Redebeitrag für den Ostermarsch Mannheim am 16. April 2022

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Am 24. Februar hat Wladimir Putin den Befehl gegeben, die Ukraine anzugreifen und seither findet dort ein brutaler Krieg statt. Es wird werden viele Zivilistinnen und Zivilisten umgebracht. Es wird Infrastruktur kaputt gebombt. Offensichtlich geht es auch darum, verbrannte Erde zu hinterlassen. Wir sagen als Friedensbewegung und wir sagen vom Ostermarsch aus klipp und klar: wir verurteilen diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, den der russische Präsident Putin hier vom Zaun gebrochen hat. Die Waffen müssen sofort schweigen!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Derzeit ist es so, dass innerhalb der westlichen Staaten man Stück für Stück immer mehr dazu übergeht, Teil dieses Krieges zu werden. Im Moment steht die Entscheidung hier in der Bundesrepublik an, ob auch schwere Waffen Richtung Ukraine geliefert werden.

Wer jetzt in dieser Situation hinein schwere Waffen liefert, wird zu einer weiteren Eskalation dieses Krieges beitragen, dagegen stehen wir auf! Uns wird gesagt, man wolle mit den Waffen die man liefert, den Ukrainerinnen und Ukrainern helfen. Und wir hören Äußerungen, ich zitiere mal Herrn Johnson der sagt, „die Ukraine muss gewinnen“.

Ein Krieg wird entweder beendet, indem tatsächlich eine Seite schrecklich verliert oder und das ist aber das was notwendig ist und auf der Hand liegt, dass Druck gemacht wird, insbesondere hier auf die russische Kriegsseite, dass es endlich zu einer Verhandlungslösung kommt. Das ist das was wir brauchen und nicht eine weitere Eskalation des Krieges!

Wir haben eine völlig verrückte politische Konstellation inzwischen in der Bundesrepublik, dass der Kanzler von der SPD aus seinen Koalitionspartnern Grüne und FDP kritisiert wird, dass er zu wenig Waffen liefere und zu Waffen in diesen Krieg hinein gebe.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

es war immer richtig Rüstungsexporte müssen immer gestoppt werden, das gilt richtigerweise auch jetzt, um so mehr.

Was wir machen müssen ist, dem Krieg die Menschen zu entziehen und deshalb bin ich froh über jede und jeden, die nicht mit kämpft oder mitkämpfen muss. Jetzt ist es aber so, dass Menschen / Soldaten, die desertieren, hier kaum Asyl bekommen. Wenn jetzt zum Beispiel russische Soldaten desertieren, dann sollten sie auch hier aufgenommen werden, das ist doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit!

Dass die vielen Ukrainerinnen und Ukrainer, die fliehen vor diesem schrecklichen Krieg  aufgenommen werden und dass viele Freiwillige sich darum kümmern ist sehr gut und notwendig. Und es ist endlich so, dass Geflüchtete sich frei bewegen dürfen und frei wählen dürfen, wohin sie wollen. Ich hätte mir das schon früher gewünscht, als es Flüchtlinge waren, insbesondere aus Syrien und Afghanistan!

Der Unterschied, das ist nämlich offensichtlich, ist die Entfernung zum Krieg und die Hautfarbe der Geflüchteten und wohl auch die Religion. Für uns gilt: und das muss immer so gemacht werden, alle Menschen müssen gleich behandelt werden, deshalb ist unsere Forderung, die Aufnahme aller Kriegsflüchtlinge!

Die Situation wird weiter eskalieren in der Ukraine und es werden noch schrecklichere Bilder kommen, als bisher schon gekommen sind und es wird noch mehr Kriegsverbrechen geben. Und es ist deshalb so dringend notwendig, dass wir alle aufstehen und klipp und klar, sagen: die Waffen müssen schweigen, weil sonst wird es weitere Kriegsverbrechen geben. Die klare Botschaft vom Ostermarsch ist: Die Waffen nieder! Die Waffen müssen Schweigen! 

Und was macht die neue Bundesregierung 3 Tage nach Beginn Beginn des Krieges? An einem Sonntag erklärt der neue Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Regierungserklärung jetzt ein 100.000.000.000 Euro Programm für die Bundeswehr, eigentlich für die Rüstungsindustrie, als angebliche Reaktion auf diesen Krieg.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

wenn jetzt dieses Programm beschlossen wird, hilft das den Menschen in der Ukraine nichts, aber auch gar nichts! Dieses auf Aufrüstungsprogramm ist falsch und man hat die Gelegenheit genutzt, um es jetzt zu verkünden. Wir werden gegen dieses Aufrüstungsprogramm mobil machen, das ist das was wir jetzt nicht brauchen können.

Man muss sich das mal vorstellen: Olaf Scholz hat das nur besprochen mit dem Finanzminister und den beiden grünen Ministern Habeck und Baerbock, die normalen Abgeordneten, das weiß ich inzwischen auch aus Gesprächen, wussten von diesem Aufrüstungsprogramm nichts.
Und jetzt wird die Situation kommen: Es ist angekündigt worden ein „Sondervermögen Bundeswehr“ zu machen und dieses ins Grundgesetz zu schreiben. Es soll am Ende mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag beschlossen werden.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir müssen jede und jeden einzelnen der Abgeordneten direkt ansprechen und fragen, ob sie dieses auf Aufrüstungsprogramm mitmachen oder nicht, weil das bedeutet nämlich, dass dann Gelder in diesem Bereich fließen und eben nicht mehr in andere Bereiche, wo es dringend notwendig wäre, Wir müssen Druck ausüben, dass es nicht zu dieser Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag kommt

Ich habe derzeit ein DejaVu-Erlebnis: Beim Jugoslawienkrieg 1999, vorher wurde er angesprochen. Am 24. März 1999 hat ein SPD Bundeskanzler mit einem grünen Außenminister den Befehl gegeben. Jugoslawien bzw. Serbien zu bombardieren. Und ein ganzes Milieu wurde auf diese Weise mit militarisiert. In gewisser Weise stehen wir vor einer ähnlichen Situation jetzt. Dass nämlich ein SPD Bundeskanzler, meine Vermutung ist mit einer Vertrauensfrage, das 100.000.000.000 Euro Aufrüstungsprogramm durch den Bundestag kriegen „muss“.

Und ich befürchte, dass es wieder so sein wird. Dass SPD und Grünen Vertreter/innen einem erklären, wie wichtig das jetzt sei. Ich hatte schon die ersten Podiumsdiskussionen mit Abgeordneten dazu. Ich weiß, dass es auch Widerstand gibt innerhalb von Grünen und SPD, dass z.b. Frank Bsirske inzwischen grünen Abgeordneter, früher Verdi Vorsitzender gesagt hat, das war ein grobes Foul von Olaf Scholz, das hundert Milliarden Euro Programm. Da hat er völlig recht! Für ein Foulspiel wird man normalerweise vom Platz gestellt. Und es gibt SPD Vertreter/innen, die mit unterschrieben haben den Appell, dass dieses 100.000.000.000 Euro Programm nicht kommt.

Aber wir werden durch alle gesellschaftlichen Schichten diese Auseinandersetzung jetzt haben. Ich habe es jetzt mitbekommen innerhalb der badischen Landeskirche, da war ich zu einer Podiumsdiskussion in Freiburg eingeladen. Es wird in jedem gesellschaftlichen Bereich diese Auseinandersetzung geben und ich kann euch alle nur bitten und auffordern, lasst uns in die Debatte gehen! Diese hundert Milliarden Euro aus Aufrüstungsprogramm als Sondervermögen ins Grundgesetz zu schreiben ist ein Skandal! Was wir bräuchten, ist hundert Milliarden Euro Sondervermögen für Klima und die Maßnahmen die dazu notwendig sind. Dass es jetzt ausgerechnet eine Bundesregierung ist aus SPD, Grünen und FDP, die mit einem Sonderprogramm Bundeswehr kommen, halte ich für besonders übel und problematisch.

Und was wird genau beschlossen? Sie sind ja schon dabei. Der F 35, ein großes Kampfflugzeug der USA, soll angeschafft werden, die alte Bundesregierung, ich habe es live erlebt, als Annegret Kramp-Karrenbauer, das verkündet hat, hat noch gesagt, es soll der F18 werden. Die F 35 kosten nämlich ungefähr 5 mal so viel und der F 18 ist offensichtlich etwas älter.

Und jetzt will diese Bundesregierung den F35, und um was geht es da? Es geht um Atomwaffenträgersysteme! Es geht darum, dass man damit die Atomwaffen, die hierzulande stationiert sind, in Büchel, mit diesen Flugzeugen fliegen kann und will. Ich hoffe, dass diese Atomwaffen nicht neue Trägersysteme bekommen, sondern endlich abgezogen werden! Das wäre ein Zeichen der Vernunft!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Sie haben jetzt ein Programm, wo ich persönlich mich auch sehr engagiert habe, dass es nicht kommt, so ganz nebenbei im Handstreich beschlossen, nämlich die Bewaffnung von Drohnen. Und wenn man sich die Kriege der letzten Zeit anschaut, Aserbaidschan – Armenien, aber auch jetzt in der Ukraine, dann sind es genau Drohnen, die besonders tödlich sind.

Wir sind gegen die Bewaffnung von Drohnen und wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass es nicht zu dieser Bewaffnung kommt, auch wenn es jetzt diesen Beschluss dazu gibt im Bundestag.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Das für mich Zynische ist: Der Krieg geht weiter in der Ukraine, Tag für Tag und es werden Menschen umgebracht und es gibt direkte kriegerische Auseinandersetzungen.

Ich will ein Hinweis geben, es ist völlig klar, wer hier der Aggressor ist und wer hier den Angriff begonnen hat, nur es soll bitte keiner glauben, dass die andere Seite „sauber“ bleibt. Sondern das wird natürlich so sein, dass wir eine Reihe von weiteren Bildern bekommen, die natürlich wie es bei Kriegen ist, deutliche Kriegsverbrechen zeigen.

Und was wir jetzt brauchen, ist allen Druck, damit es endlich zu Verhandlungen kommt, die seriös sind und dass endlich die Waffen schweigen und was wir nicht brauchen, ist eine weitere Aufrüstung, weil die ist nichts anderes als die Vorbereitung zukünftiger Kriege ist.

Das vielleicht auch noch mal als eine meiner Erfahrungen aus dem Bundestag: bei jedem Rüstungsprojekt was beschlossen wurde, wurde dabei geschrieben, welcher Exportchancen es hat. Das heißt, wenn Waffensysteme angeschafft werden, sollen sie später exportiert werden. Und wir werden die Situation haben, dass jede dieser nun angeschafften Waffen weiter exportiert werden wird und das heißt, es wird eine enorme Rüstungsspirale kommen. Und deshalb ist es auch so wichtig, dass dieses 100.000.000.000 Euro Aufrüstungsprogramm nicht kommt! Das wird die Auseinandersetzung sein, die wir jetzt in Zukunft führen müssen.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich will das sehr deutlich sagen, das wird eine sehr harte Auseinandersetzung, u.a. mit Bundestagsabgeordneten, ich kann euch nur sagen, die erklären einem zurzeit ja alles mögliche. Gas aus Katar ist jetzt plötzlich „in Ordnung“. Wir wissen, was in Katar passiert. Sie erklären, es sei gar nicht möglich für Klima ein solches Sondervermögen zu machen. Es wird ein Riesenblödsinn erzählt, nur um zu legitimieren, dass es dieses Aufrüstungsprogramm gibt.

Wir müssen wir jetzt wirklich dafür kämpfen, dass es nicht kommt, weil das wird natürlich auch eine politische Schwerpunktsetzung, wohin Geld fließt und wohin eben nicht. Auf einer Podiumsdiskussion hat Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD, versucht zu erklären, das Sondervermögen sei ja „nur“ einmalig und auf die Nachfrage, warum es dann ins Grundgesetz kommt, hatte er keine Antwort. Und es heißt, dass man das ja dort fest schreiben müsste, damit man sich auch dran hält. Ja, offensichtlich muss es reingeschrieben werden, damit die eigene Koalition sich dann auch wirklich dran hält.

Und dann war meine Frage, warum legt ihr nicht ein Sondervermögen Klima auf, da antwortete der Grüne, das sei bedauerlich, aber dafür gäbe es keine parlamentarische Mehrheit. Ich kann nur sagen die gesellschaftliche Mehrheit wäre dafür da. Und was wir brauchen ist, das man sich den Fragen der Zukunft stellt und nicht neue Waffen anschafft, die immer nur weitere Kriege bedeuten werden.

Und das wird nämlich dann so sein, brutal formuliert. Diesmal ist es Russland. Wer ist es nächste Mal? Und ich habe vorher beschrieben, die NATO ist nicht so harmlos, wie viele jetzt tun, die NATO ist und bleibt ein Kriegsführungsbündnis und es gibt NATO-Staaten wie die Türkei, die heute völkerrechtswidrig im Nachbarland einmarschiert sind. Und was uns im Bundestag immer verkauft wurde, als das „Bündnis der Demokratie“, ich kann nur sagen, wer solche Menschen wie Erdogan schützt, der zeigt sein wahres Gesicht, weil das was dort stattfindet, sind brutale Kriege ebenfalls! 

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Wir brauchen jetzt ein Ende dieses Krieges. Und wir brauchen eine Bewegung gegen Aufrüstung hierzulande. Und ich glaube mit dem Motto: Gegen Krieg, gegen Aufrüstung, verweigert Euch ist das ganze auf den Punkt gebracht.

Vielen Dank!

 

Tobias Pflüger ist im Vorstand der Informationsstelle Militarisierung (IMI), Tübingen.