Redebeitrag für den Ostermarsch in Augsburg am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

wir verurteilen den Krieg in der Ukraine als Verbrechen an der Menschheit. Wir verurteilen diesen Krieg in gleicher Weise wie die völkerrechtswidrigen Angriffskriege westlicher Länder gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen und wie wir alle anderen Kriege verurteilen, die auf dieser Erde stattfinden.
Vor einem Jahr haben wir hier beim Ostermarsch prophezeit, dass die Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet den Krieg nicht beenden, sondern verlängern, dass der Krieg weiter eskaliert und noch mehr Menschen sterben. Jetzt, ein Jahr später, sehen wir, dass dies eingetroffen ist. Der Krieg in der Ukraine ist nicht beendet. Hunderttausende Menschen wurden getötet, große Teile der Infrastruktur der Ukraine sind zerstört. Immer schwere Waffen bis hin zu Kampfpanzern wurden geliefert und ohne den Nachschub von Munition durch die Nato wäre der Krieg in wenigen Tagen vorbei. Deutschland ist Kriegspartei, der Krieg auf dem Boden der Ukraine ist zu einem Stellvertreterkrieg zwischen Nato und Russland geworden. Die Gefahr, dass der Krieg nicht auf die Ukraine begrenzt bleibt, war noch nie so groß wie jetzt.

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
eigentlich müssten jetzt Millionen Menschen auf die Straße gehen, um für einen sofortigen Waffenstillstand und für Verhandlungen zur Beendigung des Krieges zu demonstrieren. Warum tun sie es nicht? Wenn ich mich umschaue und hier viele Bekannte sehe, die seit Jahrzehnten in der Friedensbewegung aktiv sind, dann fällt mir eine von mehreren Erklärungen ein. Wir, damit meine ich unsere Generation, hatten Eltern, die den Krieg und seine Schrecken erlebt haben. Mein Vater wurde 1939 als 17-Jähriger zum Arbeitsdienst und danach zur Wehrmacht eingezogen und kam als 26-Jähriger aus der Kriegsgefangenschaft heim. Wir wurden damit sozialisiert, welche Schrecken Krieg und Militarismus bedeuten und auch, dass die eigene Regierung zu den Verbrechern und nicht zu den sogenannten Guten gehören kann, auch wenn sie es behaupten. Die Generation unserer Kinder und Enkel wurden anders sozialisiert. Für sie ist ein Krieg keine große Bedrohung. Sie geben anderen Gefahren, wie dem Klimawandel, die zweifellos vorhanden sind, eine höhere Priorität.
Uns jedoch macht es Angst, wenn Menschen, die sich für Frieden einsetzen wieder als Lumpenpazifisten verunglimpft werden. Es macht uns Angst, wenn in den Medien nicht mehr die Frage gestellt wird, wie können Kriege verhindert werden, sondern „Kann Deutschland Krieg?“. Es mach Angst, wenn statt über Entspannung und Völkerverständigung debattiert wird, wie Deutschland schnell kriegsbereit gemacht und militärisch aufgerüstet werden kann, wie Russland und China wirtschaftlich und militärisch besiegt werden können.
Berthold Brecht hat 1952 beim Wiener Kongress gesagt; „Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz. Ihre Vorstellungsgabe für kommende Leiden ist fast noch geringer. Diese Abgestumpftheit ist es, die wir zu bekämpfen haben. Laßt uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde! Laßt uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind! Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind, und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden.Soweit Berthold Brecht

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
ich komme zum Schluss. Ich sehe es als unsere Pflicht der jüngeren Generationen gegenüber, aufzuklären und alle Kräfte zu mobilisieren, um politischen Druck auf unsere Regierung auszuüben,

  • den Krieg in der Ukraine durch die Lieferung von Waffen und Munition nicht weiter zu verlängern,
  • den Krieg und das Töten dort zu beenden,
  • die Konfrontations- und Eskalationspolitik zu verlassen und zu einer Politik der Entspannung zurückzukehren, um die Gefahr eines Weltkrieges zu bannen, um abzurüsten und damit die Ressourcen und Mittel für die Bekämpfung des Klimawandels, des Hungers in der Welt, die soziale Ungleichheit frei zu machen.

Deshalb stehen wir heute hier. Deshalb finden in 122 Städten die Ostermärsche statt.
Ich danke Euch.

 

Klaus Stampfer ist tätig Augsburger Friedensinitiative (AFI).