Redebeitrag für den Ostermarsch Münster am 16. April 2022

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich freue mich, dass ich heute als Vorstandsmitglied des BBU, des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz, zu Euch sprechen darf.

Ich komme aus Gronau und wohne in der Nähe der bundesweit einzigen Urananreicherungsanlage. Gestern fand in Gronau ein Ostermarsch in Form einer Fahrraddemonstration zu dieser umstrittenen Uranfabrik statt. Bei der Abschlusskundgebung beteiligten sich rund 200 Personen.

Die Gronauer Uranfabrik, für die es bisher keine Laufzeitbegrenzung gibt, wird vom Urenco-Konzern betrieben, an dem auch RWE und EON beteiligt sind. Zeitgleich mit unserem Ostermarsch fand in Jülich bei der Urenco-Tochterfirma ETC eine Mahnwache statt. Die Aktionen in Gronau und Jülich richteten sich aus aktuellem Anlass gegen den Angriff Russlands auf die Ukraine. Gleichzeitig wurde verdeutlicht, dass in der Gronauer Uranfabrik nach Umbauarbeiten Uran für Atomwaffen angereichert werden könnte. Das Zentrifugenverfahren, das in Gronau zum Einsatz kommt und in Jülich erforscht und entwickelt wird, kommt auch bei der international kritisierten Urananreicherung im Iran zum Einsatz.

Bei der Kundgebung in Gronau kam auch Vladimir Slivyak von der russischen Umweltorganisation Ecodefense zu Wort. Er sagte, „wir müssen nicht nur einen Krieg in der Ukraine verhindern, sondern auch alle möglichen Schritte unternehmen, um einen größeren Krieg in Europa zu vermeiden. Dazu ist es notwendig, dem russischen Regime alle verfügbaren Ressourcen zu entziehen. Ein Krieg ohne Geld ist unmöglich.“ Vladimir forderte „ein vollständiges Embargo für die Einfuhr russischer Brennstoffe, insbesondere von Kernbrennstoffen. Kein Geld mehr für Putin, kein Geld mehr für den Krieg!“ – so seine Worte.

In der Vergangenheit wurde häufig Uranmüll aus Gronau nach Russland verbracht. Der Atommüll wurde dazu mit Sonderzügen von Gronau nach Rotterdam und Amsterdam geliefert und wurde dann mit Schiffen weiter transportiert. Dabei durchquerten die hochgefährlichen Sonderzüge auch das Münsterland und passierten auch Münster. Immer wieder wurde dagegen demonstriert. In Gronau, in Münster und auch in anderen Städten.

Die Proteste gegen die Urananreicherungsanlage müssen fortgesetzt und verstärkt werden. Die ganze Anlage muss aus umwelt- und friedenspolitischen Gründen gestoppt werden. Frühere NRW-Landesregierungen haben seit den 80er Jahren immer wieder Genehmigungen zum Bau und zur Erweiterung der Anlage erteilt. Rein rechtlich betrachtet kann die Landesregierung die bestehenden Genehmigungen auch wieder aufheben. Der politische Wille muss nur vorhanden sein. Bei der jetzigen Landesregierung ist der Wille dazu nicht vorhanden. Ob es nach der Landtagswahl eine Landesregierung geben wird, die sich für die Stilllegung der Gronauer Uranfabrik einsetzen wird, wird man sehen. Auf jeden Fall wird weiterhin Druck auf jegliche Landesregierung nötig sein, um die Stilllegung des Gronauer Uranmonsters zu erreichen.

Und es wird weiterhin Druck nötig sein, damit es bei uns zu keinem Comeback der Atomenergie kommt. Die noch laufenden drei Atomkraftwerke müssen wie geplant Ende des Jahres stillgelegt werden – und am besten schon sofort. Eine Atomkatastrophe im AKW Lingen 2 hätte auch schreckliche Auswirkungen auf Münster und das ganze Münsterland. Und relativ wenig bekannt ist, dass in Lingen eine Fabrik steht, in der Brennstäbe für Atomkraftwerke in aller Welt produzier t werden. Ebenso wie für die Gronauer Uranfabrik gibt es für die Brennelementefabrik in Lingen keine Laufzeitbegrenzung. Auch diese Anlage muss gestoppt werden.

Stoppen müssen wir auch die AKW-Neubaupläne in der europäischen Nachbarschaft. So wollen zum Beispiel die Niederlande zwei neue Atomkraftwerke bauen. Ein Atomunfall in den Niederlanden hätte bei Westwind verheerende Auswirkungen auch auf NRW und Niedersachsen.

Bei den AKW-Neubauplänen kommt immer das irre Klimaschutzargument auf den Tisch. Aber die Behauptung, dass mit Atomkraftwerken Klimaschutz betrieben werden kann, ist eine Farce.

In einer Stellungnahme des Münchener Umweltinstituts entlarvt diese Farce: „Derzeit beträgt der Anteil von Atomkraft am weltweiten Energieverbrauch weniger als zwei Prozent. In der Stromproduktion sind es etwa zehn Prozent. Mit etwas über 400 Meilern stagniert die Zahl der betriebenen Atomkraftwerke weltweit. Der Bestand ist zudem stark überaltert. Die meisten Atomkraftwerke erreichen demnächst das Ende der geplanten Laufzeit von etwa 40 Jahren. Weltweit werden aber nur wenige Atomkraftwerke neu gebaut. Das liegt nicht nur an öffentlichem Protest aus Sorge um Reaktorkatastrophen. Atomkraft ist schlicht zu teuer, das finanzielle Risiko ist zu hoch. Wegen der langen Planungs- und Bauzeit von im Schnitt deutlich über zehn Jahren ist ein Rückgang der nuklearen Stromproduktion absehbar.

Die Klimakrise wartet aber nicht auf die Atomenergie. Das ist auch nicht nötig, denn es gibt schon heute genug Ansätze, die Klimakrise zu stoppen. Kluges und konsequentes Einsparen von Energie in den Bereichen Elektrizität, Wärme und Mobilität gehört dazu, Energieeffizienzprogramme, sowie mehr Energieerzeugung aus Wind, Wasser und Sonne. Mit weltweit 25 Prozent im Strommix haben die Erneuerbaren die Atomenergie ohnehin längst überholt. Solar- und Windenergie verzeichnen jährlich steigende Wachstumsraten. Die Erneuerbaren haben nicht nur eine deutlich bessere Ökobilanz als Atomkraft, sie sind auch wesentlich kostengünstiger, schneller einsetzbar – und vor allem risikoarm. Konsequenter Klimaschutz bedeutet deswegen den Abschied von der Atomenergie.“ Soweit das Umweltinstitut München.

Friedens- und Anti-Atomkraft-Initiativen, die Umweltverbände und Fridays for Future sollten sich zukünftig noch stärker als bisher gemeinsam gegen Militarismus und Atomanlagen, für den Frieden und für eine nachhaltige Energieversorgung einsetzen. Es ist nicht immer einfach, neue Aktionsbündnisse aus verschiedenen Bewegungen zu schmieden, aber es ist unverzichtbar. Gerade im Münster- und Emsland gibt es genug Projekte für gemeinsame Aktionen. Atomanlagen aber auch Militäreinrichtungen wie etwa das Bombenabwurf-Testgelände Nordhorn-Range im Landkreis Grafschaft Bentheim.

Unterstützen wir gemeinsam in diesem Jahr und in den Folgejahren die Ostermärsche, zum Beispiel noch am Montag in Dülmen, und die Aktionen zum Antikriegstag. Unterstützen wir das RWE-Tribunal am nächsten Wochenende in Düsseldorf und rund um den 26. April die dezentralen Aktionen zum 36. Jahrestag der Atomkatastrophe in Tschernobyl. Und lasst uns gemeinsam die folgenden Aktionen von Fridays for Future unterstützen.

Wichtige Termine werden u. a. auf der Homepage des BBU veröffentlicht: https://bbu-online.de. Und wir freuen uns über ergänzende Terminhinweise, gerade auch aus Münster und dem Münstelrand.

Ich ende mit dem Motto des diesjährigen Ostermarsches in Gronau: „Energiewende und Frieden statt Urananreicherung und Krieg“

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.

 

Udo Buchholz ist Vorstandsmitglied des BBU.