Logo Friedenskooperative


Erstellt:
Januar 1998


 nächster
 Artikel

FriedensForum 1/1998


Haager Friedenskongreß 1999

Guido Grünewald

Zurückgehend auf ein Abrüstungsmanifest von Zar Nikolaus II. fand vom 18.5. bis 29.7.1899 in Den Haag die erste Haager Konferenz statt. Entgegen den Hoffnungen der bürgerlichen Friedensbewegung verabschiedeten die Vertreter von 26 Staaten nur einen vagen Aufruf zu künftiger Rüstungsbegrenzung; verboten wurden einige damals wenig bedeutsame Waffen wie Gas und abgeplattete Geschosse. Zwar beschloß die Konferenz die Einrichtung eines Ständigen Schiedshofes, doch scheiterten Versuche, eine verpflichtende (obligatorische) Schiedsgerichtsbarkeit für einzelne Sachprobleme einzuführen.

100 Jahre später planen Organisationen der internationalen Zivilgesellschaft, den Ansatz der ersten Haager Konferenz weiterzuführen. Unter dem Slogan "Es ist an der Zeit, Krieg abzuschaffen" streben sie an, Krieg zu delegitimieren und die Vision einer Welt ohne Krieg zu verbreiten. In einem "Haager Appell für Frieden 1999" heißt es dazu:

"Die Zivilisation hat Sklaverei, Kolonialismus und Apartheid überwunden. Das 21. Jahrhundert soll jetzt zu dem ersten Jahrhundert ohne Kriege werden. Wir wollen neue Wege beschreiten und die bereits eingeschlagenen Wege fortsetzen, um kriegerische Auseinandersetzungen dadurch zu verhindern, daß wir ihre Ursachen beseitigen. Das schließt die Aufhebung der ungerechten Verteilung der immensen Ressourcen dieser Welt, die Beendigung der Feindseligkeiten der Staaten untereinander oder der Volksgruppen innerhalb eines Staates und die Abschaffung immer tödlicherer Arsenale von konventionellen Waffen, Massenvernichtungswaffen und Nuklearwaffen ein, deren inhärente Logik es ist, daß sie eines Tages auch eingesetzt werden.

 zum AnfangWenn es zu Konflikten kommt - und das wird trotz unserer großen Anstrenungen unvermeidlich geschehen -, wollen wir Wege finden, diese ohne Anwendung von Gewalt zu beenden bzw. die bereits vorhandenen Möglichkeiten der friedlichen Konfliktlösung nutzen. Kurz gesagt, wir wollen die Arbeit der Friedenskonferenz, die vor einem Jahrhundert in Den Haag stattgefunden hat, fortsetzen. Wir wollen zu der damaligen großen Utopie einer umfassenden Abrüstung, die nach Beendigung des letzten Weltkrieges ganz kurz auf der Weltbüphne aufgetreten war, zurückkehren. Dies wird ganz neue Friedensstrukturen erforderlich machen und ein starkes Fundament für eine international und universal gültige Weltordnung. Laßt uns ganz besonders den moralischen, spirituellen und politischen Willen finden, das zu tun, was unsere politischen Führer zu tun sich bisher nicht durchringen können, obwohl sie wissen, daß es geschehen muß:

- Abschaffung aller Kernwaffen, aller Landminen und aller anderen Waffen, die humanitärem Völkerrecht widersprechen;

- Abschaffung des Waffenhandels oder wenigstens dessen Verminderung auf einen Umfang, der in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen das Verbot eines Angriffskrieges durchzusetzen hilft;

- Einsatz der überwältigenden finanziellen Mittel und Ressourcen, die durch die Beendigung des Wettrüstens und der Militarisierung frei werden, für den Kampf gegen Armut und den Schutz unserer Umwelt.

Bei der Verfolgung dieser Ziele wollen wir in Erinnerung behalten, daß die Zeit gekommen ist - wenn nicht jetzt, wann dann? -, das Recht des Stärkeren durch die Stärke des Rechts zu ersetzen."

Der Haager Appell für Frieden versteht sich als Prozeß, der soeben begonnen hat und ins 21. Jahrhundert hineinreichen soll. Die "Internationale Juristenvereinigung gegen Atomwaffen "(IALANA = International Association of Lawyers Against Nuclear Arms), das "Internationale Friedensbüro" (IPB = International Peace Bureau), die "Internationalen Ärzte für die Verhinderung eines Atomkriegs" (IPPNW = International Physicians for the Prevention of Nuclear War) und die "Welt-Föderalisten-Bewegng" (WFM = World Federalist Movement) haben 1997 einen Koordinationsausschuß gebildet, der je eine Büroaddresse in New York und Den Haag eingerichtet und das Kongreßzentrum in Den Haag angemietet hat. Dort soll vom 11.-16. Mai 1999 eine Konferenz mit fünf- bis zehntausend TeilnehmerInnen stattfinden, die zwar viel Raum für Diskussion und Diversität bietem soll, die Debatte aber auf die drei - der heutigen Situation angepaßten - Kernziele der ersten Haager Konferenz fokussieren will:

- Abrüstung einschließlich Abschaffung der Atomwaffen;

- Stärkung des Völkerrechts und seiner Institutionen;

 zum Anfang- Friedliche Beilegung von Konflikten einschließlich Konfliktverhütung und Friedenskonsolidierung.

Einen zusätzlichen Schwerpunkt sollen die Identifizierung von Kriegsursachen und die Schaffung einer globalen Friedenskultur bilden.

Auch wenn die Konferenz im Mai 1999 unzweifelhaft einen Höhepunkt bildet, der Haager Appell wird nur dann erfolgreich sein, wenn er tatsächlich einen Prozeß auslöst und möglichst weite Teile der Zivilgesellschaft involviert. Für die Zeit bis zum Mai 1999 kommt es daher darauf an, möglichst viele Organisationem, Initiativen und Einzelpersonen auf allen Ebenen - international, national, regional und lokal - einzubeziehen und die oben beschriebenen Diskussionspunkte mit Leben zu erfüllen. Über Strategien und konkrete Lösungsansätze wird es sicher unterschiedliche Meinungen geben; einigendes Dach sollte der Leitslogan "Den Krieg ächten und abschaffen" sein. Neben dieser Vision für das kommende Jahrhundert zielen die Initiatoren des Haager Appells darauf ab, gezielt Jugendliche anzusprechen; im Haager Büro ist bereits ein Jugendkoordinator tätig.

Während sich in einigen Ländern bereits Vorbereitungskomitees gebildet haben, ist der Haager Appell in Deutschland noch wenig bekannt. Als Anlaufadresse für weitere Informationen hat sich Heinz Rothenpieler von Dialog International zur Verfügung gestellt. Bei ihm oder auch direkt in Den Haag können zusätzliche Informationen abgerufen und/oder Interesse für eine aktive Teilnahme angemeldet werden. Der Ansatz des Haager Appels und die Nähe des Konferenzorts sollten genügend Anreiz bieten, sich in diesen Prozeß aktiv einzubringen.

Dialog International, Heinz Rothenpieler, Postfach 260124, 40094 Düsseldorf, Tel/Fax 0211-312608

Hague Appeal for Peace, c/o IALANA, Anna Paulownastraat 103, NL-2518 BC Den Haag, Niederlande, Tel 0031-70-3634484. Fax 0031-70-3455951.
 zum Anfang

 nächster
 Artikel

Übergeordnetes Thema:

Initiativen/Soziale Bewegungen/Netzwerk
Was wir wollen - was wir tun

Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) zum Thema

Friedensbewegung und ihre Aktionen:
FriedensForum 4/97 - Kirchentag Leipzig
FriedensForum 4/97 - Peace Congress
FriedensForum 4/97 - Oekumenische Versammlung in Graz
B.o.A. - Ausstellung
FF 6/97 - Tschechische Friedensbewegung
FF 6/97 - Mit den Füßen Brücken bauen
FF 6/97 - Friedensbewegung in Tschechien
FF 6/97 - Marienbader Dialoge
FF 6/97 - Zur Marienbader Erklärung
FF 6/97 - Marienbader Erklärung
FF 1/98 - Kasseler Friedensratschlag1997