Redebeitrag für die Kundgebung zum Flaggentag der Mayor for Peace 2022 am 8. Juli 2022 in Bonn.

 

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Mayer,
liebe Freundinnen und Freunde!

Rund 500 Städte beteiligen sich heute in Deutschland im Rahmen des „Mayor for Peace-Netzwerkes“ mit dem Hissen der Friedensflagge vor den Rathäusern, um ein Protestzeichen gegen Atomwaffen zu setzen. Von den Bürgermeistern von Hiroshima und Nagasaki ist diese Initiative vor 10 Jahren ausgegangen, von den Städten, die 1945 von zwei Atombomben verwüstet, verbrannt und verstrahlt wurden. Die Opfer dieser Atombombenabwürfe mahnen uns, alles zu tun, dass dies nie wieder geschieht.

Die indirekte Drohung Russlands mit Atomwaffen im Kontext des Ukraine-Krieges zeigt, wie fragil die atomare Abschreckung ist. Der Atomkrieg ist jederzeit möglich. Weitere Eskalationen im Ukraine-Krieg auch durch Waffenlieferungen des Westens müssen unterbleiben. Wir brauchen eine sofortige starke Initiative der UNO und des Westens, die Kriegsparteien zu einem Waffenstillstand und Verhandlungen zu bewegen.

Wir sind der Stadt Bonn dankbar, dass sie sich an diesem Flaggentag beteiligt und dass der Bürgerausschuss der Stadt sich im letzten Jahr dem ICAN-Städteappell angeschlossen hat. ICAN ist die Internationale Kampagne zur Ächtung von Nuklearwaffen. In diesem Appell heißt es u.a.: „Jeder Einsatz von Atomwaffen, ob vorsätzlich oder versehentlich, würde katastrophale, weitreichende und lang anhaltende Folgen für Mensch und Umwelt nach sich ziehen. Daher begrüßen wir den von den Vereinten Nationen verabschiedeten Vertrag zum Verbot von Atomwaffen (von) 2017 und fordern die Bundesregierung zum Beitritt auf.“

Der neue Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) ist am 22.1. letzten Jahres in Kraft getreten. Dieser Vertrag ist notwendig geworden, weil sich die Atomwaffenstaaten seit über 50 Jahren weigern, der Verpflichtung zu volständiger nuklearer Abrüstung aus dem Nichtverbreitungsvertrag nachzukommen. Die erste Staatenkonferenz zum AVV hat letzten Monat in Wien stattgefunden. Deutschland nahm zwar beobachtend teil, betonte aber den eigenen Nichtbeitritt zum Vertrag. Dies ist skandalös! Deshalb sind wir dankbar, dass unsere Oberbürgermeisterin in der Pressemitteilung zu diesem Tag heute – im Gegensatz zur Politik der Ampel-Koalition - ausdrücklich den Beitritt Deutschlands zum AVV gefordert hat!

Doch hartnäckig hält die Bundesregierung an der nuklearen Teilhabe in der NATO fest. 60 km von Bonn entfernt lagern in Büchel in der Eifel etwa 20 Atombomben mit einer Sprengkraft von jeweils bis zu 13 Hiroshima-Bomben. Dazu stehen in Büchel auch Tornado-Jagdflugzege als Trägersysteme bereit, mit denen deutsche Soldaten alljährlich den Abwurf der Atombomben üben. Im Kriegsfall sollen Bundeswehrsoldaten die atomar-tödliche Last in die Ziele fliegen. Im Oktober wird sich die Bundeswehr wiederum an dem Atomkriegsmanöver der NATO „Steadfast Noon“ beteiligen.

Statt atomar abzurüsten, will die Bundesregierung mit dem 100-Milliarden-Paket zur Aufrüstung auch neue F-35-Atombomber anschaffen. Auch die Atombomben in Büchel sollen durch zielgenauere und in der Endphase lenkbare Bomben ersetzt werden. Dies senkt die Hemmschwelle für einen Einsatz. Dafür wird Büchel aktuell für 260 Millionen Euro umgebaut.

Das Konzept der „nukleare Teilhabe“ ist in Wirklichkeit ein Konzept der „nuklearen Gefangenschaft“ und es ist obendrein völkerrechtswidrig. Denn nach dem Nichtverbreitungsvertrag für Nuklearwaffen darf die Bundesrepublik weder unmittelbar noch mittelbar über Atomwaffen verfügen. Und in Büchel haben wir genau diese mittelbare – und im Ernstfall unmittelbare - Verfügungsgewalt. Jeder Einsatz von Atomwaffen wäre völkerrechtlich ein Verbrechen.

Denn der Internationale Gerichtshof hat heute genau vor 26 Jahren in einem von der UNO angeforderten Gutachten erklärt, dass der Einsatz dieser Waffen „generell“ völkerrechtswidrig sei. Atomwaffen können nicht zwischen Kriegsbeteiligten und Zivlist*innen unterscheiden, sie verursachen extreme Qualen, wirken durch die Strahlung unbegrenzt, zerstören die Umwelt, ziehen unbeteiligte Staaten in Mitleidenschaft und bedrohen den gesamten Planeten.

Wir fordern den Abzug der Atombomben aus Büchel, den Ausstieg aus der nuklearen Teilhabe in der NATO, keine neuen Atombomber F-35, und den Beitritt Deutschlands zum AVV!

Wir müssen stärker werden in unserem Widerstand gegen die Atomwaffen. Es geht dabei um Aufklärung, um Druck auf die Abgeordneten und um direkten Protest und Widerstand. Beteiligt Euch an den Aktionen in Büchel und an der Protestdemonstration gegen das Atomkriegsmanöver in Nörvenich am 22. Oktober. Informiert Euch über die Kampagne "Büchel ist überall – atomwaffenfrei jetzt!“ Alle Infos dazu im Netz auf der Seite atomwaffenfrei.de

Und wir sehen uns am Hiroshima-Gedenktag am 6. August in Beuel!

Seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Atombombenaufrüstung!

Vielen Dank!

 

Martin Singe ist aktiv bei Pax Christi Bonn.