Redebeitrag für den Ostermarsch Ostwestfalen-Lippe in Bielefeld am 20. April 2019

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Es ist dringender denn je, sich für Frieden und Abrüstung einzusetzen. Schauen wir uns um, der Frieden ist in Deutschland, in der EU und weltweit massiv bedroht. Nicht nur, dass die verheerenden Kriege in Afghanistan, in Syrien, in Mali, im Jemen und anderen Ländern nicht beendet sind. In diesen Kriegsregionen sind weder Frieden noch Wiederaufbau in Sicht. Die internationale geopolitische Lage hat sich bedenklich zugespitzt, ein globales Wettrüsten hat begonnen. Wir fordern Frieden und Abrüstung!

Donald Trump begann seine Amtszeit mit dem Einsatz der sog. Mutter aller Bomben mit enormer Sprengkraft in Afghanistan. Anfang des Jahres hat Trump nun mit der Kündigung des INF-Vertrages den Ausstieg aus einem der wichtigsten Abrüstungsabkommen mit Russland verkündet. In der Folge der Kündigung ist eine neue Welle der atomaren Aufrüstung möglich. Es droht erneut wie in den 80er Jahren eine Stationierung von neuen modernisierten atomaren US-Mittelstreckenraketen in Europa sowie als Reaktion darauf die von russischen. Dem stellen wir uns entgegen. Wir fordern die Aufrechterhaltung des INF-Vertrages! Und den Abzug und die Verschrottung aller noch in Deutschland stationierten Atomwaffen!

Aber nicht nur die USA, sondern auch die NATO und die Europäische Union tragen zu Aufrüstung und Kriegen bei. Die NATO will ihre Mitgliedsländer zu weiterer Aufrüstung verpflichten. Dabei geben allein die USA mit 610 Milliarden Dollar knapp 40 % der weltzweiten Ausgaben für Rüstung aus; zwei Drittel der Militärausgaben entfallen auf die NATO-Mitgliedsländer. Die deutsche Bundesregierung mit Kanzlerin Merkel und Ministerin von der Leyen will die Bundeswehr massiv aufrüsten. Merkel fühlt sich dem Wunsch der NATO verpflichtet, zwei Prozent des BIP für Waffen und Militär auszugeben. Bereits für dieses Jahr wurde der Kriegshaushalt auf die Rekordsumme von 43 Mrd. oder 43.000 Millionen Euro erhöht – das ist eine Verdoppelung seit der Jahrtausendwende. Zwei Prozent würden für ein wirtschaftlich starkes Land wie die BRD 70 Mrd. Euro bedeuten. Das wäre mehr als Russland mit 63 Milliarden € zurzeit fürs Militär ausgibt. Wir fordern Abrüsten statt Aufrüsten!

Die EU wird immer als Friedensprojekt hingestellt. 2012 erhielt sie gar den Friedensnobelpreis. Bereits damals gab es Kritik daran, da die EU nicht nach der Verwirklichung einer globaler Friedensordnung ohne Militär strebe, sondern kollektive Sicherheit auf militärischen Zwang und die Durchführung von Kriegen gründe. Inzwischen sprechen in der EU Merkel, AKK, Macron und Co. immer häufiger von einem gemeinsamen Rüstungsmarkt, gemeinsamen Rüstungsprojekten und einer europäischen Armee. Immer mehr Waffen und Militär bringen keinen Frieden!

In den EU-Verträgen ist die Militarisierung festgeschrieben. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, ihre militärischen Fähigkeiten zu verbessern. Dazu gehören die Beteiligung an EU-Kriegseinsätzen ebenso wie die Aufstellung von Battlegroups.

Bereits im Frühjahr 2017 wurde die schon länger geplante „Ständige strukturierte Zusammenarbeit“ PESCO im Militärbereich offiziell aktiviert. 25 von 27 EU-Staaten machen mit – alle außer Dänemark und Malta. PESCO soll den Weg zu einer europäischen Rüstungsunion ebnen. Das Ziel ist militärische Spitzenfähigkeiten für die EU aufzubauen. Dafür verpflichten sich die Mitgliedsstaaten zur Aufstockung ihrer Militärhaushalte, für gemeinsame Rüstungsforschung und die Modernisierung ihrer Waffensysteme.

So beschloss das Europäische Parlament (EP) Ende letzten Jahres zum ersten Mal in seiner Geschichte einen eigenen Verteidigungshaushalt. Das geht auf Kosten der Mittel der Strukturfonds und widerspricht eigentlich den EU-Verträgen. Inzwischen soll ein europäischer Verteidigungsfond (EVF) geschaffen werden. Damit sollen jährlich 500 Millionen Euro für Rüstungsforschung und noch mal acht Milliarden für die Beschaffung von Großprojekten zur Verfügung gestellt werden. Beschlossen ist die Entwicklung einer europäischen Kampfdrohne ebenso wie gemeinsame Kampfpanzer und Kampfflugzeuge. Profitieren wird davon insbesondere die deutsche und die französische Rüstungsindustrie. Mit PESCO bildet sich so ein militärisches Kerneuropa unter deutsch-französischer Führung. Eine friedliche EU geht nur ohne gemeinsamen Rüstungsmarkt und ohne europäische Armee!

Parallel soll es weiterhin eine enge Zusammenarbeit mit der NATO geben. Die NATO-Vorgabe, zwei Prozent des jeweiligen Brutto-Inlandsprodukts fürs Militär auszugeben, soll neben der Verpflichtung zur Militarisierung der EU erfüllt werden.

Neben den Weg zu einer europäischen Rüstungs- und Militärunion baut die EU die Festung Europa aus. Einig sind sich bei allen sonstigen Differenzen die Regierungen aller EU-Staaten in der Abwehr von Flüchtlingen. Deshalb werden an den Außengrenzen immer höhere Zäune gebaut und das Mittelmeer wurde zum Massengrab. Mit der Türkei wurde ein menschenverachtender Flüchtlingsdeal vereinbart. Inzwischen wird die europäische Grenzschutzagentur Frontex massiv aufgerüstet und immer mehr Kriegsschiffe kommen zur Kontrolle des Mittelmeeres zum Einsatz. Im September 2018 wurde die Aufstockung von 2.020 auf 10.000 Mitarbeiter*innen in der Agentur für Grenz- und Küstenwache beschlossen. Im EU-Haushalt wird für den Zeitraum von 2021 bis 2017 ein Gesamtbetrag von über 11 Milliarden Euro dafür eingeplant. Parallel wird die zivile Seenotrettung kriminalisiert und zurück gedrängt.

Anstatt Fluchtursachen wie Krieg und Verfolgung, Hunger und Elend, Umweltzerstörung und Klimawandel zu bekämpfen, schotten sich die reichen EU-Länder ab gegen die Folgen ihrer Politik.

Kriege und ihre Folgen sind die häufigsten Fluchtursachen. Allein mit deutschen Waffen wird alle 14 Minuten ein Mensch getötet. Das muss ein Ende haben. Fluchtursachen müssen bekämpft werden, nicht die Geflüchteten! Alle Menschen haben das Recht auf ein gutes und lebenswertes Leben!

Deshalb demonstrieren wir heute für Frieden und Abrüsten.

Nie wieder Faschismus und nie wieder Krieg!

 

Inge Höger ist Mitglied im Friedensbündnis OWL und Landessprecherin Die Linke NRW