200 Milliarden und mehr jährlich fürs Militär? Nicht mit mir!
Ich protestiere gegen die geplante massive Aufrüstung Deutschlands!
Redebeitrag für die Demonstration "Nie wieder kriegstüchtig!“ in Berlin am 3. Oktober 2025
- Es gilt das gesprochene Wort –
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich bin glücklich, heute erneut in Berlin zu sein. Nachdem wir letzte Woche am Samstag in Berlin ein klares Signal auch an die Bundesregierung gegen ihren Kriegskurs in Zusammenarbeit mit Israel gesetzt haben, setzen wir heute erneut ein Zeichen dafür, dass der eingeschlagene Kurs dieser Bundesregierung, der Aufrüstung und Kriegstüchtigkeit das Wort redet, von uns allen gemeinsam nicht akzeptiert wird.
Wir sagen gemeinsam, wir brauchen Frieden: Frieden in der Ukraine, Frieden in Gaza und Palästina, Frieden im Sudan, in Kongo, in Mali, in so vielen Kriegsherden dieser Welt, die mit Waffen made in Deutschland geführt werden. Wir sagen: Stoppt endlich diese Waffenexporte! Hört auf an Kriegen und am Leid von Menschen zu verdienen!
In seinem Gedicht an seine Nachgeborenen beschreibt Bertolt Brecht, in welchen finsteren Zeiten er lebte. Und er stellt die Frage, was sind das für Zeiten, wo es fast ein Verbrechen ist, über Bäume zu reden, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt?
Ja, liebe Freundinnen und Freunde, dieses Gefühl von Bertolt Brecht kann ich heute auch als Abgeordnete im Europäischen Parlament so klar nachvollziehen. Wir haben so viele Kriege in dieser Welt, die mit Waffen made in der EU geführt werden. Wir haben so viele Branderde in dieser Welt, wo die Herrschenden in Europa den Bevölkerungen erzählen, dass sie doch nur für Frieden, Völkerrecht und Gerechtigkeit einstehen würden.
Liebe Freundinnen und Freunde,
vor drei Tagen ist meine Großmutter in der Türkei gestorben. Sie ist über 90 Jahre alt und ist eines natürlichen Todes gestorben. Das ist der natürliche Werdegang des Lebens. Aber dann gucke ich nach Gaza und dann stelle ich fest, dass mindestens 65.000 Menschen, ja wahrscheinlich mehr als 20.000 Kinder darunter, ermordet wurden mit deutschen Waffen und ich sage, das ist nicht natürlich, das ist nicht der normale Werdegang dieser Welt und die Bundesregierung muss endlich aufhören mit ihrer Komplizenschaft an diesem Genozid! Wir wollen das nicht in unserem Namen!
Und diese Toten, egal ob in Gaza, in Mali, in der Ukraine oder sonst wo, egal welche Herkunft oder welchen religiösen Hintergrund sie hatten, das sind nicht lediglich Statistiken, das sind Menschen, das sind Biografien und das ist so viel Leid, der mit Krieg in dieser Welt angerichtet wird. Und eigentlich sind wir es, diejenigen in Europa, die wissen, was Krieg, Leid und Zerstörung bedeutet. Und es war unser kollektives Gedächtnis, das uns beigebracht hat, dass eben mehr Waffen die Welt nicht sicherer machen.
Und was erzählt uns Boris Pistorius? Was erzählt uns Herr Merz? Was hat uns Herr Olaf Scholz oder Frau Baerbock immer wieder erzählt? Sie behaupten, mit Waffen wollen sie uns Sicherheit geben. Sie behaupten, mit Waffen verteidigen Sie die Freiheit. Nein, das tut man nicht! Mit Waffen, mit Waffen schafft man nur mehr Kriege in dieser Welt! Und deshalb stellen wir uns dem entgegen.
Die Friedensbewegung hat jeden Krieg verurteilt und die Friedensbewegung steht ein für den Frieden.
Und was ist gerade im Nahen Osten los? Angeblich hat Herr Trump mit Herrn Netanjahu zusammen einen Friedensplan auf den Tisch gelegt. Ein Friedensplan, der vieles mit sich bringen wird, aber bestimmt nicht den Frieden im Nahen Osten. Ein Friedensplan, der tatsächlich die Annexion, die Vereinnahmung Gazas zementieren soll. Und nein, liebe Freundinnen und Freunde, wir wollen einen echten Friedensplan im Nahen Osten und das heißt auch, dass die Bundesrepublik Deutschland endlich das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenserinnen und Palästinenser anerkennen muss und endlich Palästina anerkennen muss!
Es wird ja noch zynischer. Tony Blair soll dann Gaza verwalten. Blair steht für den NATO-Krieg im Irak mit hunderttausenden Toten. Und ja, liebe Freundinnen und Freunde, die Friedensbewegung verurteilt natürlich jeden Angriff auf einen Nachbarstaat. Und natürlich sagen wir klar und deutlich, dass auch der russische Übergriff und Überfall auf die Ukraine völkerrechtswidrig war und haben es verurteilt. Doch ist die NATO wirklich der Friedenstifter dieser Welt, wie Sie uns erzählen? Nein, ich habe die vielen Kriege in Afghanistan, im Jugoslawien, im Irak nicht vergessen.
Und deshalb sage ich, der einzige Friedenstifter in dieser Welt ist nicht irgendein Kriegsbündnis wie die NATO und wird auch nicht eine hochmilitarisierte EU sein, sondern das sind die Völker, die für Frieden aufstehen hier und überall auf der Welt. Danke, dass ihr dafür aufsteht!
Im Europäischen Parlament habe ich so viele Rufe von Frau von der Leyen und allen anderen Präsidenten der Europäischen Staaten gehört, die immer wieder der Ukraine entgegengerufen haben: Kämpft Jungs, kämpft weiter. Ihr kämpft für unsere Freiheit!
Keine einzige diplomatische Maßnahme gab es von Seiten der EU, um diesen Krieg zu beenden. Und noch immer schreien sie nach Aufrüstung. Und sie haben das Leid der Menschen in der Ukraine missbraucht für eigene geopolitische Interessen und dafür, eine massive Aufrüstung in Deutschland voranzubringen.
Noch vor zwei Jahren konnten sie das NATO-2%-Ziel nicht gegen die Bevölkerung durchsetzen. Heute reden Sie von 5%. Frau von der Leyen mobilisiert derzeit bis zu 1000 Milliarden Euro für eine gigantische Aufrüstung. Eine Aufrüstung, die wir gemeinsam tatsächlich mit Protest verurteilen sollen. Wir wollen diesen Aufrüstungskurs nicht und wir wollen auch die sozialen Verwerfungen, die damit einhergehen, nicht!
Liebe Freundinnen und Freunde,
es ist Zeit für eine starke Friedensbewegung, die die Narrative, die uns schmackhaft machen sollen, dass wir kriegstüchtig werden sollten, auseinandernimmt. Es ist Zeit dafür, dass wir sagen, Frieden ist das Einzige, was wir wollen, gemeinsam. Und es ist Zeit für eine starke Völkerverständigung und eine Friedensbewegung in Deutschland, in Europa und weltweit für den Frieden im Nahen Osten, für den Frieden in Europa und für den Frieden überhaupt, denn wir haben aus unserer Geschichte gelernt.
Danke schön.
Özlem Demirel ist Mitglied des Europäischen Parlamentes (MdfEP) für die Partei "Die Linke".