Redebeitrag für den Ostermarsch Mainz am 8. April 2023

 

- Sperrfrist: 8. April 2023, Redebeginn: 12 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Nein zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine!
Nein zum russischen Imperialismus!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Die Vorwände für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sind absurd. Russland gibt vor, die Ukraine entnazifizieren zu wollen. Ukrainische Faschisten gibt es durchaus, sie verfügen sogar über eigene militärische Einheiten. Sie sind durchaus eine Gefahr, vor allem für Andersdenkende in der Ukraine. Doch es ist absurd und lächerlich, wenn ausgerechnet Putin die Ukraine des Neonazismus bezichtigt. Unter Putin ist Russland zur Diktatur geworden. Auf der russischen Seite der Front kämpften im Donbas schon seit 2014 rechtsextreme Verbände. Russland unterstützt global faschistische Gruppen und rechte Parteien. Putin bekennt sich zum russischen Imperialismus und Nationalismus sowie zur extrem nationalistischen Russisch-Orthodoxen Kirche und orientiert sich an russischen faschistischen Ideologen der Vergangenheit und Gegenwart, darunter Dugin, der ein eurasisches illiberales kollektivistisches, religiöses, sozial reaktionäres kontinentales Großreich unter russischer Führung propagiert, gegen Liberalismus, Aufklärung, individuelle Freiheiten, Menschenrechte und die vermeintliche moralische Dekadenz der westlichen Seemächte. Kein Wunder, dass sich deutsche Faschisten für den russischen Faschismus begeistern. Höcke schwärmt von Russlands Krieg gegen das sogenannte „Regenbogen-Imperium“. Russland-Fahnen werden bei rechten Demonstrationen in Deutschland geschwenkt. Es rottet sich zusammen, was ideologisch zusammengehört. Der Wahnsinn wird immer bizarrer: Das Putin-Regime faselt inzwischen sogar von der Entsatanisierung der Ukraine. Patriarch Kirill bezeichnet Putin als „Chefexorzisten.“

Putin verneint das Existenzrecht der Ukraine. Er ließ sich schon 2014 bei der Annexion der Krim als „Sammler russischer Erde“ feiern wie die expansionistischen Zaren im 15. Jahrhundert. Das widerspricht dem Völkerrecht und dem Selbstbestimmungsrecht der Menschen in der Ukraine.

Unsere Solidarität gilt den mutigen Menschen, die in Russland gegen den Krieg Widerstand leisten, obwohl ihnen jahrelange Haft droht, und denjenigen, die sich überall dem Krieg durch Kriegsdienstverweigerung, Desertion und Flucht verweigern.

Westliche Staaten haben erheblich zur Verrohung der internationalen Politik beigetragen. Sie führten unter Missachtung der Vereinten Nationen und Russlands eigenmächtig völkerrechtswidrige Angriffskriege. In Polen und Rumänien wurden US-Raketen stationiert. Das Rüstungskontrollsystem, das die Risiken des Ost-West-Konflikts verringerte, wurde leichtfertig beseitigt. Unmittelbar vor dem russischen Angriff 2022 forderte Putin eine verbindliche Zusage, dass die Ukraine nicht in die NATO aufgenommen würde. Die NATO verweigerte dies, weil die Aufnahme auf absehbare Zeit sowieso nicht vorgesehen sei, beharrte aber prinzipienreiterisch darauf, dass die Tür zur NATO offen stünde. Was hätte es gekostet, vertraglich zuzusagen, die Ukraine für einen bestimmten Zeitraum nicht in die NATO aufzunehmen? Hätte Russland nach Erfüllung dieser ausnahmsweise nachvollziehbaren Forderung trotzdem angegriffen?

Wichtig ist: Nichts, was seitens des Westens oder der Ukraine geschehen ist, rechtfertigt auch nur im Geringsten den verbrecherischen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg von Russland und Belarus gegen die Ukraine.

Man sollte sich im Putin-Lager fragen, warum so viele Staaten in die NATO streben. Warum ist die „russische Welt“ denn so unattraktiv, dass so viele Nachbarn Russlands nach Distanz von Russland streben? Liegt es an der Erfahrung mit russischer und sowjetischer Fremdherrschaft? An den sowjetischen Angriffen auf Polen, Rumänien, Finnland und die baltischen Staaten 1939? An Massendeportationen in Straflager? Daran dass Russland 2014 die Krim annektiert hat und jetzt einen Eroberungskrieg führt? Was hat mehr zur NATO-Osterweiterung beigetragen als die Furcht vor dem russischen Imperialismus und Expansionismus? Andere ehemalige Groß- und Kolonialmächte haben sich mit dem Verlust ihrer Imperien abfinden müssen. Warum sollte Russland das nicht auch tun?

Unglaubwürdig ist, wenn Staaten, die selbst Interessensphären beanspruchen, sich scheinheilig über Russland empören. Wer selbst imperial agiert, muss doch wissen, wie das Gegenüber denkt und wie gefährlich es ist, dessen Interessen zu missachten.

Man könne mit dem notorischen Lügner und Massenmörder Putin nicht verhandeln, heißt es. Mit wem denn sonst? Als ob man mit anderen Lügnern und Massenmördern nicht auch reden und sogar kooperieren würde und als ob westliche Regierungen nicht selbst schon gelogen und massenhaft gemordet hätten, z.B. als sie 2003 den Irak völkerrechtswidrig überfielen. Über Getreideexporte und Gefangenenaustausch wurde bereits erfolgreich verhandelt.

Russland kann den Krieg einfach beenden: Durch den völkerrechtlich gebotenen Rückzug seiner Truppen und durch Freilassung aller Menschen, die wegen Protests und Widerstands gegen den Krieg inhaftiert sind. Solange das nicht geschieht, sind zur Beendigung des Kriegs Waffenstillstand und Verhandlungen unumgänglich. Je früher, desto mehr Menschenleben werden gerettet. Jeder Kriegstag erhöht die Gefahr der Ausweitung und Eskalation des Kriegs.

Wir fordern:

Stoppt den Krieg! Russische Truppen raus aus der Ukraine! Sofortiger Waffenstillstand, damit der Massenmord so schnell wie möglich aufhört und so viele Menschenleben wie möglich gerettet werden können! Aufnahme von Friedensverhandlungen!

Vielen Dank.

 

Dr. Gernot Lennert ist Landesgeschäftsführer DFG-VK Rheinland-Pfalz.