Redebeitrag für den Ostermarsch in Wattenscheid am 9. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

"Dulce&decorum est, pro patria mori" - "Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben!" Dieser abgrundtief dumme und zutiefst zynische Satz ist uns aus dem römischen Reich erhalten geblieben. Bis heute wird das Konstrukt "Vaterland" dazu genutzt, Menschen gegen Menschen zu hetzen! Bis heute werden mittels patriotischer und nationalistischer Phrasen Menschen betrunken gemacht, um an ihren Mitmenschen entsetzliche Gräuel zu begehen. Während Putins Propaganda einen Kreuzzug gegen den Faschismus ausruft, schwadroniert Selenskiy von einer "Faust aus Panzern." "Süß und ehrenvoll ist es für das Vaterland zu sterben!" Es war nichts süßes und ehrenvolles daran, als eine Granate meinem Urgroßvater im Ersten Weltkrieg den halben Unterleib wegriss. Wenigstens hatte er vor seinem frühen Ende noch die richtigen Leute getroffen und daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen. Bei seinem letzten Heimaturlaub sagte er zu seiner Frau:"Ich dachte, ich kämpfe für euch, aber ich kämpfe für den Kapitalismus!" Jahrzehnte später stand ich in Nordfrankreich am Grab meines Großvaters, der bei der Invasion der Alliierten sein Leben lassen musste. Ich war damals 27, nur unwesentlich jünger als mein Großvater, der seinen 32igsten Geburtstag nicht mehr erleben durfte. Er war einer der ältesten, die dort auf diesem Soldatenfriedhof begraben lagen: 21,19,17 Jahre alt waren die jungen Männer, die für ein verbrecherisches Regime ihr Leben hingegeben hatten. Daran war nichts süßes und ehrenvolles! Nichts süßes und ehrenvolles war an einem Angriffskrieg, mit dem Deutschland die Welt überzogen hatte, bei dem die Einsatztruppen hinter den Fronten das schlimmste Verbrechen der Menschheitsgeschichte begingen: Den Holocaust. Das Wort vom "Krieg als Vater aller Dinge" wird Heraklit zugeschrieben: Ja, der Krieg ist der Vater aller Dinge, aller schlimmen Dinge:Mord, Vertreibung,Raub, sexualisierte Gewalt,Verstümmelung,Seuchen,Zerstörung materieller und immaterieller Güter,sowie grausame Schädigung der Natur! Dies alles war denkenden Menschen bereits in der Reconnaissance-Zeit bekannt: Nicht umsonst gesellte Albrecht Dürer in seinem berühmten Stich "Ritter,Tod und Teufel" dem geharnischten Krieger den Sensenmann und den Satan hinzu. Das immer mehr und immer schwerere Waffen zu noch mehr Leid aller am Kriege beteiligten führen, sollte mittlerweile jedem klar sein. Auch den deutschen Scharfmachern Strack-Zimmermann, Kiesewetter, Baerbock und co. Während das Schlachten in der Ukraine weitergeht, sind andere Kriege aus unserem Fokus geraten: Wer redet noch über den Jemen? Das Bombardement syrischer Gebiete durch die israelische Luftwaffe, von Israel als Antiterror- Kampf bezeichnet, war dem Fernsehsender "Welt" gerade mal eine kleine Schlagzeile auf dem Ticker wert. Und in einem anderen Land herrscht seit über 40 Jahren Krieg: Im Iran führt das klerikal-faschistische Regime seit 1979 einen Krieg gegen die eigene Zivilbevölkerung.Groß war die Solidarität in Deutschland mit den mutigen Frauen, Mädchen und auch Männern, die überall im Iran für ihre Menschenrechte auf die Straße gingen und dabei ihr Leben riskierten. Davon ist leider nicht viel übrig geblieben! Ihre "feministische Außenpolitik, Frau Baerbock, ist nur eine leere Worthülse, wenn sie keine Konsequenzen zeitigt und nicht endlich strenge Sanktionen gegen den Iran erlassen werden! Stattdessen konzentriert sich die deutsche Außenpolitik darauf, dem Drängen Kiews nach immer schwereren, immer tödlicheren Waffen nachzugeben, was das unmenschliche Schlachten in der Ukraine nur verlängern wird. Einzig eine diplomatische Lösung ist möglich, auch angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China. Keiner kann eine Ausweitung dieses Krieges zu einem Weltkrieg, ja zu einem Atomkrieg, ernstlich wollen, zumal dieser große Teile der Weltbevölkerung auslöschen würde. Hinsichtlich der Bedrohung durch die Atombombe wurde Albert Einstein in den 1950iger Jahren von einem US-Journalisten gefragt "Mr. Einstein, mit welchen Waffen wird der Dritte Weltkrieg geführt werden?" Darauf antwortete Einstein: "Das weiß ich nicht. Ich weiß aber mit welchen Waffen der Vierte Weltkrieg geführt werden wird: Mit Speeren und Steinschleudern!" Die Welt ist mehrfach ihrer kompletten Auslöschung durch Nuklearwaffen entgangen. Wir wären alle nicht mehr hier, ohne einen mutigen Mann, dessen Namen nur wenige kennen. Dieser Oberst Petrow missachtete seine Befehle, als er als Chef der sowjetischen Luftabwehr im Jahre 1983 einen vermeintlichen US amerikanischen nuklearen Erstschlag als Fehlalarm einstuft und rettete damit unser aller Leben. Angesichts einer drohenden Ausweitung des Ukraine-Krieges erscheint uns das berühmte Zitat des preußischen Generals von Clausewitz: "Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" wie blanker Hohn. Nein, der Krieg ist lediglich das komplette Versagen der Politik! Das Verhandlungen von Erfolg gekrönt sein können, davon zeugt zum Beispiel der historische Verhandlungsfrieden von Camp David im Jahre 1978, der Israel und Ägypten einen bis heute andauernden Frieden brachte. Ich begann meine Rede mit einem der schlimmsten kriegsverherrlichenden Sprüche der Menschheitsgeschichte, nun möchte ich auf jene klugen Frauen und Männer kommen, die schon früher erkannt haben, dass Krieg die Wurzel allen Übels ist. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg schrieb die Mutter der Friedensbewegung, Bertha von Suttner, unter dem Eindruck der schrecklichen Verheerungen, die Dynamit auf den Schlachtfeldern Europas anrichtete, ihren bahnbrechenden Roman "Die Waffen nieder!" "Krieg dem Kriege" heißt sowohl ein Gedicht von Kurt Tucholsky als auch ein Buch von Ernst Friedrich; beide entstanden als Folge des schrecklichen Schlachtens von 1914 bis 1918. Dies sind nur wenige der Quellen, aus denen wir Friedensbewegte auf der ganzen Welt schöpfen können.
Setzen wir die Regierenden auf der Welt unter Druck, die Kriege dieser Welt friedlich zu beenden. Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!

 

Christoph Nitsch