Redebeitrag für den Ostermarsch Bonn am 16. April 2022

 

- Sperrfrist: 16. April 2022, Redebeginn: 15 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Feundinnen, liebe Freunde,

wofür 100 Milliarden wichtiger wären: Kinder- und Familienarmut bekämpfen; sich für sozialen Frieden einsetzen.

Deutschland hat schon jetzt den siebtgrößten Militäretat der Welt:  52,8 Milliarden US Dollar ( etwa 48,6 Milliarden Euro).
Die jetzt beschlossenen 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr werden an anderer Stelle viel dringender benötigt - zur Sicherung des sozialen Friedens.

Die Inflationsrate stieg im März auf 7,3 % . Wir alle spüren es im Portemonnaie. Bei vielen Menschen geht es an die Existenz. Es trifft besonders hart Geringverdiener und alle, die im Leistungsbezug sind: Bezieher von Hartz IV, Menschen im Sozialhilfebezug sowie diejenigen, die Hilfe gemäß Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, Arbeitslose, Migranten und Migrantinnen. Diese Gruppe hat keine Chance, zusätzliche Belastungen zu stemmen, die unter Coronabedingungen und veränderten Energiepreisen entstanden sind. Die jetzt beschlossene Erhöhung von 3 € auf den Regelsatz erscheint nicht nur angesichts der 7,3 %igen Inflationsrate als völlig unzureichend. 3 € sind eine Erhöhung von weniger als 1% des vorherigen Eckregelsatzes von 446,- €. Angesichts der Inflationsrate bedeutet dies sogar eine Kürzung der Bezüge!

Nicht zu vergessen: diese nunmehr 449,- € müssen für 30 Tage für Essen, Kleidung, Mobilität, Bildung, Freizeit, Reparaturen und etwaige Neuanschaffungen, z.B. einen neuen Kühlschrank, reichen. Ich meine, das sind keine Luxusgüter.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2014 geurteilt, dass der Regelsatz zu niedrig ist und nachgebessert werden muss. Das war 2014. Seit 8 Jahren wird das Urteil missachtet.

Die Sozialverbände ermittelten jüngst, dass der Regelsatz um 160 € zu niedrig  sei. Würde man bei 3,58 Millionen Hartz IV Beziehern den monatlichen Satz um 160 € erhöhen, wären dies jährliche Mehrausgaben von rund 6,9 Milliarden. Nehmen wir also bitte doch schon einmal diese 6,9 Milliarden von dem Geld, dass für andere Dinge ja da zu sein scheint!

Das von der Bundesregierung geschnürte Entlastungspaket von 13 Milliarden wirkt in vielen Bereichen wie ein Tropfen auf den heißen Stein und tritt reichlich spät in Kraft. Ab Juni kommt die 300 € Energiepreispauschale für alle ArbeitNEHMER einmalig über die Einkommensteuer. Das ist ein Gießkannenprinzip, statt Bedürftigen wirklich gerecht zu werden.

Die Strompauschale im Hartz IV Satz ist seit Jahren schon zu niedrig angesetzt. Sie reicht nicht aus und so werden meist Nachforderungen zur Stromrechnung fällig. Können diese nicht beglichen werden, drohen Stromsperren. Dies kann dazu führen, dass Familien mit Kindern nicht einmal mehr kochen können. Es braucht einen Erlass, dass diese Nachforderungen für Energie übernommen werden.

Auch die derzeit steigenden Heizkosten treffen Leistungsbezieher besonders hart. Sie wohnen oft unter prekären Wohnverhältnissen- in schlecht isolierten, teils schimmligen Wohnungen, die nicht effizient beheizt werden können.

Wir brauchen DRINGEND Investitionen in die Infrastruktur von Gesundheits- und Bildungswesen: ein bessere Bezahlung des Personals sowie eine bessere Ausstattung!

Kinder sind heute die am stärksten von Armut betroffene Gruppe. Jedes 5. Kind in Bonn lebt in Kinderarmut!

Es reicht nicht für eine gute Gesundheitsvorsorge.

Es reicht nicht für eine gesunde Ernährung.

Es reicht nicht für gesellschaftliche Teilhabe.

Es reicht nicht für gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle.

Der ab Juli geplante monatliche Kindersofortzuschlag von 20 € und ein einmaliger Kinderbonus von 100 €  - so begrüßenswert dies ist - schaffen dauerhaft keine Lösung.

In Bonn setzt sich seit 15 Jahren der Runde Tisch gegen Kinder- und Familienarmut kontinuierlich für Verbesserungen ein.

Aber die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Dem müssen wir entgegenwirken!

Für sozialen Frieden!

Vielen Dank.

 

Doro Schmitz ist ehem. Mitglied des Bonner Stadtrates für die Partei B90/Die Grünen. Jetzt Parteilos.