Redebeitrag für den Ostermarsch Berlin am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich begrüße euch alle, die so zahlreich am Ostermarsch teilgenommen haben. Ich bin vor vierzehn Tagen oder drei Wochen angesprochen worden, ob ich hier ein paar Worte auf diesem Ostermarsch sprechen möchte.

Ich gehöre zu Kollegen und Kolleginnen, die seit vielen Jahren in der Gewerkschaft aktiv sind. Und wir haben bereits im letzten Jahr eine kleine Initiative gestartet, die zum Ziel hatte, dass man deeskalierende Politik und Diplomatie betreiben müsse und nicht die Eskalation der Waffenlieferungen und die Zerstörung der Ukraine, wovon beide Seiten betroffen sind, fortsetzt. Und in diesem Sinne haben wir natürlich seitdem weiter gemacht.

Mich freut, dass viele Kollegen und Kolleginnen aus gewerkschaftlichen Basis-und Initiativgruppen heute dabei sind und es ist schön, dass wir hier so quer durch die Gesellschaft zusammen gekommen sind.

Gewerkschaften haben ein Ziel und eine Methode im Kampf, und das ist Solidarität. Und die Solidarität darf nie national beschränkt sein und borniert sein schon gar nicht.

Und wenn es darum geht, dass wir den Opfern dieses Krieges jetzt in Europa Solidarität und humane Hilfe zukommen lassen, dann heißt das eben, das gilt für beide Seiten der jeweiligen Gefechtslinie, denn auch in der Ostukraine wird nicht mit Puffreis bombardiert, sondern die kriegen die gleichen Granaten um die Ohren gehauen, und das gehört zur Wahrheit mit dazu.

Und Solidarität bedeutet für uns auch im internationalen Zusammenhang, dass wir auch mit den Opfern von Kriegen solidarisch sein müssen, die eine andere Hautfarbe, eine andere Haarfarbe haben und die aus dem Süden, die aus Afrika hierherkommen als Folge einer zerstörerischen Politik derselben Kräfte, die sich heute hinstellen und meinen, sie könnten Demokratie und Menschenrechte in die Welt tragen.

Da muss man sich mal diese Länder angucken - das wurde vorher schon gesagt -, die Spur des Blutes und der Zerstörung ansehen, in Libyen, Irak, Syrien, und auch Somalia.

Leute, was ist denn dabei herausgekommen? Völlig zerstörte Infrastrukturen, Armut, Zersplitterung der Bevölkerung, gegeneinander aufgebrachte Gruppen. Das ist das Ergebnis der Leute, die sich heute hinstellen als moralische Instanz, um über diesen Krieg in der Ukraine zu entscheiden.

Es wäre doch viel besser, man würde mal Initiativen ergreifen, auch auf gewerkschaftlichem Hintergrund, damit die russischen und die ukrainischen Gewerkschaftskollegen irgendwie einen Weg finden zusammenzukommen, um eine andere Lösung herbeizuführen.

Und was wir auch nicht außer Acht lassen dürfen bei dem Ganzen: dieser Krieg hier in Europa findet vor dem Hintergrund statt, dass in vielen Ländern, sowohl in der EU als auch in der Ex-EU Großbritannien, Massenstreiks stattfinden und die Kolleginnen und Kollegen, Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen gegen Sozialabbau kämpfen. In Frankreich, das wisst ihr alle, wo es darum geht, Rente und Waren zu sichern, in England, wo es gerade darum gegangen ist, den Standard der Fahrzeuge, des öffentlichen Verkehrs, der Krankenhäuser etc. zu sichern, oder auch bei uns in Deutschland. Wir haben eine Welle von Streiks, die im Endergebnis dazu führen muss, dass die Folgen dieser miserablen Politik nicht immer auf die Klasse der Lohnabhängigen abgewälzt werden.

Und dann kommen ganz Schlaue, die sagen: „Ja Mensch, das sind ja ganz andere Töpfe, ganz andere Kassen.“

Ja, liebe Freundinnen und Freunde, dazu sage ich: Wo ein politischer Wille ist, da ist auch ein politischer Weg. Und wenn die innerhalb von 24 Stunden ein 100 MilliardenProgramm und anderes rausschießen, dann soll es nicht möglich sein, den klammen Kommunen die Mücken zu geben, damit sie ihre Leute anständig bezahlen können? Was soll das denn? Das sind doch die gleichen politischen Vertreter, die an unterschiedlichen Tischen „spielen“.

Und insofern muss es in unserem Interesse sein, dass wir über die nationalen Grenzen hinaus Freundinnen und Freunde finden, die zusammen arbeiten.

Die Friedensbewegung kann nur siegreich bzw. erfolgreich sein, wenn wir uns vernetzen. Und eine letzte Bemerkung dazu.

Es ist schon teilweise angeklungen, aber ich will es hier noch einmal als Gewerkschafter ganz deutlich sagen: Wer letzten Endes eine Welt in Frieden haben will, der muss dafür sorgen, dass diese Konkurrenzökonomie, die wir haben, dass diese Ausplünderung des Planeten, das Hetzen der Völker aufeinander aufhört. Und bei einem Wirtschaftssystem, das auf Konkurrenz und Rivalität beruht und in letzter Konsequenz in Blockbildungen mündet, wird es keinen dauerhaften Frieden geben können.

Deshalb müssen die sozialen ökonomischen Verhältnisse umgewälzt werden.

In diesem Sinne, liebe Freundinnen und Freunde: wenn wir zurückgehen in unsere jeweiligen Bezirke, wollen wir aktiv bleiben! Wir müssen kleine Gruppen bilden, die wachsen. Wir müssen uns gut vernetzen und wir dürfen dem bürgerlichen Druck nicht nachgeben, der bürgerlichen Propaganda, bei der manch einer sich aus der finsteren Vergangenheit Deutschlands auf die Schenkel hauen würde, wenn er diese Feindbildproduktion heute miterleben würde, müssen wir die Stirn bieten.

In diesem Sinne weiter und Glückauf für uns.

 

 

Georg Heidel ist ehem. Gesamtpersonalrat bei der Berliner Stadtreinigung (BSR) und ver.di-Mitglied.