Redebeitrag für den Ostermarsch Hannover am 20. April 2019

 

- Sperrfrist: 20. April 2019, Redebeginn: 11 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Zur Kündigung des INF-Vertrags von 1987 - dem einzigen Rüstungskontrollabkommen zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion
 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Rückblick:

Der INF-Vertrag hatte seit dem Inkrafttreten 1988 dafür gesorgt, dass die USA und die Sowjetunion auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs fast 2.700 Mittelstreckensysteme zerstörten. Bei uns im Westen verschwanden die Pershing-II und die Marschflugkörper, im Osten die SS-20-Raketen. Beide Seiten verpflichteten sich, komplett auf Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometer zu verzichten, die auf Land stationiert sind:

Der Vertrag schaffte damit eine komplette Waffenkategorie ab. Und wir in Mitteleuropa wurden die Angst los, uns im Kriegsfall mitten in einem nuklearen Schlachtfeld zu befinden.

Die aktuelle Situation:

Die Präsidenten der USA und Russlands, Trump und Putin, kündigten zum 2. August 2019 den INF-Vertrag. Die USA begründeten diesen Schritt mit der Behauptung, Russland habe gegen den Vertrag verstoßen. Das ist nicht bewiesen. Denn: die vertraglich mögliche Kontrollkommission zur Lösung solcher Streitfragen wurde nie einberufen. Auch das russische Angebot, die fraglichen Marschflugkörper zu inspizieren, wurde von der US-Regierung abgelehnt.

Russland seinerseits wirft den USA vor, Abschussvorrichtungen für eine Raketenabwehr in Rumänien und demnächst in Polen zu stationieren. Damit würde die USA gegen den INF-Vertrag verstoßen.

Was hier passiert zeigt, wie verächtlich inzwischen mit Abrüstungsverträgen und Völkerrecht umgegangen wird.

Gleichzeitig gab es aber auch eine gemeinsame Interessenslage. Sowohl die USA als auch Russland fanden die vertragliche Bindung an den INF-Vertrag seit langem als lästig.

Putin beklagte sich bereits im Februar 2007 bei der Münchner Sicherheitskonferenz, dass Russland keine Mittelstreckenraketen haben dürfe. Staaten in Russlands südlicher Nachbarschaft wie Israel, Iran, Pakistan, Indien, China und inzwischen auch Nordkorea seien nicht an das Verbot gebunden.

Die USA stießen ein halbes Jahr später bei der Generalsversammlung der Vereinten Nationen mit Russland ins selbe Horn. In einem gemeinsamen Statement erklärten beide Staaten den INF-Vertrag für unausgewogen. Ernsthafte Versuche, das Problem anzugehen, gab es nie. Stattdessen wurde der Vertrag von beiden Seiten gekündigt. Damit wird für Russland und die USA der Weg frei, erneut Mittelstreckensysteme aufzustellen.

Was macht den Unterschied aus?

Russland würde Raketen im eigenen Land stationieren, schließlich liegen Europa, der Nahe Osten und Asien direkt in der Nachbarschaft.

Die USA hingegen könnten von ihrem Land aus höchstens Mexiko und Kanada erreichen. Da das keinen Sinn macht, wird die Stationierung andernorts erfolgen. Also: entweder in Alaska, oder auf dem Territorium von NATO-Ländern in Europa und daher auch in Deutschland oder in befreundeten Pazifikstaaten. Von dieser Ausgangsbasis wären dann China, Nordkorea und Russland erreichbar.

Sollte damit die Sicherheit wachsen, hier in Europa oder im Fernen Osten? Bestimmt nicht! Mehr Sicherheit kann es nur mit Abrüstung geben!

Wie könnte eine Lösung aussehen?

Wenn es den USA und Russland mit ihrem Anspruch ernst wäre, die Welt sicherer zu machen, dann würden sie endlich miteinander WIEDER über Abrüstung reden!

Im Juli 2017 haben 122 Staaten gezeigt, wie das geht. Sie haben den »Vertrag über das Verbot von Kernwaffen« vereinbart. Mittlerweile haben 70 Staaten den Vertrag unterzeichnet – die USA, Russland, China oder die übrigen NATO-Staaten gehörten nicht dazu. Auch die Bundesregierung lehnt den Vertrag ab.

An das Völkerrecht sind aber alle Staaten gebunden. Denn: Im Nichtverbreitungsvertrag von 1970 haben sie sich verpflichtet, über die vollständige Abschaffung von Atomwaffen zu verhandeln.

Was aber tun sie in Wirklichkeit?

Bei einem Treffen des UN-Sicherheitsrates Anfang April im letzten Jahr stellte Außenminister Maas beim Thema Atomwaffen eine ganze Reihe Forderungen an andere Staaten. Mit keinem Wort benannte er Maßnahmen, die von der Bundesregierung geplant sind, um die nukleare Abrüstung zu befördern.

Unsere Vorschläge sind:

Wir wollen, dass die Bundesregierung und der Bundestag dafür sorgen

  • dass die USA die Atomwaffen aus Büchel abziehen!
  • dass kein neuer Atombomber angeschafft wird!
  • dass keine neuen Atomwaffen nach Büchel oder anderswo hinkommen!
  • dass keiner Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Europa zugestimmt wird!

Und schließlich dafür,

  • dass die Haltung zum Atomwaffenverbot überdacht wird und Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt, und das noch in diesem Jahr!

Vielen Dank!

 

Heidemarie Dann ist aktiv beim Hiroshima-Bündnis Hannover.