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Redebeitrag für den Ostermarsch in Köln am 19. April 2025
- Sperrfrist: 19.04., Redebeginn: ca. 14 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort –
Liebe Friedensfreundinnen und –Freunde,
An den Ostertagen gedenken die Gläubigen der dramatischen und tragischen Ereignisse um den Messias - Intrigen, Hass-Reden, Verrat , und schließlich der grausame Justizmord. An Erlösung ist da zunächst gar nicht zu denken.
In diesem Jahr kommen wir in einer bedrückenden internationalen Lage zu unseren Oster-Friedensdemonstrationen zusammen. Die Lage im Nahen Osten, insbesondere in Palästina kann man nur als entsetzlich beschreiben. Nun schon seit 6 Wochen hat die israelische Regierung eine komplette Blockade aller Lieferungen gegen die über zwei Millionen Bewohner der Küstenenklave Gaza verhängt – weder Lebensmittel noch medizinische Bedarfsgüter werden durchgelassen.
Ich habe bisher zweimal den Gaza-Streifen besucht, zuletzt 2011, als für kurze Zeit die Einreise auf dem Weg über Ägypten leicht möglich war, zur Zeit des Präsidenten Mursi. Wir haben damals das Ali-Arab-Krankenhaus besucht, ein sehr gut geführtes Haus im Besitz der anglikanischen Kirche. Nun mußten wir zweimal von Bombendetonationen dort lesen. Schon kurz nach Beginn des Gaza-Angriffs waren Flüchtlinge, die auf dem Gelände Zuflucht gesucht hatten, durch eine Bombe zu hunderten getötet worden. Vor ein paar Tagen nun erneut ein Bombenangriff, der den Operationstrakt zerstörte. Die meisten Krankenhäuser in Gaza sind inzwischen schwer beschädigt , nach wiederholten Angriffen der israelischen Truppen, angeblich, weil die Hamas dort Kommandozentralen unterhalte. Bereits mehr als 1000 Mitarbeiter des Gesundheitswesens wurden getötet. Drei leitende Ärzte wurden nach ihrer Festnahme in israelischer Haft so massiv gefoltert, dass sie das nicht überlebten. Vor einigen Tagen erst wurden 14 Rettungs-sanitäter bei einem nächtlichen Alarm-Einsatz umgebracht und verscharrt – die vom israelischen Militär vorgebrachten Umstände stellten sich als krasse Unwahrheit heraus.
Eine weitere besonders verfolgte Berufsgruppe sind die Journalisten – 175 Medienleute wurden in Gaza seit dem Oktober 2023 ums Leben gebracht - meist sehr gezielt . Kinder und Jugendliche gehören zur größten Opfergruppe des Kriegs in Gaza.
Mehr als 50.000 Todesopfer hat dieser Krieg in Gaza schon gefordert, ohne die unbekannte Zahl der unter den Häusertrümmern verschütteten Opfer. Über 70 % der Gebäude in Gaza sind zerstört oder schwer beschädigt, die Städte gleichen Trümmerwüsten. Auch die landwirtschaftlich genutzten Flächen sind nun zu drei Vierteln unbrauchbar. Offenbar soll Gaza für seine Bürger völlig unbewohnbar gemacht werden, um die Menschen per Zwang in ferne Regionen umzusiedeln. Mr.Trump träumt schon davon, die frei gewordenen Flächen in ein neues Luxus-Domizil, eine „Riviera“ zu verwandeln.
Der internationale Gerichtshof in Den Haag hat auf Klage Südafrikas ein Verfahren gegen Israel wegen des Verdachts auf Völkermord eröffnet – der internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehl gegen Premier Netanjahu und Ex-Verteidigungsminister Gallant verhängt. Dieser hatte in einem Lagebericht des israelischen Militärs mitgeteilt, dass Israel „eine vollständige Belagerung des Gaza-Streifens verhängt. Kein Strom, keine Lebensmittel, kein Wasser, kein Treibstoff. Alles ist geschlossen. Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und handeln entsprechend“ - so Minister Gallant.
Der Internationale Strafgerichtshof hatte auch gegen drei Hamas –Führer Anklage erhoben – die inzwischen aber im Krieg getötet wurden. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat die Situation schon am 6.November 2023 treffend beschrieben: „Dieser Albtraum in Gaza ist mehr als eine humanitäre Krise. Es ist eine Krise für die Menschheit, für die Humanität.“
Die deutsche Bundesregierung hat bisher schon mit ihren Waffenlieferungen und ihrer Kritiklosigkeit, ja ihrer aktiven politischen Unterstützung des Netanjahu-Regimes den Schaden vergrößert. Der designierte Kanzler Friedrich Merz hat sogar angekündigt, er wolle Netanjahu trotz des Haftbefehls aus Den Haag in Deutschland willkommen heißen – Geringschätzung der internationalen Justiz als Mut-Beweis? Das reiht sich ein in die Rolle des Juniorpartners, die die deutsche Regierung auch im Ukrainekrieg gegenüber der US-Regierung bisher übernommen hat.
Auch für die Ukraine gilt: schon längst hätte nicht nur die US-Regierung sondern auch der deutsche Bundeskanzler nach politischen Wegen suchen müssen, mit Russland Möglichkeiten der Verhandlungslösung im Konflikt mit der Ukraine zu finden. Wäre eine neutrale Ukraine nachteilig für Deutschland? Wäre die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa nicht das geeignetere Forum, um Frieden und Abrüstung in unserem Kontinent zu organisieren – eben mit Russland - inspiriert vom Beispiel der kreativen Friedenspolitiker Willy Brandt und Egon Bahr. Geeigneter jedenfalls als das Kriegsbündnis NATO, das uns nun sogar in den Konflikt mit China hineinschippern will.
Last not least: wir sollten auch nochmal kritisch überprüfen, ob tatsächlich BlackRock den Wiederaufbau der Ukraine managen soll – vielleicht sind die Aktienkurse nicht das einzige Kriterium für sinnvollen ökonomischen Aufbau.
Denn für die kommenden Jahre und Jahrzehnte sollten wir uns vornehmen: Sicherheit neu denken! Nicht die Russen und Chinesen sind die größte Gefahr für uns und die kommenden Generationen, sondern die Ruinierung unserer Biosphäre durch eine zerstörerische Wirtschaftsweise, und dabei wesentlich gerade auch durch die Rüstungs- und Kriegswirtschaft.
Hier zum Abschluss noch unsere IPPNW-Forderungen in Bezug auf den Nahost-Krieg:
Wir fordern:
- Militärische Angriffe auf Krankenhäuser und Folter von medizinischem Personal sind völkerrechtswidrig. Die IPPNW Deutschland fordert die Bundesregierung auf sich einzusetzen für:
- Einen umfassenden und dauerhaften Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas
- Den Schutz und die uneingeschränkte Versorgung der Zivilbevölkerung in Gaza
- Die Freilassung der israelischeln Geiseln im Gaza-Streifen
- Die Freilassung aller in Israel zu Unrecht festgehaltenen Menschen, darunter medizinisches Personal
- das uneingeschränkte Bekenntnis zur grundgesetzlich verankerten Geltung des internationalen Rechts und seiner Institutionen
Die IPPNW Deutschland fordert den Stopp von Rüstungsexporten nach Israel, da das Risiko besteht, dass sie zu schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte und des humalitären Völkerrechts beitragen.
Vielen Dank für eure und Ihre Aufmerksamkeit!
Dr. Matthias Jochheim ist aktiv bei der IPPNW.