Redebeitrag für den Ostermarsch Bonn am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort-

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

„Die Waffen nieder“! Ja: Frieden schaffen wollen alle – aber wie das geschehen soll, darüber gibt es sehr unterschiedliche Meinungen und heftigen Streit. Auch ich als Ostermarschierer sage ganz deutlich: Ich verurteile den Angriffskrieg Russlands auf den souveränen Staat Ukraine. Es ist fatal, dass ein diktatorisches System alle bisherige Versöhnungsarbeit torpediert und die humanitären Grundüberzeugungen und Verträge der Weltgemeinschaft verachtet. Für mich ist es unstrittig, dass gemäß Artikel 51 der UN-Charta die Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung gegen den Aggressor Russland hat.

In der aktuellen aufgeheizten Debatte, in der man in die eine oder in die andere Ecke geschoben wird, ist diese Positionierung wohl notwendig.

Aber es ist auch notwendig, etwas über diese Debatte und unseren Umgang mit einander zu sagen. Das furchtbare Leiden durch den Krieg stellt alle, die sich davon berühren lassen, vor ein ethisch-moralisches Dilemma. Wer Waffen schickt, macht sich schuldig – und wer keine Waffen schickt, macht sich ebenso schuldig. Das eine wie das andere Verhalten kostet Menschenleben. Aber im Ringen um den Frieden ist es unsere Aufgabe, dieses Dilemma auszuhalten.

Die meisten westlichen Regierungen haben sich entschieden, die Ukraine mit Waffenlieferungen in ihrem Kampf gegen die russische Invasion zu unterstützen. Diese Handlungsweise wird von weiten Teilen der Bevölkerung getragen.

Aber genauso hat die andere Position ihre Berechtigung, die in den Waffenlieferungen eine fortschreitende Eskalation sieht, die einem Waffenstillstand diametral entgegensteht. Eine Position, die sich deshalb für ein Stopp der Lieferungen einsetzt und verstärkte Bemühungen um Verhandlungen anmahnt, wie dies bei den Getreidelieferungen und beim Gefangenenaustausch schon geschehen ist.
In der Dilemma-Situation ist es nicht ausgemacht, welche Einstellung eher zum Frieden führt. Und deshalb ist es absolut unangemessen, der jeweils anderen Position die Berechtigung streitig zu machen.

Das entbindet aber nicht von einer eindeutigen eigenen Positionierung. Diese ist für den Ostermarsch 2023 in Bonn ganz klar: Für eine solidarische Welt ohne Krieg, ohne Zwang zur Flucht, ohne Umweltzerstörung, ohne Armut. Für all diese Ziele gehen wir heute auf die Straßen und Plätze. Wir nutzen die Rechte und den Schutzraum, den uns die Demokratie sichert, um deutlich zu machen: Wir finden uns nicht ab mit ungerechten sozialen Strukturen; wir stehen an der Seite derer, die aus ihrer Heimat fliehen mussten und bei uns Schutz suchen; wir setzen uns ein für den Erhalt unserer Lebenswelt; und wir trauen dem Händereichen mehr Friedenskraft zu als dem Drohen mit der Waffe. Mit Bertha von Suttner sagen wir: „Die Waffen nieder!“

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.