Redebeitrag für den Ostermarsch in Sachsen-Anhalt, Haldensleben am 10. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,

ich freue mich sehr heute hier sprechen zu dürfen und danke zu Beginn gleich den Organisatorinnen und Organisatoren, die trotz des enormen politischen und medialen Gegendrucks auch dieses Jahr wieder einen Ostermarsch organisiert haben, der sich gegen jede Form von Militarismus und Kriegsbesoffenheit richtet.

Für euer Engagement und euren Mut danke ich euch!

Ich will es gleich zu Beginn sagen, bevor man hier wieder in wie auch immer gearteter Weise diffamiert wird, wir verurteile selbstverständlich (!) den Krieg in der Ukraine wie jeden anderen Krieg auch. Das ist für uns eine Selbstverständlichkeit! Wir stehen solidarisch an der Seite der Menschen in Russland und der Ukraine. Wir hier als Friedensbewegung haben und werden Krieg als politisches Mittel immer ablehnen, völlig egal von welcher Seite!

Aber liebe Freunde, worum geht es uns? Es geht uns darum das furchtbare Leid und das Sterben in der Ukraine zu beenden.

Es geht darum unsere Bundesregierung aufzufordern Russland ein Verhandlungsangebot zu machen, statt einen endlosen Abnutzungskrieg mit immer neuen Waffen zu munitionieren. Ich meine, stellt euch das mal vor, da wurden jetzt schon von der US-Regierung Verträge mit Rüstungskonzernen abgeschlossen, die Ukraine über viele Jahre mit schweren Waffen zu beliefern. Die Kriegsmaschinerie soll für viele Jahre am Leben gehalten werden. Was ist das für eine wahnsinnige, zynische Politik? Und genau diejenigen stellen sich dann noch hin und reden von Solidarität mit der Ukraine? Das ist keine Solidarität, sondern das Gegenteil dessen.

Denn Solidarität wäre alles dafür zu tun, dass das Sterben in der Ukraine aufhört. Solidarität wäre es, sich gegen den Krieg und für den Frieden einzusetzen und dafür braucht man keine Panzer, dafür braucht man Diplomatie, Verhandlungen und Kompromissbereitschaft.

Und selbstverständlich richtet sich dieser Appell auch an den russischen Präsidenten, natürlich muss auch Putin bereit sein zu Verhandlungen und Kompromissen; die Ukraine darf kein russisches Protektorat werden und es wäre jeden Tag aufs Neue wünschenswert, wenn Russland seine Truppen aus dem Gebieten die es völkerrechtswidrig besetzt, abzieht; aber bleiben wir realistisch, das wird so schnell leider nicht passieren. Es braucht jetzt einen voraussetzungsfreien Waffenstillstand und Friedensverhandlungen.

Aber nach allen Berichten, die wir über die Friedensverhandlungen im Frühjahr 2022 haben, wo sich u.a. der damalige israelische Ministerpräsident Bennett und die türkische Regierung engagiert haben, sind eben jene Friedensverhandlungen nicht an der russischen Seite gescheitert und auch das gehört zur Wahrheit, wie ich finde, dazu!

Und auch anderen Friedensinitiativen, denken wir an die des brasilianischen Präsidenten Lula oder die Chinas, wurde ja bisher nicht weiter nachgegangen, obwohl gerade China in diesem Konflikt wie kein Zweiter eine Vermittlerrolle einnehmen könnte. Stattdessen fängt man jetzt auch noch an China als Feindbild aufzubauen, um die eigene Eskalationsrhetorik zu verdecken.

Es geht also darum das Sterben in der Ukraine zu beenden, es geht aber auch um mehr. Es geht auch darum das Risiko der Ausweitung dieses Krieges auf Europa, wohl möglich auf die ganze Welt, zu bannen und es ist leider aktuell verdammt groß dieses Risiko!

Ich will nur kurz daran erinnern, dass als im letzten Jahr eine ukrainische Rakete in Polen eingeschlagen ist, wo ja erst angenommen wurde, dass dies eine russische sei. Einige Irre forderten den NATO-Bündnisfall auszurufen. Um das ganz klar zu sagen: Das wäre Weltkrieg!

Mit jedem Tag, der dieser Krieg verlängert wird und mit jeder tödlichen Waffe, die wir hinzugeben steigt das Risiko, dass der Krieg eskaliert und dass wohl möglich ein großer Krieg in ganz Europa, in der ganzen Welt entsteht.

Und dann sagt man uns, das wäre „Putin-Propaganda".

Dann frage ich mich, verbreitet der UN-Generalsekretär Guterres, der ebenfalls vor jener atomaren Eskalation warnt, etwa auch Putin- Propaganda? Verbreitet der Papst etwa „Putin-Propaganda", wenn er vor dem Weltkrieg warnt?

Wie kann man nur so Kriegsbesoffen sein, dass man diese Gefahr nicht sieht?

Und dann meinen ja einige, man müsse dieses Risiko heldenhaft hinnehmen, weil wir ja für das gute Kämpfen und auf der richtigen Seite der Geschichte stehen!

Und denen die das sagen möchte ich deutlich entgegnen: Nein, wer die Gefahr eines Weltkrieges in Kauf nimmt, steht nicht auf der richtigen Seite der Geschichte! Und wer nicht alles in seiner Macht Stehende tut, um genau jenen zu verhindern, der kämpft auch nicht für das Gute, der ist verantwortungslos!

Liebe Freunde, wir leben ja fast in orwellschen Zeiten.

Was werden uns da für Märchen erzählt? Waffen schaffen Frieden! Panzer für die Freiheit! Und der ukrainische Oligarchen-Kapitalismus, der genauso korrupt ist wie der russische, kämpft für unsere Freiheit und unsere Demokratie?
Da sage ich ganz klar Nein, wir wissen, dass Waffen Menschen töten, dass Panzer Kriege führen und dass unsere Freiheit weder dort noch am Hindukusch verteidigt wird.
Und wir wissen auch, dass es in diesem Stellvertreter-Krieg auf Kosten der unschuldigen Menschen in der Ukraine nicht um große Werte, sondern um die NATO und den Umfang von Einflusssphären geht; der russischen wie der westlichen.

Was muss man sich doch in diesem Land alles anhören, wenn man im Jahr 2023 für Frieden auf die Straße geht.
Wir haben es doch alle am 25.02. in Berlin gesehen, als Alice Schwarzer, Sahra Wagenknecht und viele weitere eine Kundgebung für den Einsatz von Diplomatie im Ukraine-Krieg initiiert haben und sich dafür in übelster Art und Weise diffamieren lassen mussten.

Oder auch vorletzte Woche, wo mutige Sozialdemokraten und Gewerkschafter ebenfalls einen stärkeren Fokus auf Verhandlungen forderten und ebenfalls sofort diffamiert und angegriffen worden!

Was wir, die auch hier für eine friedliche Konfliktlösung eintreten, sich nicht alles anhören müssen. Wir sind zynisch, ignorant, selbstgefällig wohlmöglich von Putin bezahlt oder „rechtsoffen"! Seit wann ist denn das Eintreten für Frieden rechts? Was soll denn dann links sein? Das Eintreten für Waffenlieferungen?
Ganz sicher nicht!

Leute wie unsere Außenministerin Annalena Baerbock, die über das internationale Packet stolpert und dann schnell mal „aus Versehen Russland den Krieg erklärt, erklären uns dann was von feministischer Außenpolitik? Feministische Außenpolitik, die übrigens auch überhaupt kein Problem damit hat Waffen nach Saudi-Arabien, die damit dann einen Krieg im Jemen führen können. Man könne ja nicht, wie sie selbst auf dem Grünenbundesparteitag sagte, Rüstungslieferungen gegen die Kindergrundsicherung in der Finanzierungsfrage stellen; heute wissen wir genau, dass die Waffen geliefert sind und Christian Lindner als Finanzminister die Kindergrundsicherung vor erst auf Eis gelegt hat.

Ich sage, wir müssen den Menschen, die vor Krieg fliehen helfen, aber wir müssen auch gleichzeitig unsere Bundesregierung dazu drängen, sich für ein schnellstmögliches Ende dieser Kriege einzusetzen und sich nicht von den Rüstungs- und Waffenschmieden dieser Welt immer weiter in jenen hineinziehen zu lassen.
Es braucht Verhandlungsoffensiven, so schnell wie nur möglich!

Unser Ziel bleibt: Nie wieder Krieg! und dafür sind wir hier, danke!

 

John Lucas Dittrich ist Schüler und Mitglied des Bundesausschusses der Partei DIE LINKE.