Redebeitrag für den Ostermarsch Hamburg am 22. April 2019

 

- Sperrfrist: 22. April 2019, Redebeginn: ca. 12 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

mein Name ist Hans-Dietrich Springhorn, ich bin ein pensionierter Eisenbahn-Ingenieur und habe mein ganzes Berufsleben bei der Deutschen Bundesbahn und später bei der Deutschen Bahn AG in HH verbracht.

Politisiert wurde ich durch die Studentenbewegung, später durch die Bewegung gegen den Vietnamkrieg, die Diktatur in Chile und dann in den 80-Jahren mit der Friedensbewegung in unserem Land und weltweit.

Gegen Pershing II und die so genannte „Nachrüstung“ habe ich die bundesweite Initiative „Eisenbahner für den Frieden“ mitbegründet und war aktiver Bestandteil der Friedensbewegung. Wir haben damals festgestellt, dass die Eisenbahn und das Eisenbahner leider eine ganz wichtige und schlimme Rolle im 2. Weltkrieg und im Faschismus gespielt haben. Die Parole hieß damals: Räder rollen für den Sieg! Ohne Eisenbahntransporte hätten es kein Panzer und keine Kanone an die Front geschafft und die millionenfache Deportationen und das Massenmorden wären nicht möglich gewesen.

Was hat das alles mit heute zu tun?

Sehr viel, denn weder das Deutsche Militär, also die Bundeswehr, noch unsere Bundesregierung und die sie tragenden Parteien, aber auch die Grünen und die FDP, haben aus der Geschichte gelernt! Denn schon wieder wird die Eisenbahn, werden die Eisenbahner an die „Ost-Front“ geschickt und die Parole Räder rollen für den Sieg ist wieder aktuell.

Im Dezember 2018 hat das Verteidigungsministerium mit der DB Cargo AG einen Rahmenfrachtvertrag für internationale Schienentransporte geschlossen – vorerst für zwei Jahre. Der Vertrag hat einen Wert von beinahe 100 Millionen Euro und ist wirksam seit dem 1. Januar 2019. Seit diesem Datum, also seit Anfang dieses Jahres ist die Bundeswehr für zwölf Monate die „Speerspitze“ der Nato im Baltikum, dort finden ständig große Militärübungen unmittelbar an der Grenze zu Russland statt.

Dieser Vertrag regelt die verbindliche Bereitstellung von Güterwagen, Lokomotiven, Verladekapazitäten und Trassen für den Transport der Bundeswehr und der Nato. Auch geregelt ist, dass diese Militärzüge absolute Vorfahrt haben. Der ICE landet auf dem Abstellgleis und muss stehen bleiben, wenn die Truppentransporte rollen.

Kein Mensch hat etwas gegen die Forderung „Mehr Güter auf die Bahn!“ Aber nicht schon wieder Panzer und Kanonen in Richtung Osten.

Das hatten wir schon mal und das wollen wir nicht!

Noch eine weitere unfassbare Tatsache: Einer der vertraglich fixierten Verladepunkte in Norddeutschland ist Bergen in der Südheide. Die Panzerverladung dort findet in unmittelbarer Nähe des ehemaligen KZ Bergen-Belsen genau an der Verlade-Rampe statt, von der der Todesmarsch bis zum Ende des 2. Weltkrieges und zur Befreiung – direkt ins KZ führte.

Als Eisenbahner und Gewerkschafter fordere ich von dieser Stelle meine Gewerkschaft, die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG aber auch den DGB auf Farbe zu bekennen und sich eindeutig gegen diese kriegerische Verkehrspolitik zu stellen.

Im Art. 26, Grundgesetz heißt es:

(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.

Es ist ungeheuerlich, dass diese fast stillschweigende dafür aber planmäßig und vertraglich abgesicherte wahnwitzige Aufrüstungs- und Militärpolitik – die gegen das GG verstößt - öffentlich bisher überhaupt keine Rolle spielt.

Vielen Dank!

 

Hans-Dietrich Springhorn ist aktiv Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) in Hamburg.