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Redebeitrag von Werner Begoihn für den Ostermarsch Bremerhaven am 31. März 2018
- Es gilt das gesprochene Wort -
Liebe Friedensfreunde, liebe Friedensfreundinnen,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich spreche für die Initiative Mut zum Frieden, die es inzwischen seit über 15 Jahren gibt. Anlass ihrer Gründung war der Überfall auf Afghanistan Ende 2001.
Gerade in den letzten Tagen ist vom Bundestag beschlossen worden, dass noch mehr Soldaten nach Afghanistan geschickt werden sollen. In den Medien ist positiv vermerkt worden, dass die Schönfärberei der Vergangenheit einer realistischeren Beschreibung der Lage gewichen sei. Ich weiß noch, dass der Afghanistan-Einsatz ursprünglich als eine Art Polizeieinsatz begründet wurde, der beendet sei, wenn Bin Laden als Kopf von Al-Kaida gefangen genommen sei. Der ist nun schon lange tot, der Afghanistan-Einsatz ging mit wechselnden Begründungen immer weiter. Was übrig blieb zur Begründung des Bundeswehreinsatzes ist die Aufgabe, einheimische Polizeikräfte und Soldaten auszubilden, die es dann wahrscheinlich irgendwann mit den Taliban aufnehmen können sollen. Diese dünne, dümmliche Begründung, dieser Verzicht auf die Benennung realistischer Etappenziele, reichte der Mehrheit unserer Bundestagsabgeordneten aus, einer Aufstockung der Bundeswehr in Afghanistan zuzustimmen. Um Missverständnisse auszuschließen: Die Ablehnung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr durch die Friedensbewegung ist prinzipiell und nicht von besseren Begründungen abhängig.
Ich hatte vor einem Jahr gefordert, Fragen zu stellen.
- Welches Ziel hatte der Militäreinsatz in Afghanistan zu Beginn?
- Wie hoch waren die Kosten – auch an Menschenleben?
- Welche Nebenwirkungen hatte der Einsatz – sind die Menschen aus Afghanistan, die uns als Flüchtlinge erreichen auch eine Spätfolge?
- Wo ist das Verhältnis von Zielen zu Zielerreichung öffentlich dargestellt und politisch bewertet worden?
- Welche Schlussfolgerungen für andere Einsätze sind daraus gezogen worden?
Ich appelliere wieder: Stellt diese Fragen in eurer Umgebung und euren Abgeordneten und und …
Ich möchte noch zwei Fragen hinzufügen: Wann wird das Gefangenenlager Guantanamo geschlossen? Und Wer unterstützt die Taliban?
Die Unfähigkeit zu fragen, offenbart sich auch an anderen Stellen. Auch im Syrienkonflikt werden deutsche Soldaten eingesetzt. Sie haben die Aufgabe Luftaufklärung zu betreiben. Die verwendete Technik erlaubt hochauflösende Aufnahmen bei Tag und bei Nacht – das wird jedenfalls behauptet. Ich bin auch geneigt, das zu glauben. Nur weshalb wurden die Erkenntnisse der Aufklärungsflüge nicht genutzt, die Transporte des Öls, mit dem sich der IS finanzierte, zu unterbinden. Warum fragten unsere Medien noch nicht einmal nach, wohin das Öl floss?
Ich gehe weiter davon aus, dass die Erkenntnisse und Ergebnisse der Aufklärungsflüge den NATO-Mitgliedern der Region zur Verfügung gestellt werden. Das heißt dann aber auch, dass die Türkei ihre Einsatzplanung bei dem Überfall auf die Kurdengebiete um Afrin auf syrischem Staatsgebiet mit Hilfe der Bundeswehr vornehmen konnte.
Schon das unterstreicht, wie berechtigt die Forderung der Friedensbewegung ist, die Auslandseinsätze der Bundeswehr unverzüglich zu beenden, und es unterstreicht unsere Forderung im Aufruf zur Demonstration, dass die Bundesregierung den Krieg der Türkei gegen die Kurden klar verurteilt.
Ich möchte an dieser Stelle auch die Medien auffordern, weiterhin für eine öffentliche Dokumentation der türkischen Kriegsverbrechen einzutreten.
Während Solidaritätsdemonstrationen mit den Kurden von Afrin argwöhnisch beobachtet werden, ob nicht eine Fahne oder ein Emblem gezeigt wird, das einer Tarn- oder Nachfolgeorganisation der PKK zugeordnet werden kann – mit der Drohung der Polizei, die Demonstration dann gegebenenfalls aufzulösen – bleiben Aufmärsche türkischer Nationalisten, an denen die grauen Wölfe offen teilnehmen, geduldet, obwohl z. B. die Bundeszentrale für politische Bildung feststellt, dass die Programmatik der grauen Wölfe offen rechtsradikal und rassistisch ist und die grauen Wölfe in Deutschland mehr Mitglieder haben als die NPD. So einen Aufmarsch hat es am 17. Februar in Bremerhaven gegeben, das ist auch der Hintergrund unseres Appells an die Politiker der Region, kriegsverherrlichende Aufmärsche türkischer Faschisten zu verhindern.
Manchmal frage ich mich, ob die Politiker und Politikerinnen, die von ihnen Regierten, für dumm halten oder ob sie selber nicht sehr schlau sind. Da posaunt die britische Premierministerin die Unfähigkeit des britischen Geheimdiensts laut heraus – der Geheimdienst hat nicht erkannt, dass das Leben eines Ex-Doppelagenten in Gefahr ist, und war deshalb auch nicht in der Lage, ihn zu schützen, und ihm war auch verborgen geblieben, dass ein Hack von Facebook von einer britischen Firma vorgenommen wurde. Aber weil es gegen Russland geht, haben viele Staaten sich eilfertig Strafmaßnahmen auf diplomatischem Gebiet angeschlossen.
Möge ihnen der Rechtfertigungsdruck wie ein Stein auf die Füße fallen – ich habe Herrn Ehrler sich in einem Interview des Deutschlandfunks winden hören, als er erklären sollte, wie sich das Offenhalten von Gesprächskanälen mit diesen Maßnahmen verträgt. Mal sehen, wie groß die Bereitschaft ist, sich mit den Fußballfans anzulegen, indem ein Boykott der WM ins Spiel gebracht wird.
Wir haben uns vor etwa einem Jahr mit dem Bremerhavener Appell dagegen gewandt, dass die Unterweserhäfen dazu missbraucht werden, eine Drohkulisse gegen Russland aufzubauen.
Tatsächlich hat das Säbelrasseln nicht zu mehr Frieden beigetragen. Stattdessen hat das Üben des Aufmarschs gegen Russland die Beziehungen noch weiter vergiftet.
Aber es nehmen auch die Gegenaktivitäten zu:
So werden Unterschriften unter dem Appell „Abrüsten statt Aufrüsten” gesammelt mit inzwischen schon über 50 000 Unterschriften – auch mir hat man zur Vorbereitung dieses Ostermarschs Listen zum Sammeln von weiteren Unterschriften mitgeschickt, die ich gern weiter verteile.
So hat in Büchel, dem Eifelort, in dem immer noch Atomwaffen auf deutschem Boden lagern, gerade eine Aktionspräsenz begonnen unter dem Motto „20 Wochen gegen 20 Atombomben”, deren Forderung an die Bundesregierung wir mittragen:
1. der Forderung nach Stopp der nuklearen Aufrüstung
2. der Forderung zum Beitritt zum UN-Atomwaffen-Verbotsvertrag
3. der Forderung nach Abzug der Atomwaffen aus Büchel
Nicht zuletzt treten wir gegen eine Propagierung der Kriegslogik und die Gewöhnung an das Militärische ein, wie sie durch öffentliche Gelöbnisse und die Bundeswehr an den Schulen und auf Berufsfindungsmessen zum Ausdruck kommt.
Ich danke für die Aufmerksamkeit und bitte um Aufmerksamkeit für die Antikriegs-Materialien, die man mir mitgeschickt hat.
Werner Begoihn ist Sprecher des Bremerhavener Ostermarsch Inititative.