Redebeitrag für den Ostermarsch in Bremen am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Herzlich willkommen zur Kundgebung des Bremer Ostermarsches 2023. Ich bin Barbara Heller vom Bremer Friedensforum.

Als erstes gebe ich die wichtigsten Auflagen des Ordnungsamtes bekannt. Zugänge zu Gebäuden müssen frei bleiben, ebenso der Bürgerschaftsvorplatz und der Zugang zum Schütting, es dürfen keine Plakate an Fahnenmasten gehängt werden. Polizeilichen Ansagen ist Folge zu leisten.

Als Zweites weise ich auf die Auflagen hin, die wir als Veranstalter machen, auf die wir auch in unserem Ostermarschflyer hinweisen.

  1. Nationalfahnen sind nicht erwünscht!
  2. Unsere politische Arbeit verfolgt das Ziel, menschenverachtende Ideologien wie Militarismus, Faschismus und Rassismus zurückzudrängen. Aussagen, die diesem Ziel widersprechen, wollen wir hier nicht haben.

Im Vorfeld des Ostermarsches hat es massive Versuche gegeben, das Bremer Friedensforum zu diffamieren. Wir wehren uns entschieden gegen alle Angriffe auf uns, die unterstellen, dass wir rechts oder „rechtsoffen“ seien. Wir betrachten das als Versuch, die Kräfte, die sich gegen Krieg und Aufrüstung stellen, zu schwächen, bzw. mundtot zu machen. Das Bremer Friedensforum ist vor mehr als 40 Jahren auch von Verfolgten des Naziregimes gegründet worden. Die Losung: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ gehört zu unseren programmatischen Grundsätzen.

„Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ heißt für uns, deutlich zu machen, dass die AfD niemals eine Friedenspartei sein kann. Die AfD ist für die Aufrüstung der Bundeswehr, sie ist für die NATO, sie stimmt im Bundestag für Auslandseinsätze der Bundeswehr. In keiner anderen Partei haben so viele Offiziere und Rüstungslobbyisten ihre politische Heimat. Die AfD verharmlost den Zweiten Weltkrieg und die Verbrechen der Nazi-Wehrmacht. Sie schürt den Hass gegen Menschen, die aus ihren Heimatländern fliehen müssen, u.a. auch deshalb, weil die reichen Staaten ihre Länder zerstören. Wenn die AfD mit Friedenstauben auftritt, versucht sie, die kriegskritische Stimmung in der Bevölkerung für sich zu nutzen. Wir halten dagegen mit Information und Aufklärung.

Aus welcher Richtung kommt die Schmutzkampagne gegen die Friedensbewegung nicht nur in Bremen, sondern in vielen Städten der BRD? Es beteiligen sich alle Parteien, die die deutsche Eskalationspolitik unterstützen. Besonders tun sich dabei die Grünen hervor, die laut Meinungsumfragen am meisten bellizistische Partei im Bundestag. Leider reiht sich auch die PdL immer mehr in diese Phalanx ein.  In Bremen distanziert sich die Spitze der Partei die Linke vom Bremer Ostermarsch. Zum Glück gibt es auch noch andere Kräfte in der Partei die Linke in Bremen. Wir arbeiten solidarisch zusammen mit dem Arbeitskreis „Antimilitarismus“ der PdL Links der Weser und freuen uns über deren Teilnahme am Ostermarsch. Zur Distanzierung der Parteispitze vom Bremer Ostermarsch schrieb uns ein Friedensfreund: „Diese Partei hat fertig.“ 

Die Leute, die uns angreifen sind die, die befürworten, dass in Bremen, bei Rheinmetall, Teile des Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeugs F 35 gebaut werden sollen. Der F 35 sei das fortschrittlichste Kampfflugzeug der Welt, freut sich die Bundeswehr. Welche Vorstellungen von Fortschritt sind das? Ein SPD-Bürgerschaftsabgeordneter träumt schon von der „nuklearen Teilhabe Bremens“. Ein Alptraum für uns. Alle diese Kräfte, die sich an den Kampagnen gegen die Friedensbewegung beteiligen, haben das Ziel, Ruhe an der Heimatfront zu schaffen, sie stehen Gewehr bei Fuß. Sie sind Teil des Kriegskurses der Bundesregierung!

Woher kommt die bedingungslose militärische Unterstützung der ukrainischen Regierung, woher der Hass auf Russland bei all‘ den Leuten, die niemals solidarisch mit den Opfern der völkerrechtswidrigen Kriege gegen Jugoslawien, gegen den Irak, gegen Afghanistan, usw. usf. waren? Zu diesen Kriegsverbrechen haben sie geschwiegen und schweigen weiter.

Wir vom Bremer Friedensforum verurteilen den Einmarsch Russlands in die Ukraine. Wir fordern ein Ende der Waffenlieferungen und der permanenten Eskalation des Krieges. Wir fordern Diplomaten statt Granaten! Wir fordern Unterstützung aller Vermittlungs- und Verhandlungsvorschläge, damit das Töten endet. Wir warnen vor der Gefahr des Dritten Weltkrieges.

Wir fordern: Alle Kriege beenden! Alle!

Für die Friedensbewegung in der BRD ist der Ostermarsch traditionell von großer Bedeutung.

Rund um Ostern 2023 haben mehr als 120 Initiativen Friedens-Aktionen angekündigt.

 

In den letzten Wochen hat es einige ermutigende öffentliche Manifestationen für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen in der Ukraine gegeben. Das von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer initiierte „Manifest für Frieden“ haben in kurzer Zeit fast 800 000 Menschen unterzeichnet.

Vor wenigen Tagen veröffentlichte die Initiative „Frieden schaffen! Waffenstillstand und gemeinsame Sicherheit jetzt!“ einen Aufruf, der maßgeblich von sozialdemokratischen Politikern initiiert wurde, darunter der Sohn von Willy Brandt, Peter Brandt, der im Sommer 2021, am 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die SU, in Bremen bei einer Veranstaltung des Vereins Deutsch-Russische Friedenstage sprach. Mitinitiator ist Michael Müller, Bundesvorsitzender der Naturfreunde, der zum Ostermarsch 2021 in Bremen war. Prominente Unterzeichner und Unterzeichnerinnen sind u.a. Hertha Däubler-Gmelin, Hans Eichel, Günther Verheugen, Wolfgang Thierse, Norbert Walter-Borjans und Margot Käßmann. Bemerkenswert ist die große Anzahl von ehemaligen Gewerkschaftsfunktionären, der letzte DGB Vorsitzende Reiner Hoffmann ist Mitinitiator. Als Ehemalige haben unterschrieben: Annelie Buntenbach vom DGB, aus der IG-Metall Steinkühler, Zwickel, Schmitthenner, Peters. Aus dem aktuellen geschäftsführenden Vorstand der IG-Metall haben die Kollegen Lemb und Urban unterschrieben. Ferner haben ehemalige Vorsitzende der GEW, der früheren IG-Medien, der IG BCE, und der IG-Bau unterschrieben.

Peter Sörgel, langjähriger Betriebsratsvorsitzender der Stahlwerke und Bürgerschaftsabgeordneter der SPD, schrieb uns zu diesem Appell: „Heute steht die Wirtschaft vor einem gewaltigen Umbau, der Hunderte Milliarden Euro verschlingen wird. Dabei ist auch die Stahlindustrie, die die Weichen für eine wasserstoffbasierte Stahlproduktion gestellt hat. Diese gigantischen Vorhaben können nur in einem friedlichen Europa gelingen. Wer, wenn nicht die Gewerkschaften, können glaubhaft Frieden fordern! Deshalb ist es richtig, dass Metaller von damals und heute sofortige Friedensverhandlungen verlangen, um den Krieg in der Ukraine zu stoppen.“

Wir hoffen sehr, dass sich auch in Bremen Gewerkschafterinnen diesem Appell anschließen werden. Oder hat die bisherige Zurückhaltung etwas mit dem Rüstungsstandort Bremen zu tun?

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Die Friedensmanifestationen in verschiedenen europäischen Ländern, am eindrucksvollsten in Italien, sehen wir als Ermutigung und Vorbild. Auch in den USA gibt es eine lebendige Friedensbewegung. Anlässlich des 20. Jahrestages des Beginns des Irak-Krieges – ein völkerrechtswidriger Krieg, der mit Lügen begründet wurde – hat es im März in vielen Orten der USA Friedens- und Antikriegsdemonstrationen gegeben. Übrigens: wer fordert, dass Putin vor ein Kriegsgericht gestellt wird, sollte doch mal mit Bush und Blair vormachen, wie das geht. Aufgerufen zu den Antikriegsaktionen haben mehr als 100 Organisationen, darunter Code pink, Black lifes matter und verschiedene Veteranenverbände. Ihre Losungen waren super und sprechen mir aus dem Herzen: Peace in Ukraine - No weapons, no money for Ukraine War! Abolish NATO – End U.S. militarism & sanctions! No War with China! Fund people‘s need, not the war machine (Geld für die Bedürfnisse der Menschen, nicht für den Bedarf der Kriegsmaschine). Angesichts von 40 Millionen Bedürftigen, die in den USA auf Suppenküchen angewiesen sind, ist die zuletzt genannte Forderung doch mehr als nachvollziehbar.

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Bevor unser Gastredner, Eugen Drewermann spricht und wir mit einem kulturellen Beitrag von Manni Laudenbach unsere Kundgebung beenden, noch ein paar Hinweise.

  1. Friedensarbeit kostet Geld. Annemarie Hildebrandt geht mit einer Spendendose rum. Hier vorne können auch noch Spenden abgegeben werden.
  2. Nach dem Ostermarsch ist vor den nächsten Aktivitäten. Drei will ich nennen, für alles weitere verweise ich auf die Webseite des Bremer Friedensforums.

- Am 28./29. April findet in Bremen eine international besetzte Konferenz der Kooperation für den Frieden statt. Zur Kooperation für den Frieden gehören mehr als 50 Friedensorganisationen in der BRD, darunter so bekannte wie die IPPNW, die DFG/VK und das Bremer Friedensforum. Der Konferenztitel lautet: Unsere Sicherheit geht nur gemeinsam, Ukraine, Russland, Europa in einer multipolaren Welt.

Flyer dazu werden verteilt. Wer Interesse hat, soll sich bitte anmelden.

  • Das norddeutsche Bündnis der Friedensbewegung ruft auf, am 13.Mai 2023 um 13.00 Uhr in Munster in der Lüneburger Heide für Frieden und Abrüstung zu demonstrieren.

Munster ist der größte Bundeswehr-Heeresstandort und hat eine ganze Reihe von Kasernen und eine Panzertruppenschule, wo auch ukrainische Soldaten am Panzer Leopard und anderem mörderischen Gerät ausgebildet werden. Es gibt dort ein Wehrwissenschaftliches Institut,  Militärkirchengemeinden, ein Panzermuseum und ein Denkmal für "Lili Marleen".

Munster liegt mitten in der am stärksten militarisierten Region Deutschlands - zwischen Hamburg - Bremen - Hannover. Nicht weit entfernt baut in Unterlüß Rheinmetall die neueste Panzerwaffe.

Militärische Verbrechensgeschichte ist hier sichtbar u.a. durch 3 Friedhöfe für fast 60.000 ermordete Rotarmisten und die steinernen Zeugen und Gräber von Zwangsarbeitenden mehrerer Rüstungsbetriebe.

Es ist an der Zeit, diese wichtige Militärregion bekannt zu machen und mitten in Munster gegen Militarismus, Aufrüstung und Krieg zu protestieren. Kommt Samstag 13. Mai nach Munster. Los gehts um 13 Uhr am Bahnhof Munster.

  •  Als drittes verweise ich noch auf die wöchentliche Mahnwache für Frieden und Abrüstung. Jeden Donnerstag von 17.00 – 18.00 hier, auf dem Bremer Marktplatz.

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Jetzt spricht Eugen Drewermann, Theologe, Psychoanalytiker und Schriftsteller. Ich bin sehr froh, dass Eugen Drewermann für den Ostermarsch 2023 nach Bremen gekommen ist. Als ich mich vor kurzem noch einmal mit ihm über sein Kommen verständigte und ich vielleicht etwas mutlos wirkte, angesichts der aktuellen Situation, setzte er sein: „wir machen weiter“ dagegen. Dafür herzlichen Dank! Wir machen weiter, wir lassen uns nicht abbringen davon, uns für ein friedliches Zusammenleben der Menschen einzusetzen.

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Manni Laudenbach interpretiert jetzt Passagen aus dem von Wolfgang Borchert 1947 geschriebenen Prosatext SAG NEIN! In diesem als Friedensmanifest geschriebenen Werk fordert der Autor nachdrücklich dazu auf, künftige Kriege zu verweigern.

Hiermit beenden wir die Veranstaltung zum Bremer Ostermarsch 2023. 

 

Barbara Heller ist tätig beim Bremer Friedensforum.