Redebeitrag für den Ostermarsch in Heidelberg am 30. März 2024

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

es ist höchste Zeit für Abrüstung! Stoppt die Aufrüstung Deutschlands, der NATO und der EU! Kriege und Waffenlieferungen befördern nur das alte konfrontative Denken!

Doch zu der sog. Zeitenwende mit der Nationalen Sicherheitsstrategie kommen seit Ende 2023 die unsäglichen Verteidigungspolitischen Richtlinien des Ministers Boris Pistorius! Diese neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien werden wort-wörtlich auf Kriegstüchtigkeit ausgerichtet!

➔ Wer solche Aussagen formuliert, will letztlich auch Krieg führen können! Und nicht vermeiden!

Aktuell befinden wir uns wieder in einem neuen atomaren Rüstungswettlauf. In den Militärdoktrinen der Großmächte erlebt die Atombombe eine strategische Renaissance und wird auch als Mittel der Kriegführung gesehen. Das Atomwaffenlager Büchel wird aktuell für die Lagerung von modernisierten Atombomben umgebaut.

Besonders kritisch ist die Anschaffung der modernen, atomwaffenfähigen Kampfflugzeuge.

Die nukleare Gefahr ist derzeit höher als im Kalten Krieg.

Wir fordern von der Bundesregierung:

  • Sofortige Unterzeichnung des UN-Atomwaffenverbots-Vertrags!
  • Den Abzug der in der Eifel gelagerten US-Atomwaffen!
  • Stoppt die atomare Aufrüstung Deutschlands und der NATO!

Kurze Analyse was ist:

Aktuell ist die größte Herausforderung für die Menschheit die Klimakatastrophe. Sie erfordert immense politische wie ökonomische Anstrengungen. Weltweit können die Gesellschaften diese nur gemeinsam aufbringen.

Stattdessen investiert die Politik weiterhin in todbringende Rüstung!

Der Ostermarsch im Jahr 2024 findet statt in einer Zeit multipler Krisen und Kriege:

*Klimakrise, *Demokratiekrise, *steigende Inflation, *Rechte Bedrohungsallianzen wie die Zunahme von Wähler/innenstimmen aus der Mitte der Gesellschaft für die AfD, *sich aufschaukelnde Kommunikationswege wie in den sozialen Medien (abgedichtete Echokammern) tragen zu Konflikten und Spannungen in unserer Gesellschaft bei.

*In der Mitte der Gesellschaft erleben wir voranschreitende Prozesse in Richtung Individualisierung, Konkurrenz und Ungleichheitsdenken. Für rechte Politik und rechte Ideologien grundlegende Anknüpfungspunkte.

*Die Asyl- und Migrationspolitik wird durch staatlich offensiv vorangetriebene Entwürdigung von Geflüchteten (wie z. B. die Chipkarte) verschärft, *immanente Aufrüstung und mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gibt es seit dem 2. Weltkrieg zum zweiten Mal Krieg auf europäischem Boden. (zur Erinnerung: Vor 25 Jahren bombardierte die NATO Jugoslawien)

Zwei Kriege nenne ich exemplarisch:

*Zwei Jahre lang nannte der Kreml den russischen Einmarsch in die Ukraine offiziell eine "militärische Spezialoperation". Seit Mitte März 24 spricht der Kreml von „Krieg“. (Bisher drohte bis zu 15 J. Haft, wer von „Krieg“ sprach.) Begründung: Seit der kollektive Westen aufseiten der Ukraine zum Beteiligten werde, erklärte Russland die militärische Spezialoperation zum Krieg. Die Ukraine wird seitdem von Russland noch brutaler angegriffen und verursacht mit der Zerstörung der Infrastrukturen weiterhin Leid und Tote.

Ich nenne dass eine neo-imperiale postsowjetische Außenpolitik gegen den (ehemaligen) Bruderstaat.

  • Ansprechen möchte ich auch den entsetzlichen, brutalen Überfall der Hamas auf israelische Zivilist/innen und auf ein Konzert mit jungen Israelis sowie *die darauf folgende Bodenoffensive Netanjahus (einem „Völkermord wie aus dem Lehrbuch“, so der zurückgetretene Direktor des New Yorker Büros des Hohen Kommissars der UN, Craig Mokhiber.
    • Wir müssen in der Öffentlichkeit und im Bundestag dringend die sogenannte deutsche Staatsräson gegenüber Israel zur Diskussion stellen und klären! Die Staatsräson, auf der Seite Israels zu stehen, entbindet uns nicht, für das humanitäre Völkerrecht, das die Mittel der Kriegsführung regelt, einzutreten.
  • Infolge der vielen Konflikte/Kriege erleben wir Verunsicherungen in den Gesellschaften, auch in der deutschen: Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer. Betroffen sind aktuell besonders die durch Kriege ausgelösten oder verstärkten globalen Folgen für viele Bevölkerungsgruppen im globalen Süden, dabei geht es häufig um die Verteuerung von Lebensmittel und Energie – auch bei uns in Europa. Denn
    • Aufrüstung verstärkt soziale Ungleichheit. Das derzeitige Motto heißt: „Bomben statt Butter!
    • Krisen sind Zeiten der Kontrollverluste und Unübersichtlichkeit.

Und hier ein Zitat aus dem Jahr 2022 von Michael von Schulenburg (ehemaliger Assistant Secretary-General der Vereinten Nationen, Leiter verschiedener Internationaler Friedensmissionen), in Heidelberg war er bereits vom Friedensbündnis Heidelberg zum Vortrag eingeladen:

Zitat: „Was den Krieg in der Ukraine so außerordentlich gefährlich macht, ist die Tatsache, dass sich auch nach 7 Monaten Krieg alle Kriegsparteien einzig und allein darauf konzentrieren, diesen Krieg zu gewinnen, während sie keine Anstrengungen unternehmen, einen Frieden zu erreichen!“

Dazu passend an dieser Stelle zitiere ich aus dem Friedensgutachten aus dem Jahr 2022: "Friedensfähig ist nur - wer über die Kriegslogiken hinaus denkt und diplomatische Optionen entwickelt, Gewaltkonflikte zumindest einzufrieren, um sie mittel- bis langfristig zu lösen.“

Zu den Forderungen an die Bundesregierung gehören zivile Methoden der politischen Konfliktbearbeitung wie:

*Diplomatie, *Konfliktprävention und *Friedenskonsolidierung, die zielgerichtet auf aktuelle Krisen reagiert – ohne in den Ruf nach mehr militärischer Verteidigung zu verfallen, sondern mit Formen ziviler Konfliktbearbeitung!

Wir fordern von der Bundesregierung:

  • Verhandeln statt schießen: Statt Waffen an die Ukraine und Israel – Einsatz für Waffenstillstand und Verhandlungen!
  • Die einzig zielführenden Maßnahmen sind Verhandlungen zur Beendigung des Krieges!
  • Um überhaupt Gespräche zwischen Russland und der Ukraine anzustoßen, wird in der Friedensforschung vom Einfrieren des Krieges gesprochen (…) – umsetzbar jedoch nur in einem internationalen Vermittlungsprozess, der konsequent Verhandlungen und Regelungen der strittigen Fragen gewährleistet.
  • Die westlichen Staaten müssen aufhören, auf einen militärischen Sieg-Frieden gegen Russland zu setzen.
  • Ein Abrücken von Maximalforderungen beider Seiten ist möglich (die Verhandlungsergebnisse von Istanbul im März 2022 demonstrieren dies. Sie wurden wegen Ablehnung von NATO-Mitgliedern nicht umgesetzt)
  • Verschärfung einer konsequent einheitlichen Umsetzung der europäischen Rüstungsexportkriterien.
  • Statt Rüstungskonzerne reich zu machen, sollte das Geld investiert werden, das Bildungs- und Gesundheitssystem (…) und die Sozialausgaben erhöht werden.“ (Willy van Ooyen, Sprecher des Frankfurter OM-Büros).
  • Den Atomwaffenverbotsvertrag endlich unterzeichnen!
  • Flüchtende und Deserteure ungeachtet ihrer Herkunft aufnehmen!

Und zu guter Letzt:

Appelle an die Friedensbewegung und die Zivilgesellschaft:

  • Trainings in Gewaltfreier Aktion zur Vorbereitung von Aktivitäten der
  • Friedensbewegung (z. B. Aktionen, Demos, Blockaden, Zivilen Ungehorsam)
  • Fortbildung in dem nicht-militärischen Verteidigungskonzept der Sozialen
  • Verteidigung – es beruht auf dynamischer Weiterarbeit ohne Kollaboration
  • und internationaler nicht-militärischer Unterstützung.
  • Feindbildabbau – zivilgesellschaftlichen und kulturellen Austausch mit
  • Russland aufrechterhalten.
  • Keine Sanktionen auf kultureller, sportlicher und wissenschaftlicher Ebene.
  • Die verschiedenen sozialen Bewegungen aufrufen, sich zusammenzuschließen und mit anderen gesellschaftlichen Organisationen zu kooperieren, wie es derzeit exemplarsich zwischen Klimaaktivist/innen von Fridays for Future und der Gewerkschaft ver.di geschieht.

„Macht entspricht der menschlichen Fähigkeit, nicht nur zu handeln, sondern sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln.“ (Hannah Arendt in: Macht und Gewalt, 14. Aufl. 2000)

Vielen Dank.

 

Renate Wanie ist u.a. aktiv beim Heidelberger Friedensratschlag.