der CDU mitgetragen wird, heißt es u.a.:

„Alle Atomwaffenstaaten und ihre Bündnispartner nehmen diese Bedrohung im Kauf und sehen den Einsatz mit Atomwaffen als legitime Verteidigungsstrategie. Damit setzen diese Staaten ihre Bürger und Bürgerinnen der Vernichtungsgefahr aus. Immer wieder sind wir in der Vergangenheit an einem Atomkrieg vorbeigeschrammt. Städte tragen eine besondere Verantwortung für den Schutz ihrer Bewohnerinnen und Bewohner. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sie sich gegen Atomwaffen aussprechen.

Das Engagement von Städten ist wichtig, um Druck auf die Bundesregierung auszuüben, damit diese auf den Willen der Bevölkerung achtet. Wenn Städte die Regierung dazu auffordern, dem Vertrag zum Verbot von Atomwaffen beizutreten, ist dies eine spürbare Mahnung, dass die hier in Deutschland lebende Menschen Massenvernichtungswaffen ablehnen. Die Bundesregierung ignoriert diese Sicht bisher.“

435 Abgeordnete aus dem Europaparlament, dem Bundestag und den Landtagen haben die ICAN Erklärung unterzeichnet, mit der sie sich für den Verbotsvertrag einsetzen.

Dem wunderbaren Beispiel der SPD-geführten Bremer Bürgerschaft im Dezember 2017 folgte der Europaausschuss im SPD-geführten Abgeordnetenhaus in Berlin. Ein Beschluss im gesamten Abgeordnetenhaus ist für Mai zu erwarten.

Beide begrüßen die Verleihung des Friedensnobelpreises an ICAN dafür, Aufmerksamkeit auf die katastrophalen humanitären Konsequenzen von Atomwaffen zu lenken und für ihre bahnbrechenden fordern die jeweiligen Senate auf, sich auf Bundesebene für eine deutsche Unterzeichnung und Ratifizierung des UN-Vertrages über das Verbot von Kernwaffen einzusetzen.

Es ist Zeit für eine neue Entspannungspolitik.

Von den USA und Russland ist daher zu fordern:

  • Erhalten Sie den INF-Vertrag einschließlich der Überprüfungs- und Überwachungsmaßnahmen
  • Verlängern Sie den 2021 auslaufenden New-START-Vertrag mit Obergrenzen für strategische Atomsprengköpfe und Trägersysteme (Interkontinentalraketen, U-Boote, Langstreckenbomber
  • Verhandeln Sie über die atomare Abrüstung und binden Sie alle anderen Atomwaffenstaaten ein.
  • Treten Sie und damit alle anderen Atommächte dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag bei

Wir fordern von der Bundesregierung:

  • Beenden Sie die Pläne, im Rahmen der nuklearen Teilhabe neue Atombomber zur Stationierung am Atomwaffenstandort Büchel zu kaufen
  • Sorgen Sie für den Abzug der dort gelagerten US-Atomwaffen
  • Stellen Sie sicher, dass in Deutschland und Europa keine neuen Mittelstreckenraketen stationiert werden dürfen.
  • Treten Sie dem UN-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen bei

Wir sehen uns auf der Straße, z.B. beim INF-Aktionstag am 1. Juni oder am 7. Juli in Büchel. Und nutzt diese Unterschriftenlisten für den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbot, damit wir bald von den jetzt 72.000 auf 100.000 UnterstützerInnen kommen.

Abrüstung schafft Sicherheit. Yes we can. Ban nukes!

 

Redetext als pdf, Stand: 06.04.2019 / RB