Redebeitrag für den Ostermarsch in Schwerin am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Ich begrüße Euch ganz herzlich und bedanke mich bei den Organisatoren für die Einladung zu diesem Redebeitrag. Vielen Dank Euch auch allen, die Ihr bei dem kühlen und nasskalten Wetter hierher gekommen seid.

Albert Einstein hat uns immer wieder gewarnt: "Entweder schaffen wir die Atombombe ab oder sie schafft uns als Menschheit ab" Als Wissenschaftler und Philosoph hat er mal auf die Entwicklung und Bau dieser sogenannten"Wunderwaffe" in sogenannte"guten" Händen gesetzt, um den deutschen Aggressor zu stoppen und das NS-Regime in die Knie zu zwingen. Später hat er seine Ansicht angesichts des unermeßlichen Leids, was diese Bombe in Hiroshima und Nagasaki sinnlos angerichtet hat, revidiert und ist zum glühenden Pazifisten und Atomwaffengegner geworden. Ach,wenn doch unsere Regierung, die heute auf Kriegskurs und militärischer Aufrüstung, einschließlich der atomaren, gebürstet ist, angesichts der zunehmenden Zerstörung der Ukraine und dem unermesslichen humanitären Leids selbstkritisch zur Umkehr gezwungen werden könnte, und sie ihre Fehler durch eine friedenslogische Politik korrigieren würde!!! Das Beispiel Einsteins sollte doch Orientierung sein. In unseren modernen , höchst verletzlichen Gesellschaften, sind Kriege und Kriegsführen obsolet. Sie zerstören mehr, als sie verteidigen und bewahren können , egal ob es ein Angriffskrieg oder militärischer Verteidigungskrieg ist.Es gibt keine gerechten Kriege und die Zivilbevölkerung wird zum Spielball und zum Leidtragenden, nicht nur die gegenwärtige, sondern auch als die zukünftige Generationen. Als unterschiedslos zerstörende Kriegsmaschinerie ist sie obendrein völkerrechtswidrig. Als Mediziner kann ich Kriege nur als eine der schlimmsten Krankheiten bezeichnen, deren Folgen lassen sich nicht in einer Generation heilen. Am heimtückischsten sind die unsichtbaren sozialen, seelischen und geistigen Folgen , die weitere neue Gewalt nach sich ziehen werden. Deshalb gibt es nur ein Rezept: Krieg präventiv zu verhüten und jede militärische Gewalt mit allen Mitteln wie eine Seuche einzuhegen. Jeder Kriegstag ist einer zuviel. Damit wird er zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die blutigen Spuren von Kriegen, befeuert und unterhalten fast immer durch Kriegswaffenexporte, hinterlassen blutige Spuren und eine Zerstörung ganzer Gesellschaften. Wir können es heute noch auf dem Balkan, in Afghanistan,Irak, Libyen, Mali, Kongo und neuerdings auch in der Ukraine studieren. Wird er als atomaren Krieg weiter eskaliert, zerstört er für immer die Lebensgrundlagen unseres gesamten Planeten. Als Friedensbewegung wird uns Naivität, und illusorische Träumerei, bestenfalls als ideale Spinnerei vorgeworfen. Bleiben wir standhaft und pochen auf das Friedensgebot des Grundgesetzes. Alles andere ist verfassungswidrig. Und wir haben als Zivilgesellschaft Alternativen und die fangen an mit der Forderung:Waffenstillstand jetzt. Das setzt Verhandlungen voraus. "Mit Putin läßt sich nicht verhandeln" ist das Mantra, was uns gebetsmühlenhaft entgegengeschleudert wird, ohne den Beweis dafür zu erbringen. Man spricht ja nicht mehr miteinander. Die realen und realistischen Punkte, über die verhandelt und man sich einig werden könnte, wurden schon voreinemJahr in Istanbul von den beiden umittelbar beteiligten kriegsführenden Staaten festgelegt, ehe sie dann im Feuer von immer härteren militärischen Auseinandersetzungen verbrannt wurden. Dadurch ist es noch schwerer geworden, die gegenseitige Eskalation mit immer zerstörerischen Waffen zu stoppen und die Katastrophe aufzuhalten. Die von uns in der Friedensbewegung entwickelten Alternativkonzepte der nicht militärischen Konfliktlösungen, einschließlich der Diplomatie, der Verhandlungen, des Aufbaus sozialer, nicht mit militärischen Mittel durchgeführte Verteidigung -sie muss genauso eingeübt werden wie die militärische Verteidigung -, gehen angesichts von
Kriegsgreuel, medialen Kriegsgeschrei und weiterer verhärterter Fronten unter. Sind sie deswegen obsolet, überflüssig, naiv? Wissenschaftler und Historiker wie z.B. Frau Chennoweth haben uns doch eindrücklich in ihren Studien gezeigt, dass nicht militärische, waffenlos organisierte Aufstände und Konflikte in der Bewahrung von zivilen Opfern, in der Weiterentwicklung und Wiederaufbau von Gesellschaften und letztlich in ihren Zielen der Befreiung von Aggressoren und Gewalt, also in der Erreichung eines nachhaltigeren und erfolgreicheren Friedenszustand näher gekommen sind als militärische Auseinandersetzung mit Waffen. Ich erinnere nur an den Satz von Willy Brandt: Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist nichts. Warum treten wir nicht den Kriegsherren selbstbewußter mit unseren alternativen Konzepten gegenüber und fallen ihnen bis hin zum zivilen Ungehorsam in den Arm? Warum machen wir uns selbst so ohnmächtig, handlungsunfähig, lassen uns spalten und verunsichern? Es war die weltweite Zivilgesellschaft, die den Atomwaffenverbotsvertrag auf den Weg gebracht hat, um die
Menschheit endlich aus der atomaren Geiselhaft von 9 Staaten und ihren willigen Vasallen zu befreien. Fast die Hälfte aller Staatenhaben dieses Geschenk an die Menschheit aufgegriffen und diesen Vertrag unterschrieben. Er ist ein wirksames Instrument, um der rasant ansteigenden Gefahr eines atomaren Schlagaustausches,-Atomwissenschaftler und Experten haben mit ihrer Doomsday Uhr die Menschheit noch nie so nahe am Abgrund einer atomaren Selbstzerstörung seit dem 2. Weltkrieg gesehen wie heute- ein für alle Mal zu begegnen. Setzen wir ihn auch hier bei uns in Deutschland durch und scheuen nicht den Konflikt mit unserer eigenen Regierung und ihren mächtigen Medien. Verbinden wir uns mit den vernünftigen Kräften und proben als Zivilgesellschaft den Aufstand, uns endlich aus dieser atomaren Geiselhaft zu befreien.
Frieden wird uns nicht geschenkt, sondern muss erkämpft werden, jeder, der nur einen Schritt weiter tut als bisher trägt zum Erfolg bei. Beharren wir darauf und treten dafür ein: Für einen Waffenstillstand in der Ukraine jetzt und heute- Gespräche und Verhandlungen sind immer möglich, so festgefahren sie auch scheinen mögen. "Lieber 100 Stunden erfolglos zu verhandeln ist besser als eine Stunde zu schießen." hat ein deutscher Bundeskanzler festgestellt - warum erinnern wir die verantwortlichen Entscheidungsträger an diese weise Erkenntnis nicht?
Für den Ausstieg aus der atomaren Teilhabe, weil diese völkerrechtswidrig ist und uns an den Rand der Vernichtung führt- warum wird da nicht als realistisches Angebot in Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen mit eingeführt? Für den Stopp aller Waffenlieferungen und Aufrüstungen, weil wir angesichts des Klimawandels und der daraus resultierenden planetarischen Krisen es uns nicht mehr leisten können, unsere Ressourcen in militärische Hochrüstung zu vergeuden und damit die Spaltungen innerhalb und zwischen den Völkern nur verstärken. Das 100 Milliarden Aufrüstungsprogramm und die dauerhafte Erhöhung des
Militäretats der Bundesregierung sind angesichts der vielen miteinander verbundenen Krisen ein Skandal. Für gemeinsame zivilgesellschaftliche Anstrengungen über alle Front- und Konfliktlinien hinweg zum Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter hin zu einer nachhaltigen und gerechten Kreislaufwirtschaft, die zum Ziel einer gerechten Verteilung und Überwindung der existenzbedrohenden Armut hat. Darüber sollte konstruktiv verhandelt werden.
Auch wenn Ideen und Wege dahin divergente Blickwinkel und Einschätzungen erfordern, lassen wir uns nicht verhärtende ideologische Scheuklappen anlegen, sondern suchen die Zusammenarbeit, den Austausch, den Dialog und die Kooperation, auch mit der russischen, chinesischen , nordkoreanischen Zivilgesellschaften und den Dialog über alle Frontlinien, auch über die eigenen innergesellschaftlichen, hinweg von unten , von der Basis, auch gegen den Willen und den Absichten der Herrschenden. Lasst uns eine Koalition der Friedens-Willigen schmieden, die zum Ziel die Verhinderung eines dritten Weltkrieges und der Bewahrung und Rettung unseres Planten hat. Durch wen, wenn nicht durch uns, kann dieses bewerkstelligt werden?!Tragen wir diese hoffnungsvolle Überzeugung als Minderheit zuversichtlich in unsere Mehrheitsgesellschaft hinein, aber auch über die Grenzen unserer Gesellschaft hinaus und suchen Verbündete jenseits aller Konfliktlinien und Kriegsfronten. Wir werden sehen, dass wir die Mehrheit gewinnen können.
Ich danke Euch für das geduldige Zuhöre

 

Ernst-Ludwig Iskenius.