Protestaktionen am 11. Juni 2016
(c) Martin Behrsing

An sechszehn Standorten feierte sich die deutsche Armee am 13. Juni 2016 selbst. Auch in diesem Jahr war der „Tag der Bundeswehr“ wieder das zentrale Werbeevent des Jahres, an dem die Bundeswehr um Zustimmung für ihre Einsätze und schon Kinder als Nachwuchs warb – unwidersprochen blieb das nicht: Ein Rückblick auf die Gegenaktivitäten zum „Tag der Bundeswehr“.

Die Armee feierte den Tag als großen Erfolg und gab die Zahl von 260.000 Besucherinnen und Besuchern bei den 16 Veranstaltungen heraus – dass wären sogar noch mehr Menschen als beim „Tag der Bundeswehr“ 2015. Wie viele Menschen tatsächlich zum Armee-Werbetag kamen, ist allerdings nicht bekannt: So kamen zur Luftwaffen in Neuburg an der Donau nur 20.000 statt der erwarteten 70.000 Besucherinnen und Besucher; Die „Wehrtechnische Dienststelle“ bei Trier hatte wiederum 10.000 Menschen erwartet – nur 7.000 kamen; Beim „Tag der Bundeswehr“ in Hohn (Schleswig-Holstein) konnte die Armee nur 37.000 statt der zuvor prognostizierten 60.000 Besucherinnen und Besucher zählen. Bereits 2015 hatte die Bundeswehr 400.000 Menschen erwartet und „nur“ 200.000 kamen. In jedem Fall übertreibt die Armee in ihren „blumigen“ Berichten über ihren Werbetag – die Proteste wurden in Gänze verschwiegen.

Im Gegensatz zum letztjährigen „Tag der Bundeswehr“ fanden die Aktionen gegen den Propaganda-Tag des Militärs 2016 koordinierter statt: Das „Netzwerk Friedenskooperative“, das „Komitee für Grundrechte und Demokratie“ und Vertreter unserer Organisationen hatten sich schon Monate vor dem Militärtag abgesprochen und den gemeinsamen Aufruf „Kein(en) Tag der Bundeswehr“ veröffentlicht. Es wurden zudem Friedensgruppen vor Ort angeschrieben und auf den „Tag der Bundeswehr“ vor ihrer Haustür aufmerksam gemacht. Um die Aktiven zu unterstützen, verschickte das „Netzwerk Friedenskooperative“ Aktionskisten mit zahlreichen Materialien – darunter auch eigens von uns für den Tag produzierte Poster, Flugblätter und Luftballons. Auch die Pressearbeit wurde gemeinsam erledigt – allerdings war die Resonanz in den Medien für den „Call for Action“ gegen den „Tag der Bundeswehr“ eher gering. Auch unsere satirische „Fake“-Website www.tag-der-bundeswehr-2016.de wurde trotz großer Anstrengungen von den Medien leider kaum wahrgenommen.

Besser lief die mediale Verarbeitung der direkten Aktionen vor Ort. An mindestens zwölf der sechzehn Standorte fanden verschiedenste, mal kleinere mal größere Aktionen statt, von denen einige hier kurz präsentiert werden sollen:

Wie schon im letzten Jahr präsentierte sich die „Streitkräftebasis“ auch 2016 in der Innenstadt von Bonn. Da es das Ordnungsamt verboten hatte, an allen fünf Zugängen zum zentralen Marktplatz Friedenskundgebungen anzumelden, gab es nur einen Anlaufpunkt für Militärgegner – der war mit rund 150 Aktivistinnen und Aktivisten aber umso größer. Bei Musik fanden verschiedene Aktionen gegen Bundeswehr-Werbung statt.

Vor dem Kasernentor des „Hubschrauberausbildungszentrums“ im niedersächsischen Bückeburg gab es einen Infostand verschiedener Friedensgruppen. Skurril: Die verteilten Flugblätter wurden den Besucherinnen und Besuchern am Eingang bei der Personenkontrolle wieder abgenommen und sogar Kindern wurden die aufgeblasenen Luftballons mit „Frieden schaffen ohne Waffen“-Slogan und zerbrochenem Gewehr-Motiv wieder von Soldaten zerplatzt.

In der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt bot die Streitkräftebasis einen Fuhrpark auf: Neben Leopard- und Boxer-Panzern gab es auch kleine Drohnen zu begutachten. Auf und um den Domplatz tummelten sich rund 70 Friedensaktivistinnen und Aktivisten und führten vor der Bundeswehr-Bühne, dem Werbelastwagen und den Panzern immer wieder kleinere Aktionen wie etwa ein „Die-In“ durch, bei dem sich die Aktivisten totstellen. Wie auch in Bonn so antizipierte die Bundeswehr die Proteste und griff nicht ein.

An der Bundeswehr-Universität in Hamburg konnten Besucherinnen und Besucher in einem Sarg der lokalen DFG-VK-Gruppe ‚probeliegen‘. Zudem war der Eingang des Armee-Geländes mit Kreideumrissen und (Kunst-)Blutflecken versehen. Die Aktion der etwa 70 Antimilitaristinnen und Antimilitaristen, die an der Aktion in Hamburg teilnahmen, war durch zahlreiche große Transparente schon aus der Ferne sichtbar.

Wer zum „Tag der Bundeswehr“ beim „Lufttransportgeschwader 63“ nach Hohn in Schleswig-Holstein wollte, musste an einem Eingang unter einem „Krieg beginnt hier!“-Transparent durchlaufen, das lokale Friedensgruppen dort aufgespannt hatten. Der Bundeswehr gefiel das nicht – machen konnten sie gegen die angemeldete Aktion aber auch nichts.

Mit einem Bus aus Stuttgart sind rund 50 Leute zu den Aktionen gegen den „Tag der Bundeswehr“ in Stetten am kalten Markt angereist. Hinzu kamen weitere Friedensaktivisten aus Baden-Württemberg, die trotz Ärgers mit der Polizei, die etwa das Verteilen von Flugblättern auf den Gehwegen vor der Kaserne verbot, an zwei Kundgebungen teilnahmen.

Ein ganzes Friedensfest fand vor der „Wehrtechnische Dienststelle 41“ bei Trier statt: Ein Kulturprogramm und Infostände verschiedener Friedensinitiativen boten eine bunte Alternative zur olivgrünen Armee-Veranstaltung. Doch auch in der Kaserne fand Protest statt – wie in Erfurt legten sich auch in Trier einige junge Aktivistinnen und Aktivisten „tot“ und mit (Kunst)Blutverschmierten T-Shirts vor Panzer.

Auch in Rostock-Warnemünde, Wilhelmshaven, Veithöchsheim (bei Würzburg), München und weiteren Städten fanden Aktionen statt – auch wenn letztendlich nicht alle sechzehn Bundeswehr-Standorte abgedeckt werden konnten. Solange unsere Forderung nach einem Ende des Bundeswehr-Propagandatags nicht erfüllt ist, können wir aber jeweils auf den Erfahrungen des Vorjahres aufbauen. Mit dem „Netzwerk Friedenskooperative“ liefen schon erste Gespräche darüber, was 2017 besser werden könnte: Um die Aktiven vor Ort zu unterstützen, könnten Medienarbeiterinnen und Arbeiter aus der Bewegung gezielt zu einigen Protest-Aktionen geschickt werden; Es soll versucht werden, die teilnehmenden Armee-Standorte noch früher zu recherchieren und lokale Friedensgruppen zu aktivieren; Auch in den Kasernen sollen Friedensaktivistinnen und Aktivisten recherchieren und so etwa Skandale aufdecken.

Denn so wenig Erfolg die Medienarbeit vor dem „Tag der Bundeswehr“ hatte, so erfolgreich war sie danach: Während es die Bundeswehr am 11. Juni trotz ihrer zahlreichen Veranstaltungen und eines Millionen-PR-Budgets kaum in die bundesweite Presse schaffte, so brachte sie eine Pressemitteilung des „Netzwerks Friedenskooperative“ und der DFG-VK, welche zusätzlich von der Kinderrechtsorganisation „terre des hommes“ durch Statements ergänzt wurde, in Nöte. „PR-Gau beim ‚Tag der Bundeswehr‘“, titelte etwa „Spiegel-Online“: In der Kaserne in Stetten hatte die Bundeswehr bereits Kleinkinder an Handfeuerwaffen gelassen. Aufmerksame Friedensaktivistinnen und Aktivisten hatten dies bemerkt und davon Fotos gemacht – diese wurden mit der Pressemitteilung am 15. Juni 2016 verbreitet und brachen einen Skandal los. Knapp einhundert Medien – von der „Tagesschau“ über die „Bild“ bis hin zur „Brigitte Mom“ – berichteten über die Kinder an Waffen bei der Bundeswehr. Da der Fall sogar gegen interne Richtlinien der Bundeswehr verstieß und die Medien drängten, kam Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nicht umhin, eine Stellungnahme abzugeben. Sie versprach Besserung: In Zukunft soll es keine Fälle von Kindern an Waffen bei öffentlichen Werbeveranstaltungen der Armee mehr geben. Ob das eingehalten wird, bleibt abzuwarten – daher sollten Friedensaktivistinnen und Aktivisten auch beim „Tag der Bundeswehr“ 2017 neben Flyern zum Verteilen auch immer die Fotokamera griffbereit haben.

Der Rückblick wurde dankenswerterweise von der DFG-VK erstellt und uns zur Verfügung gestellt.