Redebeitrag für den Ostermarsch Büchel am 10. April 2023

 

- Sperrfrist: 10. April 2023, Redebeginn: 13 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

ich bin Brigitte Hansen-Barbi und ich vertrete hier auf dem Ostermarsch in Büchel die Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier. Die AG Frieden setzt sich seit über 40 Jahren für Frieden, Gerechtigkeit und Menschenrechte ein. Ich selbst bin schon seit einem halben Jahrhundert Pazifistin und noch nicht ganz so lange Feministin. Pazifistin, weil meine im 2. Weltkrieg schwer traumatisierte Mutter mir die Angst vor dem Krieg praktisch vererbt hat. Feministin, weil patriarchale Gewalt auch in „Friedenszeiten“ nicht endet.

Dennoch ist der Krieg die schlimmste Form patriarchaler Gewalt, da im Krieg keine Frau vor Gewalt sicher ist. Frauen werden getötet, vergewaltigt, gefoltert, vertrieben, verschleppt, zwangsverheiratet, zwangsprostituiert, traumatisiert. Je länger ein Krieg dauert, desto patriarchaler wird die Gesellschaft. Und je patriarchaler eine Gesellschaft ist, desto mehr Krieg gibt es. Ein Teufelskreis.

Kein Zufall also, dass sich schon immer viele Frauen für den Frieden eingesetzt haben. Und dann bekamen wir doch tatsächlich eine Außenministerin, die sich eine feministische Außenpolitik auf ihre Fahnen schrieb. Wow! Da keimte Hoffnung auf! Auf entschlossene Unterstützung der Frauen im Iran und in Afghanistan z. B. oder auf eine entschiedene Friedens- und Abrüstungspolitik.

In einer 89 Seiten umfassenden Erklärung zu den Leitsätzen feministischer Außenpolitik auf der Website des Außenministeriums finde ich dazu Folgendes: „Feministische Außenpolitik macht sich für gendersensible Ansätze in der Rüstungskontrolle und Rüstungsexportkontrolle stark. Sie setzt sich dafür ein, Frauen und weitere Betroffene von Waffengewalt stärker in nationale, europäische und internationale rüstungskontrollpolitische Prozesse einzubinden. Sie fördert die Forschung zu den geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Waffensystemen, insbesondere Atomwaffen.“

Moment mal, Forschung zu den geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Atomwaffen? Brauchen wir die noch nach Hiroshima und Nagasaki? Die Welt hat doch dort schon zweimal erfahren, wie sich Atomwaffen auf die schutzlose Zivilbevölkerung auswirken, wie vor allem Frauen und Kinder davon betroffen sind. Und was ist mit den anderen wohlklingende Worthülsen? Wie werden sie in die Praxis umgesetzt?

Und diese Praxis ist: Mitten im erbarmungslosen Stellungskrieg in der Ukraine, der jederzeit zum Atomkrieg werden könnte, erklärt unsere feministische grüne Außenministerin Annalena Baerbock, dass wir uns im Krieg mit Russland befinden. Und was hat sie zu den Atomwaffen hier in Büchel zu sagen? Sie sieht Deutschland zur nuklearen Teilhabe verpflichtet. Konkret heißt dies: Zustimmung zur Stationierung der neuen F 35-Kampfjets in Büchel, mit denen die noch zerstörerischen neuen Atombomben von deutschen Piloten ins Ziel gelenkt werden sollen. Dass es im Zuge der Gleichberechtigung auch eine Pilotin sein könnte, nimmt mir dabei nicht die Angst vor einem Atomkrieg!

Nein, liebe Annalena, das ist keine „wertegeleitete feministische Außenpolitik“! Vielmehr möchte dir an dieser Stelle den folgenden Appell der Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki an dein ach so zerbrechliches Herz legen:

„Bis Ende 1945 verloren durch die grausamen Atombomben-Angriffe 210.000 Menschen ihr kostbares Leben. Diejenigen, die nur knapp überlebten, trugen schwerwiegende psychische und physische Wunden davon, die noch immer nicht verheilt sind. Die Atombombenüberlebenden leiden insbesondere aufgrund der Folgeschäden durch die Strahlung bis zum heutigen Tage.

Sollte auch nur ein einziges Mal wieder eine Nuklearwaffe zum Einsatz kommen, werden Städte und ihre Bürger*innen Opfer einer zahllosen Zerstörung und alle Lebewesen dieser Erde werden unter den katastrophalen Folgen zu leiden haben.

Daher appellieren die Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki eindringlich an die Weltöffentlichkeit: Lasst uns zusammenstehen, um eine Eskalation der momentanen Lage zum Atomkrieg zu verhindern. Wir fordern ein rasches Ende des qualvollen Ukrainekrieges durch konstruktiven Dialog zum Aufbau gegenseitigen Vertrauens.

Sie fordern weiter: Nuklearwaffen dürfen niemals zum Einsatz kommen.

Die einzige Garantie zum Schutz der Menschheit und des Planeten vor der Bedrohung durch die Nuklearwaffen ist die vollständige Abschaffung dieser Waffen.

Ich schließe mich dieser Forderung an und richte deshalb heute diesen Appell an Frau Baerbock: Machen Sie echte feministische Friedenspolitik und setzen Sie sich dafür ein, dass Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt!

Vielen Dank.

 

Brigitte Hansen-Barbi ist Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier (AGF).