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Redebeitrag für den Ostermarsch in Würzburg am 19. April 2025
- Es gilt das gesprochene Wort –
Liebe Freundinnen und Freunde,
Wer Frieden will, muss zuhören und reden wollen
Sie fragt: ,Wann werden wir uns treffen?' Ich antworte: , Wenn der Krieg zu Ende ist.' Sie fragt: ,Wann ist der Krieg zu Ende?' Ich antworte: , Wenn wir uns treffen.'
- Mahmoud Darwish (1941-2008), palästinensischer Dichter, im Dialog mit seiner jüdischen Freundin*
Wenn wir uns treffen -
wenn wir aufeinander zugehen, zuhören und zu verstehen bereit sind, selbst wenn wir anderer Meinung sind,
wenn es uns ernst damit ist, Frieden zu wollen - dann können Kriege beendet werden!
Jeder Ruf nach ,Kriegstüchtigkeit' sollte mit einer Lesung aus ,Im Westen nichts Neues' beginnen, damit allen bewusst wird, was Krieg ist!
Kriege wären wohl schnell zu Ende, wenn diejenigen darüber entscheiden dürften, die, ohne je gefragt worden zu sein, zu den unmittelbaren Opfern und Leidtragenden werden; Kriege wären auch schnell zu Ende, wenn diejenigen, die sie ausrufen, befeuern und befehlen, selbst an die vorderste Front müssten, frei nach dem Zitat von Erich Maria Remarque: ,,Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen." Ja, und es ist auch etwas dran an dem verstörenden Spruch: ,Die Waffen liefern die Reichen, die Armen liefern die Leichen!'
Wollen wir uns dem Diktat der sog. Kriegstüchtigkeit fügen? Bringt uns der mit einem dreisten parlamentarischen Coup durchgepeitschte Blankocheck für unbegrenzte Aufrüstung einem sicheren, friedlichen Europa näher? Gegen die orchestrierte Kriegspropaganda haben namhafte Wissenschaftler mit ihrem Widerspruch, der derzeit verbreitete Alarmismus in Teilen der Politik und Medien basiere auf keiner seriösen Bedrohungsanalyse5, keine Chance. Wessen Interessen werden bedient, indem solche Aussagen, ebenso wie fundierte Konzepte ziviler Konfliktbearbeitung, in Politik und Leitmedien weitgehend totgeschwiegen werden?
In ihrem aktuellen Strategiepapier [EU-Weißbuch zur Verteidigung] warnt die EUKommission zur Untermauerung ihrer irrwitzigen Aufrüstungspläne: ,,Die Geschichte wird uns Untätigkeit nicht verzeihen." Die Geschichte wird uns viel eher das fatale Versäumnis nicht verzeihen, nicht alles dafür getan zu haben, um in einem konstruktiven Dialog mit Russland das propagierte Szenario abzuwenden, das uns als selbsterfüllende Prophezeiung in den Abgrund reißen kann!
Und hoffentlich verzeiht uns die Geschichte auch unsere verlogenen Doppelstandards nicht, die wir im Umgang mit völkerrechtswidrigen Aggressionen an den Tag legen! Daran soll hier zumindest erinnert werden. Ist es nicht so, dass wir mit unserer blinden Loyalität und unseren Waffenlieferungen ein außer Rand und Band geratenes Regime unterstützen, das seinen Vernichtungsfeldzug gegen die Palästinenser mit dokumentierten Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor der Augen der ganzen Welt ungestört fortführen und straflos Teile vom Libanon und von Syrien besetzen darf? Und ist es nicht so, dass wir zum langjährigen Terror eines NATO-Partners gegen die Kurden in Nordsyrien und Nordirak dröhnend schweigen?
,Wann ist der Krieg zu Ende?' - ,Wenn wir uns treffen.'
Ganz bestimmt treffen wir uns nicht mit der Empfehlung aus der Handreichung des Auswärtigen Amtes für Länder, Landkreise und Kommunen anlässlich des Gedenkens an den 80. Jahrestag der Befreiung von der NS-Diktatur am 8. und 9. Mai 2025: ,,Im Inland grundsätzlich keine Teilnahme offizieller Stellen an Veranstaltungen auf Einladung von Russland/Belarus und keine Einladung an russische und belarussische Vertreter zu Gedenken von Bund, Ländern und Kommunen ... Sollten Vertreter von Russland
oder Belarus bei Veranstaltungen im Inland unangekündigt erscheinen, können Einrichtungen in eigenem Ermessen und mit Augenmaß von ihrem Hausrecht Gebrauch machen." Die Länder, die damals den mit Abstand höchsten Blutzoll entrichtet haben, sollen also am offiziellen Gedenken an ihre eigenen Toten nicht teilnehmen dürfen, eine Annäherung in gemeinsamer Trauer ist offensichtlich ausdrücklich unerwünscht.
[RPK 09.04.2025] 6
,Wann ist der Krieg zu Ende?' - ,Wenn wir uns treffen.'
Sind, vom Ende her gedacht, Sicherheit und Frieden in Europa gegen Russland statt mit diesem großen direkten Nachbarn realistisch? Wohl kaum!
Wir sind keine naiven Lumpenpazifisten, auch keine ,Putinfreunde', wenn wir Nein sagen zum propagierten Hass gegen Russland und zu einer brandgefährlichen Aufrüstungsspirale. Es ist uns auch bewusst, dass diplomatische Wege zum Frieden mit Russland schwierig und langwierig sein dürften. Vertrauen ist verspielt worden und Demütigungen, Vertragsbrüche und Missachtungen berechtigter Sicherheitsinteressen müssen bewältigt und überwunden werden. Aber wir erkennen nicht ansatzweise den politischen Willen, der Diplomatie unbedingten Vorrang einzuräumen! ,.Wenn wir für jedes Mal Taurus nur einmal das Wort Diplomatie gehört hätten, wären wir einem Frieden in der Ukraine heute sehr viel näher", so Jan van Aken, der Parteichef von Dielinke.
Sollte mit der Feindbildhysterie und obsessiver Ausgrenzung auf allen Ebenen nicht endlich Schluss sein? Wir können nicht ernsthaft der primitiven Gleichung folgen, Putin = Russland! Sollten nicht stattdessen Begegnungen gefördert werden, wo es nur geht, im Jugendaustausch, in Städtepartnerschaften, im Sport, in Kultur und Wissenschaft u.a.?
Diese unmittelbare Begegnungen, das lehren uns doch die Nachkriegsjahre, ermöglichen die Erkenntnis, dass uns als Menschen viel mehr eint als trennt!
Wir müssen aufwachen und uns weigern, Feinde zu sein!
Wo sind wir falsch abgebogen, dass das Attribut ,Versteher' zu einem verächtlichen, ausgrenzenden Schmähwort wurde? Wir müssen doch gegenseitig zu ,Verstehern' werden und begreifen lernen, was für den anderen wesentlich ist, was ihn demütigt, angreift und entfremdet. Wir verwehren uns zugleich gegen die absurde und destruktive Unterstellung, allein verstehen wollen sei schon Verrat, Gefolgschaft und überlaufen zum ,Feind'.
,Wann ist der Krieg zu Ende?' - ,Wenn wir uns treffen.'
Die gute Nachricht: WIR KÖNNEN UNS TREFFEN! Kluge sicherheitspolitische Alternativkonzepte gegen das Primat der Militarisierung liegen vor! Nur werden sie sorgsam unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit gehalten. Eines davon ist Sicherheit neu denken.4 Andere wegweisende Mutmacher sind u. a. der Aufruf der Gewerkschaften gegen Aufrüstung und Krieg3 und das differenzierte Konzeptpapier ,Friedensmacht Europa'2
Ganz aktuell lädt
das Europäische Friedensprojekt am 09. Mai um 17 Uhr1 alle Menschen ein, ohne Aufwand dort, wo man gerade ist und in der eigenen Sprache die Stimme gegen den Rüstungswahn und die propagierten Feindbilder öffentlich zu erheben. So soll eine europaweite Gemeinschaft sieht- und hörbar werden, die NEIN sagt zu dem von der Politik und den meisten Medien geradezu heraufbeschworenen Krieg in Europa!
Wer wirklich Frieden will, muss den Mut und den Willen haben, die Spirale des Rüstungswettlaufs und der Feindseligkeit zu durchbrechen und dies auch von den politischen Entscheidern einfordern!
Wer wirklich Frieden will, muss - gerade in kritischen Zeiten! - aufeinander zugehen, zuhören und miteinander reden wollen!
Quellen:
- (1) https://europeanpeaceproject.eu/uber-uns/ https://europeanpeaceproject.eu/manifest-deutsch/
- (2) https://globalbridge.ch/friedensmacht-europa-der-gegenentwurf-zum-brandg...militarismus-der-europaeischen-union/
- (3) https://gewerkschaften-gegen-aufruestung.de
- (4)https://www.sicherheitneudenken.de/ https://www.sicherheitneudenken.de/media/download/variant/410614/positiv...europas-rolle-fuer-den-frieden-in-der-welt-01.01.2025.pdf
- (5) https://epo.de/17 499-bicc-plaediert-fuer-rationale-sicherheitspolitik-statt-alarmismus/ 6 https://www.nachdenkseiten.de/?p=l31489
- * forumZFD.de, 16.02.2024
Eva Peterle ist aktiv für attac Wü, AG Globalisierung&Krieg.