Redebeitrag für den Ostermarsch in Limburg am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Es sind gerade schwierige Zeiten – auch für Friedensgruppen. Wir sollten uns vor einfachen Lösungen hüten, z.B. bezüglich der Waffenlieferungen an die Ukraine: Einerseits wächst die Gefahr einer Verlängerung des Krieges mit immer mehr Tod und Zerstörung, andererseits wäre die Ukraine wohl schon ein russischer Vasallenstaat oder Russland einverleibt mit Folgen die wir in Butscha und anderswo sehen konnten und einer „Belohnung“ der russischen Aggression mit Folgen für Moldau, vielleicht Georgien ...

Wie müsste das Ziel unserer Bemühung aussehen: Ein gerechter und nachhaltiger Frieden und die Entwicklung einer neuen Friedensarchitektur in Europa. Denn nur so können Menschen in Sicherheit und Frieden leben!

Zunächst geht es um die Wahrnehmung der Wirklichkeit: Der Aggressor ist eindeutig und es handelt sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg für den es keine Legitimation gibt – auch wenn es natürlich auch eine Politik des Westens gab, die Putin als Legitimation nach innen dient. Nach § 51 der UN-Charta hat auf Beschluss der Vollversammlung die Ukraine das Recht sich mit militärischen Mitteln zu verteidigen. Dies schließt auch Waffenlieferungen an den von der Aggression betroffenen Staat ein. Es wird aller Wahrscheinlichkeit nach keinen Siegfrieden der Ukraine geben – dafür sind die militärischen Möglichkeiten Russlands zu groß. Wahrscheinlich steht ein jahrelanger Abnutzungskrieg wie derzeit in Bachmut mit Tod und Zerstörungen bevor, Verwüstungen, die wir uns kaum vorstellen können.

Unsere Aufgabe: Förderung von diplomatischen Initiativen zur Beendigung des Krieges eventuell durch Vermittlungsinitiativen von Staaten wie Brasilien, Indien, eventuell auch China ..., die genügend politisches Gewicht einbringen. Wenn wir für solche Initiativen in Deutschland werben, dann gehört immer auch die Forderung nach einem russischen Rückzug aus den von Russland besetzten Gebieten dazu. Ansonsten fehlt uns die politische Glaubwürdigkeit und es klingt wie die Akzeptanz der russischen Aggressionspolitik.

Wo liegt unser Betätigungsfeld: Städtepartnerschaften (Russland und Ukraine) aufrechterhalten, Gesprächsangebote über diese Schritte in Kirchengemeinden, Gewerkschaften, Stadtteilgruppen, Vereinen ... und im privaten Umfeld, Diskussionen mit regionalen Abgeordneten.

Es geht um Werbung für mögliche Wege nicht um Recht haben!

Kooperation – so schwer dies auch ist – ist der einzige Weg die zentralen Probleme der Menschheit zu lösen!

Wahrnehmung der Wirklichkeit: Die Welt – auch Deutschland – erlebt derzeit einen Militarisierungsschub, der vorgibt, zumindest die Sicherheitsprobleme militärisch lösen zu können. Und viele unterstützen dies im Anblick der aktuellen russischen Aggression. Der Krieg gegen die Ukraine ist nicht der einzige derzeitige Krieg: Jemen, DR Kongo, Myanmar, Äthiopien ... und unzählige kleinere gewaltsame ausgetragene Kriege und Konflikte. Niemand wird ernsthaft behaupten, dass diese alle militärisch zu lösen wären.

Klima, Hungerkatastrophe, Pandemien ... nichts davon ist durch Militär und Aufrüstung zu lösen, im Gegenteil, nur durch gemeinsames Handeln.

Unsere Aufgaben: Versuchen wir dieser verhängnisvollen Entwicklung etwas entgegenzusetzen. Denn nur wenn hier ein Turnaround gelingt, haben sehr viele Menschen auf diesem Globus überhaupt eine Zukunft – dies gilt vor allem für die Eindämmung der Klimakatastrophe.

Auch hier gelten die o.g. Betätigungsfelder vor allem die Förderung von öffentlichen Debatten, Gesprächen ... in unserem jeweiligen Umfeld und das Gespräch mit den Abgeordneten.

Lasst Euch nicht entmutigen – schöpft Hoffnung aus den vielen kleinen Initiativen überall auf der Welt, da wo Menschen aufstehen für ihre Menschenrechte, für Partizipation, ihr Recht auf ein gutes und sicheres Leben in Frieden und Freiheit. Überwinden wir ein egoistisches nationalstaatliches Denken und Handeln. Betrachten wir die Welt endlich als gemeinsame Menschheitsaufgabe, die nur in geschwisterlicher Solidarität bewältigt werden kann.

Ostern mit der Hoffnung auf Befreiung von Tod und Unterdrückung und den Sieg des Lebens ist dafür guter Beginn. Versuchen wir nicht zu resignieren, sondern die kleine Pflanze Hoffnung
aufrechtzuerhalten, auch wenn viel dagegen spricht: Wenn wir nicht dafür kämpfen, haben wir und erst recht die Menschen im Globalen Süden schon verloren. Hierzu gibt es keine wirkliche Alternative.

 

Thomas Meinhardt ist Co-Vorsitzender von pax christi Rhein-Main.