Redebeitrag für den Ostermarsch Düren am 8. April 2023

 

- Sperrfrist: 8. April 2023, Redebeginn: 11 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Atomwaffen, Atomwaffenverbotsvertrag, nukleare Teilhabe, was bedeutet das für unsere Region?

Atomwaffen sind einzigartig in ihrer zerstörerischen Kraft und in der Bedrohung, die sie für die Umwelt und für das Überleben der Menschen darstellen.

Eine Atomwaffenexplosion erzeugt eine gewaltige Druckwelle, die Geschwindigkeiten von mehreren Hundert Stundenkilometern erreicht. Der Druck tötet Menschen nahe des Epizentrums, lässt Lungen und Trommelfelle platzen und verursacht innere Blutungen. Es entstehen Verletzungen durch zusammenstürzende Gebäude und durch die Luft geschleuderte Objekte.

Die Hitzestrahlung der Explosion ist so intensiv, dass fast alles in der Nähe des Epizentrums verdampft. Die extreme Hitze verursacht noch in weiter Ferne schwere Verbrennungen und entfacht in einem großen Gebiet Feuer, die zu einem gigantischen Feuersturm zusammenfließen. Sogar Menschen in unterirdischen Bunkern sterben mit hoher Wahrscheinlichkeit an Sauerstoffmangel und Kohlenmonoxidvergiftung.

Im Gegensatz zu konventionellen Bomben setzen Atombomben radioaktive Strahlung frei. Nahe dem Zentrum werden viele von den Menschen, die in den ersten Stunden nicht gestorben sind, in den nächsten Tagen an der akuten Strahlenkrankheit sterben.

Aber die radioaktive Wolke bleibt nicht vor Ort sondern breitet sich weiter aus. Wie weit sie sich ausbreitet hängt u.a. von der Sprengstoffdosis, von Windstärke und Niederschlägen ab. Mehr oder weniger weit entfernt vom Ort der Atomwaffenexplosion wird es in den nächsten Monaten, Tod-und Fehlgeburten geben. Kinder werden mit Fehlbildungen geboren. Einige Jahre später erkranken zunehmend Menschen an Leukämie, Schilddrüsen-und anderen Krebsarten. Herz-und Kreislauferkrankungen nehmen zu.

Und es gibt eine schwerwiegende globale Bedrohung:

die nukleare Hungersnot, selbst bei einem begrenzten Atomkrieg.

Die gewaltige Rußentwicklung durch die Feuersbrünste führt zur Verschleierung der Sonne. Es kommt zu Temperaturstürzen, Missernten und Hungersnöten . Beim Einsatz von nur 3% des weltweiten Atomwaffenarsenals würde jeder 3. Mensch auf der Erde an Hunger sterben.

Das alles lässt nur einen Schluss zu:

Atomwaffen sind völkerrechtswidrig .

Der Einsatz von Atomwaffen ist ein Verbrechen an der Menschheit. Daran gibt es keinen Zweifel.

Die gesamte Menschheit hat im Moment keine andere Wahl als zu hoffen, dass die Politiker die in den 9 Atomstaaten regieren, vernunftorientiert agieren und das Wohl und Überleben der Menschheit über ihr eigenes Machtstreben und ihren Revanchismus setzen.

Wenn man sich die meisten der derzeitigen Atom-Machthaber anschaut, darf man so seine Zweifel haben.

Russland und USA zusammen verfügen über 9/10 des weltweiten Waffenarsenals. Zwischen ihnen gab es verschiedene Atomwaffenverträge. Sie sind alle aufgekündigt oder ausgesetzt.

International gibt es den Atomwaffensperrvertrag NPT.

Fünf ursprünglichen Atommächte: statt Abzubauen, modernisieren sie ihre Waffen. Sie werden rasant schneller, präziser und flexibel einsetzbar. Damit sinkt die Hemmschwelle für ihren Einsatz

Ausbreitung von Atomwaffen :zus. Staaten sind hinzugekommen: Indien, Pakistan, Israel, Nordkorea. Iran strebt Nuklearwaffen an und im Gefolge Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate. Jüngst hat auch Süd Korea offen darüber nachgedacht, aus dem Nichtverbreitungsvertrag auszutreten.

Aber je mehr Staaten Atomwaffen besitzen, desto mehr wächst die Gefahr eines Atomschlags aus Versehen aufgrund von Mißverständnissen oder technischen Fehlern.

Atomwaffenverbotsvertrag:

Viele wollen dieses Ausgeliefertsein nicht länger hinnehmen und deshalb hat sich 2007 die International Campaign to Abolish Nuclear Wapons (ICAN) gegründet.

Waren es anfänglich 100 Organisationen sind es inzwischen 650 in über 110 Ländern. Auf ihre Initiative hin haben 2017

122 Staaten der UNO den Atomwaffenverbotsvertrag verabschiedet, 92 haben ihn unterzeichnet, 68 haben ihn bisher ratifiziert. Seit dem 22.1.2021 ist er Völkerrecht. Es ist der erste Vertrag der AW kategorisch und umfassend verbietet.

Ziel des Atomwaffenvertrages ist es die weltweite Ächtung von Atomwaffen voran zu treiben und der atomaren Abschreckung die Legitimation zu entziehen.

Und, das ist ein Novum,der Vertrag fordert die Entschädigung der Opfer von Atomwaffentests und Atomwaffeneinsätzen sowie die Sanierung der durch radioaktive Kontamination geschädigten Umwelt.

Aus der Erklärung des ersten Treffens der Unterzeichnerstaaten in Wien möchte ich zitieren:“Weit davon entfernt Frieden und Sicherheit zu bewahren, werden Atomwaffen als Instrumente der Politik eingesetzt, die mit Zwang, Einschüchterung und Verschärfung von Spannungen verbunden sind“ Und welche Erfahrung machen wir zur Zeit?..

Was ist mit Deutschland?

Deutschland hat nicht mal an den Vorverhandlungen zum AVV teilgenommen.

Deutschland hält an der Nuklearen Teilhabe der Nato fest.

d.h. In Deutschland, in Büchel sind etwa 20 Atomwaffen der USA stationiert Der Amerikanische Präsident entscheidet ob und wann sie eingesetzt werden und nicht die deutsche Regierung. Der Bundeskanzler kann allenfalls um nuklearen Beistand bitten.

Im Krisenfall sollen jedoch deutsche Piloten und Pilotinnen die Bomben ins Ziel fliegen. Jedes Jahr üben sie das im Manöver Steadfast noon mit amerikanischen und manchmal auch anderen verbündeten Streitkräften.

Die bisherigen Kampfflugzeuge waren Tornados.

Frühjahr 2022 wurde jedoch die Anschaffung neuer Tarnkappenflieger F35 beschlossen. Sie sind für Atomwaffen zertifiziert. Auch sollen neue Atombomben in B61-12 die alten Bomben ersetzen. Es ist zu befürchten, dass mit diesen Entscheidungen die nukleare Teilhabe auf Jahrzehnte zementiert wird.

Die B61 Bomben sind freifallende Bomben .

Die B61-12 dagegen sind präzise lenkbar und deutlich zielgenauer.

Für die neuen Flugzeuge muss Büchel umgebaut werden, deshalb sind das Luftwaffengeschwader 33 und die Tornados hier nach Nörvenich verlegt worden.

2011 hatte der Bundestag mehrheitlich den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland beschlossen. Er ist jedoch nicht umgesetzt worden.

Die mahnenden Stimmen in der SPD, die noch vor zwei Jahren das Ende der Nuklearen Teilhabe forderten, sind verstummt. Ralf Mützenich.

Sommer 2021 sprachen sich laut einer Umfrage von Green Peace die Mehrheit der Deutschen für den Abzug der AW aus Deutschland aus. Nach der Invasion Russlands in die Ukraine, dem entsetzlichen Krieg und der unverblümten Drohung Putins mit Atomwaffen sind jetzt mehr als 60% der Bevölkerung für den Verbleib der Waffen in Deutschland.

Dabei machen die Atombomben von Büchel strategisch wenig Sinn. Es sind keine Abschreckungswaffen. Der Standort ist bekannt und außerdem scheint man mehrere Tage bis Wochen zu brauchen bis sie einsatzfähig sind. Sie wären im Kriegsfall eher ein Angriffsziel und stünden nicht für einen Vergeltungsschlag zur Verfügung.Sie sind also eher eine Gefahrenquelle als ein Schutz. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mehrheitlich auf Skepsis stoße, wenn ich dies erkläre. Zu unvorstellbar scheint es den Mitbürger*innen, dass der Deutsche Bundestag 10 -20 Milliarden für eine Strategie genehmigt, die unsere Sicherheit eher gefährdet als vergößert. Das können und wollen die Bürger*innen nicht glauben.

Wo könnten diese Milliarden gebraucht werden? Die Kindergrundsicherung steht auf der Kippe. Es fehlt das Personal in Kitas , Pflegeheimen und Krankenhäusern. Das trifft uns alle irgendwann. Die Schulen sind marode. Die Klassen sind numerisch viel zu groß. Der ÖPNV ist unzureichend und extrem störanfällig.Verspätungen sind an der Tagesordnung. Das ist nur ein Teil der Bereiche, in denen bessere finanzielle Unterstützung dringend erforderlich wäre.

Was ist mit unserer Region?

Wir sitzen auf einem Pulverfass.

Im Umkreis von 100 km um Düren befinden sich 3 der 5 Atomwaffenstützpunkte der NATO.

Diese Situation ist so einmalig in Europa. Ausserdem leben wir in einer hochmilitarisierten Zone: Fliegerhorst Nörvenich, Awacs in Teveren, operatives Natohauptquartier in Brunssum, großes US-Waffenlager in Eygelshoven, Nato Hauptquartier in Brüssel.

Wir haben also allen Grund, uns für zivile Friedensicherung und Verträge statt Rüstungswettlauf einzusetzen.

Wir haben allen Grund, uns gegen die Nato Atomwaffen zu wehren und ihren Abzug zu fordern, und wir haben allen Grund, uns für den AVV einzusetzen. Der AVV bietet der Welt die erste wirkliche Chance auf weltweite atomare Abrüstung und einer zukünftigen Welt ohne Atomwaffen. Ich bitte sie hiermit um Ihre Unterstützung. Der Geburtstag des AVV am 22.Januar., der Hiroshima Tag am 6. August sind Anlässe, an denen wir gemeinsam klar und deutlich sagen müssen:“ Atomwaffen sind völkerrechtswidrig und ihr Einsatz ein Verbrechen an der Menschheit. Sie müssen geächtet werden“.

Sollte Ihre Gemeinde noch nicht den ICAN Städteappell unterschrieben haben, setzen Sie sich dafür ein. Sollte Ihre Bürgermeisterin, Ihr Bürgermeister noch nicht Mitglied der Mayors for Peace sein, fordern Sie sie auf beizutreten.

Was sie in nächster Zeit tun können?

Aus Anlass des Gedenkens an die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki hat unser Aachener Bündnis vom 4.8. bis 14.8. am Templergraben Aachen eine Plakatwand gemietet mit einem eindrucksvollen Foto der zerstörten Stadt Hiroshima. Am 5. August, 12.00 wird die“ Lebenslaute“ vor dieser Wand ein Konzert geben / am 6.8., 11 Uhr, vor dem Kasernentor Nörvenich und am 6.8., 16 Uhr, in Düren vor dem Mahnmal „Haus der Stadt“.

Was können Sie heute tun?

Postkarten von „Ohne-Rüstung-Leben“, an Bundeskanzler Scholz oder Außenministerin Baerbock schicken mit unter anderem folgenden Appell:

„Leiten Sie alle notwendigen Schritte ein, damit Deutschland die nukleare Teilhabe beendet und dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt“.

 

Dr. Odette Klepper ist aktive bei der IPPNW.