Redebeitrag für den Ostermarsch Jagel am 15. April 2022

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Drohnenmunition

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

bereits am 13. Juni 2018 unterzeichneten Verantwortliche des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr und der Firma Airbus Defence & Space Airborne Solutions (ADAS) einen Vertrag über die Nutzung der israelischen Aufklärungsdrohne Heron TP (Heron, hebräisch für Reiher, TP Abkürzung für Turboprop).

Seit dem Jahr 2010 setzt die Bundeswehr mit dem System Heron 1 Drohnen zur abbildenden Aufklärung und Überwachung in Afghanistan und seit dem Jahr 2016 auch in Mali ein. Im Unterschied zu Heron TP hat Heron 1 geringere Reichweite und geringere Nutzlast, Waffen zu transportieren. Die im Vergleich zu Heron 1 deutlich bessere Flugleistung von Heron TP ermöglicht eine schnellere Verlagerung des Einsatzschwerpunkts. Darüber hinaus ist die effektiv nutzbare Zeit im Einsatzraum länger – ein großer Vorteil insbesondere dann, wenn sich die Drohne weit entfernt von ihrem Startflugplatz befindet.

Die Anschaffung bewaffneter Drohnen war im Grundsatz bereits von der früheren Bundesregierung aus Union und SPD beschlossen worden. Ende 2020 hatte die SPD dann aber ihre Zustimmung zu einer Bewaffnung der Drohnen verweigert. Als kleinerer Partner der großen Koalition stellte sich die SPD quer im Hinblick auf den Wahlkampf, da die große Mehrheit der Wähler Kampfdrohnen ablehnt. Nun geht das Projekt fast geräuschlos über die politische Bühne. Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP verständigten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Anschaffung noch in dieser Legislaturperiode. Dort heißt es: „Bewaffnete Drohnen können zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz beitragen. Unter verbindlichen und transparenten Auflagen und unter Berücksichtigung von ethischen und sicherheitspolitischen Aspekten werden wir daher die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr in dieser Legislaturperiode ermöglichen. Bei ihrem Einsatz gelten die Regeln des Völkerrechtes. Extralegale Tötungen – auch durch Drohnen – lehnen wir ab.“

Das Verteidigungsministerium beabsichtigt eine vollständige Bewaffnung der Drohnen aus israelischer Fertigung inklusive Ausbildung und Munitionsbeschaffung. „Das Auftragsvolumen beläuft sich auf insgesamt rund 152,61 Millionen Euro“, hatte das Ministerium den Verteidigungspolitikern in einem Schreiben dazu mitgeteilt. Die Bewaffnung könne nur mit der in Israel entwickelten Munition „Special Payload“ erfolgen, deren Bezug und Ausfuhr die israelische Regierung zustimmen müsse.

Nach diesen Angaben ist die Beschaffung von 140 Flugkörpern geplant. Ein Flugkörper kostet demnach 1 Million und 90 Tausend Euro.

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat in der Sitzung vom 6.4.2022 die Mittel für die Bewaffnung der Aufklärungsdrohne Heron TP freigegeben. Die Drohnen werden mit „Special Payload“, wörtlich spezielle Nutzlast, faktisch: speziellen Präzisionslenkflugkörpern ausgerüstet werden.

Diese Präzisionslenkflugkörper sind jede für sich einzeln lenkbar, ihre tödliche Fracht ins Ziel zu bringen, zu zerstören und zu töten. Diese Präzisionslenkflugkörper sind die Munition für die bewaffnete Drohne HeronTP.

Journalisten haben nach dem Beschluß vom 6.4.2022 geschrieben, unter anderem in Neuen Deutschland, es sei beschlossen worden, 140 bewaffnete Drohnen anzuschaffen. Nein, es kommen keine 140 HeronTP, sondern die bereits angeschafften HeronTP bekommen 140 Präzisionslenkflugkörper. Es wäre eine Frage der Definition, ob eine solcher Präzisionslenkflugkörper selbst als Drohne bezeichnet werden kann. Wenn man dieses bejaht, dann wäre die HeronTP eine Art Mutterdrohne, die die Präzisionslenkflugkörper ins Zielgebiet fliegt, und den Rest fliegt die Tochterdrohne selbständig. Diese akademische Frage, ob die Präzisionslenkflugkörper selbst Drohnen sind, schafft nur Verwirrung und ist unerheblich für die Tatsache, dass damit im Kriegsbetrieb Menschen getötet und Zerstörung verursacht wird.

Wir sind hier am Drohnenstandort Jagel. Die Drohnen sind im Einsatzgebiet oder in Israel, kommen kaum hierher, eine Heron 1 wurde hier nur ein einziges Mal gesehen und fotografiert. Aber die Bildauswerter sind hier. Das sind die Soldat*innen, die die von den Drohnen gelieferten Daten sichten und daraus Einsatzbefehle herstellen. Und auch die Ausbildung der Drohnenpiloten findet hier statt. Der Standort Jagel ist der Heimatstandort der Drohnen der Bundeswehr.

Wir machen hier heute beim Ostermarsch bereits die 64. Mahnwache, (für die Informatiker für den Frieden, die ich hier auch sehe: das ist eine 1 mit 6 Nullen dran). Und wir machen weiter, unseren Widerstand gegen den Drohnenkrieg der Bundeswehr zum Ausdruck zu bringen, die nächste 65. Mahnwache wird hier am 21. Mai 2022 stattfinden und ich hoffe, viele von Euch sind wieder dabei.

 

Ralf Cüppers ist aktiv bei der DFG-VK Gruppe in Flensburg.