Redebeitrag für den Ostermarsch in Büchel am 1. April 2024

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Ich stehe heute hier als Sprecher der ehrenamtlichen Greenpeacegruppe Köln, geleitet von Rafael, der mir heute das Wort überlassen hat. Ich stehe hier als 38-jähriger Mann, der sich seit seinem 15. Lebensjahr mit Computern beschäftigt. Nicht nur, weil ich Computer damals mehr verstand als Erwachsene, sondern auch durch den Freigeist, der im Internet zu dieser Zeit noch existierte. Hacker, die für einen guten Zweck Systeme hackten, und Softwareentwickler, die als Hobby Programme programmierten, die jeder auf der Welt nutzen kann. Ein Satz aus der Hackerethik der mich bis heute begleitet ist „Alle Informationen müssen frei sein“. Es geht dabei aber nicht um die privaten Daten. Es war eine Community aus kreativen Ingenieurinnen und Ingenieuren, egal woher. Die Community existiert 23 Jahre später immer noch, aber der Kapitalismus hat einiges kaputt gemacht. Inzwischen bin ich wie gesagt 38, aber Erwachsene verstehe ich zu großen Teilen immer noch nicht. Ich persönlich möchte nicht, dass eine Atommacht und die Zukunft der Menschheit von hitzköpfigen Populisten, alten Männern, denen ich nicht mal mein Kind anvertrauen würde, oder Führern totalitärer Staaten bestimmt wird.

Männer, die ihr Leben gelebt haben und nur durch die Ausübung von Macht einen Kick verspüren, vertrauen wir Waffen an, die uns, unsere Kinder und Kindeskinder in Unglück stürzen. Diese Männer (ja, es sind überwiegend Männer) mit ihren Egos entscheiden über eine Zukunft, von der sie selbst nicht mehr viel haben. Finde den Fehler.

Jeder von uns würde in die geschlossene Psychiatrie oder direkt ins Gefängnis eingewiesen, wenn sein Verhalten sich oder andere Menschen gefährdet. Du bist ein Politiker, der bei einem Tweet die Beherrschung verliert und die halbe Menschheit ins Unglück stürzen könnte? Kein Problem. Hier ist der Knopf. Welch Ironie.

Machthaber teilen sich ihre Macht letztendlich mit ihrem Stab an Beratern, Ministern und Lobbyisten, die jeweils für sich oder die Institution, die sie vertreten, eine Meinung oder ein Wirtschaftsinteresse vertreten. Leider lassen wir Menschen uns leicht beeinflussen. Ein Hacker, der die bekannte KI Chat-GPT auseinandernahm und Schwachstellen fand, Connor Leahy, geht daher davon aus, dass, wenn eine KI supermächtig werden würde, sie die Schwachstelle der Beeinflussbarkeit des Menschen durch Fakevideos und Anrufe etc. so beeinflusst, dass diese sich anfangen zu bekriegen. Was kannst du persönlich tun um weniger beeinflusst zu werden:

  • Verwende Adblocker. Wenn du den Inhalte gut findest, bezahle dafür.
  • Verwende E-Mailrelays
  • Verwende Spamfilter
  • Verwende VPNs
  • Verwende den Tor-Browser

Wer heute geglaubt hat, nichts über KI zu hören, dem sei gesagt, dass es KI-ähnliche Algorithmen sind, die heute die Meinung der Menschen in den sozialen Medien beeinflussen, damit es demjenigen, der diese Algorithmen kontrolliert und bezahlt, in die Karten spielt. Und wenn es um Waffen geht, ist immer viel Geld dahinter. Bei Atomwaffen waren die Ausgaben 2022 weltweit

82 Milliarden Euro. Natürlich sind das keine Beeinflussung durch Videos, wo jemand neben einer Atombombe steht, mit zwei Daumen nach oben lächend in die Kamera grinst. Da geht es vielleicht um Sicherheit im Land und dass es Sinn macht, dem Feind gegenüber (wer auch immer das aus Sicht des/der Politiker gerade ist) eine Drohkulisse aufzubauen. Vielleicht aber auch Politiker, die neben Atomwaffen stehen. Vielleicht geht es auch nur darum, Werbung für eine Karriere im Militärsektor zu schalten. Oder es geht um Wahlbeeinflussung. Bomben zu verbessern, zu produzieren und zu lagern, erzeugt Gewinne für waffenproduzierende Unternehmen. Was du konkret machen kannst?

  • Wechsle deine Bank!
  • Prüfe deine Fonds und von welche Unternehmen dort Anteile enthalten sind.
  • Prüfe, wo Geld von dir von Versicherungen in die Rüstungsindustrie fließt.

Wer hat nicht das Bild eines Menschen im Kopf, der tatsächlich noch die ethisch-moralische Entscheidung über den Abwurf einer Bombe treffen muss? Dies nennt sich Mensch-am-Abzug-Ansatz. Man muss sich vergegenwärtigen, wie die Entscheidung, eine Atombombe einzusetzen, praktisch abläuft. Zum Beispiel in den USA: Da hat der Präsident ständig dafür einen Koffer dabei, der angeblich konkrete Pläne für Ziele, Aktivierungscodes, Kommunikationssystem usw. enthält. Zweiter Bestandteil ist ein Plastikkärtchen. Darauf steht ein

Autorisierungscode, der den Präsidenten identifiziert. Dieser muss die Karte immer bei sich tragen. Jeder der schonmal eine Karte verloren hat, weiß wie gut das funktioniert.

Nur die Kombination von Tasche und Kärtchen kann einen US-Atomangriff in Gang setzen. Der Präsident kann damit entweder auf den Abschuss feindlicher Nuklearwaffen reagieren oder einen Erstschlag anordnen. Als Erstschlag beschreibt man eine Nuklearstrategie, bei der ein Angriff mit Kernwaffen auf einen Gegner erfolgt, um alle oder zumindest den größten Teil der gegnerischen Nuklearwaffen einschließlich Startanlagen und Träger auf Anhieb zu vernichten.

Was du tun kannst:

  • Erhebe deine Stimme gegen Atomwaffen!
  • Unterstütze die Petition der ICAN.
  • Werde in Friedensbewegungen stark
  • Informiere dich und andere über die Auswirkungen von Atomwaffen

In Amerika gibt es ein besonderes Zeitfenster von dem ich euch berichten möchte. Bei einem drohenden feindlichen Erstschlag um drei Uhr in der Nacht werden nicht erst alle aus dem Bett geklingelt. Um rechtzeitig reagieren zu können bleiben für einen präventiven Erstschlag höchstenfalls zwölf Minuten. Die Zeit für die Entscheidungskette wäre in so einem Fall dramatisch verkürzt: Der US-Kongress, der sonst eine Kriegserklärung absegnen muss, wird nicht mehr eingeschaltet. Der Präsident wird sofort mit dem Generalstab verbunden, der seine Befehle weitergibt an die Einsatzkräfte bei den Bomben. Er berät sich - inwieweit das innerhalb von 12 Minuten möglich ist - mit den Militärs und dem Verteidigungsminister, doch alle sind ihm unterstellt.

"Es gibt kein Veto mehr", sagt der Nuklearexperte Franklin Miller, der 31 Jahre lang für die US-Regierung gearbeitet hat. Trump hat sich als dünnhäutig, impulsiv und desinformiert erwiesen – das Gegenteil dessen, was in einer solchen Situation gebraucht wird.

Wie über so vieles, wird darüber diskutiert, dass in Zukunft eine künstliche Intelligenz an diesem neuralgischen Punkt zum Tragen kommen könnte. Systeme, die einen Erstschlag automatisch erkennen und einen Gegenschlag initiieren ohne einen ehtisch- moralischen Kompass zu haben.

Wir können nur hoffen, dass es nicht irgendwann in zukünftigen Geschichtsbüchern heißt: "Und dann begann der Atomkrieg, der das Leben auf dem Planeten so stark dezimierte, dass die Menschheit selbst vom Aussterben bedroht war." Dafür stehen wir heute hier!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

 

Stefan Räder ist aktiv beider Greenpeave Gruppe in Köln.