Redebeitrag für den Ostermarsch in Aschaffenburg am 30. März 2024

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

die Ostermärsche mit dem Ziel, sich für Frieden und militärische Abrüstung einzusetzen, sind heute notwendiger denn je! Auch für uns hier muss es um diese Ziele gehen! NICHTS, aber auch absolut nichts, darf diesen Zielen im Wege stehen. Weder persönliche Differenzen, ein bestimmtes Wort zur vielleicht falschen Zeit oder was auch immer.

Aber in der Zwischenzeit sollen die Menschen mit der Vokabel „kriegstüchtig“ auf mehr Militarisierung und Waffen eingestellt werden. Aber wir dürfen uns nicht an solche Vokabeln gewöhnen! Ganz im Gegenteil! Es muss um FRIEDENSFÄHIGKEIT gehen!

Frieden schaffen ohne Waffen darf keine alte abgedroschene Phrase sein. Denn Kriege kennen keine Sieger – nur die Rüstungsindustrie – die siegt immer. All dem zum Trotz soll die Gewaltspirale weiter gedreht werden. Mit noch mehr Milliarden Steuergelder, für noch mehr Waffen, noch mehr Munition, noch mehr Panzer.

Kriege und die Folgen von Kriegen sind immer Hunger, Gewalt und Tod, egal wo - überall auf der Welt. Aber trotz Kriegen, Klimawandel und globalen Herausforderungen, geht es uns gut - wir sind sicher in unserem Kokon.
Solange wir zu essen und zu trinken haben und reisen können, wohin wir wollen.

Erscheint alles gut.

Kommt aber jemand zu uns und nimmt uns irgendetwas weg, und sei es nur ein bisschen Luft zum Atmen, dann kriegen wir Angst, dann fühlen wir uns bedroht. Von unsichtbaren Mächten. Dann beginnt ein Verteilungskampf – gegen Geister. Denn niemand kommt hierhin und bedroht uns.

Die Mächtigen der Industriestaaten und transnationale Konzerne – bedrohen die Menschen, die hierhin kommen. Sie zerstören ihre Heimatländer. Sie bringen sie in ihren Heimatländern um, ohne sich die Finger schmutzig zu machen.

Durch immer neue Freihandelsabkommen, durch Kriege, Neo-Kolonialismus und Neo-Kapitalismus werden diese Menschen ausgebeutet – für unseren Reichtum! Wir lassen sie arbeiten für Hungerlöhne.

Und wir wollen nicht, dass sie hierhin kommen, dass sie das gleiche Leben führen dürfen, dass wir hier auch führen.

Ein Leben in Freiheit – Frieden – Wohlstand!!! Wir sind maßlos, arrogant, ignorant. Wir blicken auf andere herab. Wir machen uns kein Bild von ihren Existenzen. Wir sehen sie darin nur als Zahlen und Statistiken, Verhandlungsmasse über Obergrenzen. Und immer strengere Gesetze an den Grenzen.

Aber hat sich irgendjemand von euch sich mal vorgestellt, was es bedeuten würde, wenn ihr diesen Platz hier verlassen müsstet, weil Bomben auf ihn geworfen werden und in der selben Nacht noch ohne Koffer zu packen, sich selbst und die Familie in ein kleines Schlauchboot zwängen müsstet, bei Dunkelheit, bei Wind und Wetter – und über ein Meer schippern müsstet!!! Hat sich einer darüber Gedanken gemacht, was das bedeutet, einen solchen Entschluss zu treffen??? !!! Ober glaubt Ihr diese Hetze, die die sogenannten Populisten verbreiten, dass es diesen Menschen, die zu uns kommen, darum geht, uns auszunutzen??? Dass sie Schmarotzer sind, Sozialtouristen! Was für eine maßlose Arroganz besitzen diese Menschen, mit einer solchen Hetze und Propaganda Stimmung in diesem Land zu machen. So wie die dort drüben, in Sichtweite.

Wenn irgendwo in unserer Nähe etwas passiert, bezeichnen wir es oft als „Terror“. Und je näher es zu uns ist, desto mehr reden wir darüber. Eigentlich reden wir aber nur über unsere Angst, dass es uns treffen könnte. Wir denken gar nicht darüber nach, dass es andere getroffen hat, sondern wir versetzen uns in die Lage derer, um uns Sorgen um uns zu machen.

„Der besorgte Bürger“ – er macht sich keine Sorgen um andere – er macht sich Sorgen um sich.

Statt Mauern einzureißen, ziehen wir sie hoch. Statt Asyl – das ein Menschenrecht ist – zu gewähren, schafft Europa es de facto ab. Mit Tunesien und kürzlich mit Ägypten sind milliardenschwere „Asyl-Abkommen“ getroffen worden. Und kosten außerdem verdammt viel Geld, das im sozialen Bereich und für den Klimawandel fehlt – mit dem können wir kein Abkommen schließen. Aber diese menschenverachtenden Abkommen gegen Geflüchtete gefährden unser freiheitliches Europa, gefährden unsere Demokratie – für deren Erhaltung wir uns ja gerade so stark einsetzen. Sie führen auch dazu, dass sich Menschen auf noch gefährlichere Routen begeben MÜSSEN. Über 108 Mio Menschen waren 2022 auf der Flucht. Über 62 Mio davon sind Binnenflüchtlinge oder sind ins unmittelbare Nachbarland geflüchtet. Nach Deutschland sind ca 2,1 Millionen gekommen. Die meisten kommen aus Syrien, Ukraine, Afghanistan. Wir stehen vor großen Herausforderungen. Aber die können wir nur gemeinsam schaffen, mit einem solidarischen und menschlichen Klima in unserer Gesellschaft – für
alle Menschen.

Vielen Dank!

 

Marion Schädlich ist aktiv bei der Seebrücke Lokalgruppe Aschaffenburg.