Redebeitrag für den Ostermarsch in Potsdam am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Anwesende, liebe Freundinnen und Freunde des Friedens,

ich freue mich sehr, dass hier heute so zahlreich erschienen seid und mit uns an der Tradition der Ostermärsche festhaltet.

Festhaltet am Kampf für den Frieden weltweit.

Festhaltet am Kampf gegen die verstärkte Militarisierung der Politik, festhalten am Kampf gegen Aufrüstung und für eine gerechte und solidarische Welt. Ja, der Protest für den Frieden kann, darf und muss weit über linke Kreise hinausgehen. Wir werden stets für den Frieden kämpfen und das ohne Nazis und immer in Abgrenzung gegen Nationalsozialismus, Rassismus und Antisemitismus. Auch wenn uns ein Krieg, wenige hundert Kilometer von hier entfernt, seit mehr als ein Jahr besonders beschäftigt, dürfen wir die anderen Kriegs- und Krisengebiete nicht aus dem Blick verlieren. Wir als Friedensbewegung müssen bei unseren Ostermärschen auch in den Nahen Osten, nach Afrika, nach Kurdistan und überall dorthin schauen, wo Menschen vor Krieg, Gewalt und Unterdrückung fliehen und wir müssen laut und deutlich sagen: Schluss mit Krieg, Waffenlieferung und Gewalt - wir wollen Frieden weltweit und ich fordere alle Verantwortlichen dazu auf, endlich an den Verhandlungstischen Friedensverhandlungen aufzunehmen.

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

natürlich beschäftigt mich in Folge des völkerrechtwidrigen Angriffskrieges auf die Ukraine aktuell auch besonders das Leid der dort lebenden Menschen, das Sterben, die Zerstörung der Städte und Dörfer, die Zerstörung von Schulen, Krankenhäuser, Infrastruktur verbunden mit den unerbittlich geführten Debatten über Waffenlieferungen, Embargopolitik und nicht zuletzt über die Frage, wie dieser verdammte Krieg schnell beendet werden kann.

Aus meiner Sicht kann es da nur eine Antwort geben und das ist die die Forderung nach dem sofortigen Ende des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs auf die Ukraine durch die Russische Föderation. Diese Forderung richtet sich zuallererst an die Führung Russlands. Unsere ersten Gedanken gehen an die Opfer dieses verbrecherischen Krieges. Die Armee Russlands hat unermessliches Leid in das Land getragen und Millionen in die Flucht getrieben. Wir lehnen diesen Krieg ab, wie wir alle Kriege als Mittel der Politik ablehnen. Das war so, das ist so und das bleibt so. Kriegerische Auseinandersetzungen müssen aufhören. Und wir fordern die deutsche Regierung dazu auf, ihren Teil dazu beizutragen und alle Möglichkeiten der Diplomatie dafür zu nutzen. Wir wissen, dass auch von unserem Land die Waffen für Kriege auf dieser Welt geliefert werden.

Mit der direkten Belieferung von Kriegsgebieten aber wird der Krieg auch eine direkte Frage für uns.

Die von uns gelieferten Waffensysteme töten Menschen, die zu großen Teilen in einen Krieg gezwungen werden.

Auch wenn für diesen Krieg in der Ukraine die russische Führung die Verantwortung trägt, sind es zukünftig deutsche Waffen, die Menschen auch in diesem Land töten.

Das ist schrecklich und zumindest für mich nicht hinnehmbar.

Wir Bürgerinnen und Bürger eines waffenliefernden Landes haben ein Recht darauf, dass die Bundesregierung uns in unseren Meinungen, Ängsten und Befürchtungen ernst nimmt.

Es ist unverantwortlich, dass Waffen aus Deutschland in die Ukraine geliefert werden und dem Kriegsgeschehen und seiner Dynamik ansonsten dem Zufall überlassen wird.

Das ist kein verantwortungsvolles Verhandeln.

Herr Scholz, Frau Baerbock, werden sie endlich ihrer Verantwortung gerecht und suchen sie Verbündete für diplomatische Lösungen und für Friedenverhandlungen.

Liebe Freundinnen, lieben Freunde,

viele von uns haben sich für Geflüchtete engagiert, haben gespendet, helfen direkt, seit vielen Monaten und dafür danke ich euch im Namen der LINKEN Brandenburg und ich bitte euch dabei nicht nachzulassen. Nachlassen dürfen wir auch nicht in unserem Kampf für Frieden und gegen Aufrüstung, Rüstungsexporte. Gegen Waffenlieferungen zu sein, bedeutet nicht, dass man naiv, verblendet, ein Putin Versteher oder gar ein Gegner der Ukraine ist. Wir alle wissen, dass Kriege immer am Verhandlungstisch enden und deshalb sind kritische bis ablehnende Haltungen zu Waffenlieferung völlig legitim. Ob der Weg der Waffenlieferung der Hauptweg der Hilfe dieses Landes Bundesrepublik Deutschland sein soll, wie weit diese Regierung überhaupt noch gehen kann, darüber fordern wir in eine offene Debatte. Ich bin davon überzeugt, dass die Mehrheit der Menschen diesen Weg der Bundesregierung ablehnen. 71 % Unzufriedenheit mit der Ampelkoalition ist sehr sehr deutlich. Es ist eben nicht demokratisch, wenn die regierenden Parteien im Alleingang über Nacht Waffenlieferungen und 100 Mrd Sondervermögen beschließen, ohne die Bevölkerung dieses Landes, die für sie eine historische Verantwortung tragen, in diesen Entscheidungsprozess einzubeziehen.

Ich ärgere mich darüber, dass die Befürworter der angeblich alternativlosen militärischen Erreichung der Maximalziele und Waffenlieferungen nicht auch dazu sagen, was es heißt, den Krieg bis zur Erreichung der Maximalziele fortzuführen, dass sie – wie sehr sie es auch bedauern – bereit sind für diese militärische Lösung weiter Menschenleben an der Front und im Hinterland zu opfern.

Mich ärgert auch, dass die Presse die Regierung und die Befürworter:innen kaum nach ihren Konzepten befragt, wie lange denn nach ihrer Meinung bis zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Waffenstillstand geliefert und gestorben werden soll.

Konzepte haben immer nur jene zu liefern, die für den baldigen Waffenstillstand sind.

Perfide ist es auch, dass sie jede von uns geforderte Initiative für einen Waffenstillstand als angebliche Forderung zur Kapitulation der gesamten Ukraine verzerren.

Kapitulation?

Das fordern wir nicht.

Wir fordern auch nicht, dass man sich dauerhaft mit dem Verlust von Gebieten abfinden soll, die Besatzung ist und bleibt Unrecht.

Wir fordern aber aus gutem Grund, dass sofort die Waffen schweigen, um jedes einzigartige Leben zu retten, das sinnlos in Kämpfen und Bombardierungen zerstört wird.

Ein Waffenstillstand ist noch nicht das Ende der Feindschaft.

Es ist noch nicht die Lösung unzähliger Probleme.

Es kann Getötete und Massakrierte nicht zurückbringen, auch das Leid nicht rückgängig machen.

Ein Waffenstillstand ist aber immer der notwendige Beginn des Endes des Wahnsinns.

Wir fordern deshalb die Bundesregierung nachdrücklich auf, die Verhandlungslösung zum Hauptgegenstand ihres Tuns zu machen.

Wir fordern ein Herausgehen aus der ausschließlich militärischen Denkweise.

Wir fordern das weltweite Aufgreifen und Befördern aller Friedensinitiativen anderer Länder, mögen sie sicher auch interessengeleitet oder durch Akteure wie China vorgebracht sein.

Wir erwarten von der Bundesregierung ihren Friedenswillen deutlich zu artikulieren, dies auch den westlichen Partnern zu verdeutlichen und jede Friedensinitiative zu unterstützen sowie auf allen Ebenen Friedensinitiativen anzustoßen.

Denn um es mit Willy Brand zu sagen: „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“

 

 

Katharina Slanina