Redebeitrag für den Ostermarsch Hannover am 3. April 2021

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Corona, Corona, Corona - das bewegt uns seit Wochen. Dazu wurde vorhin schon eine Menge gesagt.

Gleichzeitig treibt Frau Kramp-Karrenbauer neue Beschaffungen für die Bundeswehr voran. Ihr Ziel bleibt: die 2% des Bruttoinlandsprodukts für die NATO endlich durchzusetzen. Dieser so gering aussehende Prozentsatz entspricht allerdings 14 % des Bundeshaushalts. Die 60 Mrd. €, auf das es in den nächsten Jahren hinausläuft, entsprechen in etwa den wegen Corona aufzunehmenden Schulden.

Diese Ausgaben sind not-wendig, im Gegenteil, viele kleine Gewerbetreibende, Soloselbständige und Gastronomen warten noch auf ihre „Rettung“, die seit November zugesagt wurde.

Dagegen die Frage: Brauchen wir die Ausgaben für Rüstung, für Bundeswehr und NATO?

Eins ist sicher: Panzer, Fregatten und Kampfdrohnen helfen nicht gegen Corona! Statt eine neue Einheit der Bundeswehr für den Cyberkrieg aufzubauen, hätten wir bessere IT-Ausstattung für Schulen und auch Gesundheitsämter gebraucht. 20.000 zur Hilfe eingesetzte Soldaten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den letzten Jahrzehnten 100.000 Pflegekräfte „eingespart“ wurden, weil Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen privatisiert wurden und so als Profitquelle dienen sollen.
Hier gilt es „aufzurüsten“! Mit zivilen Kräften, mit Katastrophenschutz-Einheiten, aber nicht mit Soldaten, die zum Töten ausgebildet und ausgerüstet sind.

Rüstung und Krieg zerstören auch die Umwelt.

Bei Krieg ist das klar: Menschen, Gebäude, Infrastruktur werden zerstört. Wer sich an den Vietnam-Krieg erinnert: Das damals als Entlaubungsmittel versprühte Agent Orange führt bis heute zu Mißbildungen bei Neugeborenen. Im Jugoslawienkrieg wurden chemische Werke bombadiert – keiner konnte die dabei entstehenden chemischen Verbindungen vorausberechnen. Sowohl in Jugoslawien wie auch im Irak wurde abgereichertes Uran als panzerbrechende Munition eingesetzt – vor allem Kinder sind seitdem von Krebs betroffen.

Aber auch ohne Krieg schadet Rüstung der Umwelt. Sie beansprucht Material, Gelände, Treibstoffe und das Wissen der Menschen. Die von der US-Armee jährlich verbrauchten Treibstoffe – und die damit entstehenden CO2-Emissionen - entsprechen dem gesamten Autoverkehr Großbritanniens!

Rüstungsexporte unterstützen und verstärken Konflikte in aller Welt – die auch wieder ein Grund sind, weshalb Menschen ihre Heimat verlassen. Niedersachsen ist innerhalb Deutschlands der zweitgrößte Rüstungsexporteur geworden. Auch Erdogan marschiert mit Rheinmetall-Panzern aus der Heide in Nachbarländer ein. Eigentlich sind diese Exporte verboten, werden aber immer wieder von der Bundesregierung genehmigt. Man will wohl die „heimische Wirtschaft“ stärken.

Und hier kommt darüber hinaus auch die EU negativ ins Spiel, die ja mal einen Friedensnobelpreis erhielt.

Obwohl die EU-Verträge ausdrücklich keine militärische Funktion vorsehen, hat man mit PESCO, der Permanenten Strukturierten Zusammenarbeit, eine militärische Struktur geschaffen ,die vor allem dem Rüstungsgeschäft dient. Und unter dem schönen Namen Europäische Friedensfazilität (EFF) sollen Militäreinsätze und Rüstungsexporte finanziert werden - eine rechtlichen Grauzone außerhalb des EU-Haushaltes in Höhe von rund 5,7 Milliarden Euro. Auch für Militäreinsätze „befreundeter“ Staaten soll die EFF herangezogen werden können – so wird ermöglicht, Waffenlieferungen an Drittstaaten zu finanzieren, z.B.auch nach Afrika. Und, da durch Kriege und andere Konflikte die Flüchtlingsströme verstärkt werden, wird Frontex mit Militärmaterial aufgerüstet – so schließt sich der Kreis.

Aufrüstung und Drohung mit militärischen Übungen verstärken die Unsicherheit in der Welt. Wenn man jedes Jahr mit Manövern wie jetzt wieder Defender 2021 an russischen Grenzen aufmarschiert, wenn man bewährte Verträge aufkündigt wie den INF-Vertrag gegen Mittelstreckenraketen, dann darf man sich nicht wundern, wenn Russland beunruhigt ist. Deutsche Fregatten haben im Südchinesischen Meer nichts zu suchen. Hier sind Gespräche über Differenzen, gute Kontakte notwendig, keine Sanktionen.Nein, Rüstung und Militär löst keine Probleme dieses Planeten, sondern verstärken sie.

Wir fordern von der Bundesregierung:

  • Sofortige Unterzeichnung des Atomwaffen-Verbotsvertrag der UNO! Abzug der Atomwaffen aus Büchel.
  • Stopp der Waffenexporte in alle Welt.
  • Keine Erhöhung der Militärausgaben – Abrüsten statt Aufrüsten! Dieses Geld brauchen wir für Schulen und Krankenhäuser, für Umweltschutz und auch für die Umstrukturierung der Wirtschaft.
  • Keine Provokationen gegenüber Russland keine Teilnahme an Defender 2021. Neue Entspannungspolitik – Sicherheit gibt es nur mit Russland, nicht gegen Russland.
  • Sofortige Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr! Mehr zivile Konfliktbearbeitung und präventive Diplomatie!
  • Stopp der Militarisierung der EU.
  • Sofortige und wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz zulasten der Profiteure, nicht zulasten der kleinen Leute.
  • Bekämpfung von Fluchtursachen: Gerechte Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern des Globalen Südens. Keine Mauer um Europa, keine „Flüchtlingsdeals“ mit willfährigen Staaten!

Wir haben uns gefreut, wie viele aus unterschiedlichen Gruppen heute hierhin gekommen sind. Und so wollen wir euch auffordern: Bleibt gesund – und bleibt aktiv, gebt die Gedanken und Forderungen weiter, dort wo ihr wirkt, ob in Gewerkschaften, Initiativen, Parteien oder in eurem persönlichen Umkreis.

 

Agnes Hasenjäger ist aktiv beim Friedensbüro Hannover.