Redebeitrag von Ludo De Brabander für den Ostermarsch Frankfurt am 2. April 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Die Waffen nieder!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

letzten Monat veröffentlichte die NATO ihre neuesten Daten zu den Verteidigungsausgaben. Ein Jahr nachdem Trump den europäischen Mitgliedsstaaten vorgeworfen hatte, zu wenig für die NATO zu tun, wachsen die europäischen Militärausgaben sehr schnell an. Letztes Jahr um fast fünf Prozent.

Auf dem NATO Gipfel in Wales 2014 beschlossen die NATO Staaten eine Erhöhung ihrer Militärausgaben auf 2% des jeweiligen nationalen BIP innerhalb eines Jahrzehnts. Des Weiteren wurde beschlossen, die Militärinvestitionen innerhalb der nationalen Verteidigungsausgaben auf 20% zu erhöhen. Diese Erhöhung der europäischen Militärausgaben hat für die USA eine hohe Priorität. Für Trumps Administration ist diese Solidarität der NATO eine Bedingung für eine sogenannte „faire Aufteilung“ der Verteidigungsinvestitionen. Der Militärhaushalt der USA ist momentan mehr als doppelt so hoch wie der aller europäischen NATO Mitgliedsländer zusammen. Eine Erhöhung der Militärausgaben auf 2% des BIP bedeuten hundert Milliarden Euro Mehrausgaben in den nächsten Jahren.

Wir dürfen uns jedoch nicht irren. Der Rüstungsdruck kommt nicht nur aus Washington, sondern auch aus Europa selbst. Seit dem Brexit schreitet die europäische Militarisierung rasch voran. Im Dezember letzten Jahres wurde PESCO - die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit - gegrundet. Mit Ausnahme von Dänemark, Malta und dem Vereinigten Königreich nehmen alle europäischen Mitgliedstaaten teil.

Wie im Vertrag vorgesehen, sind sie einer ganzen Reihe von strengen verbindlichen Kriterien verpflichtet. Die teilnehmenden Mitgliedstaaten verpflichten sich, die Verteidigungshaushalte "regelmäßig" zu erhöhen. Auch der NATOstandard, dass 20% des Verteidigungsbudgets für militärische Investitionen verwendet werden sollen, ist von PESCO übernommen. Die Europäischen Kommission hatte früher schon beschlossen jährlich 500 Millionen von Steuerngeldern in Militärforschung zu stecken und schafft auch ein Finanzinstrument für gemeinsame militärische Investitionen in Höhe von fünf Milliarden jährlich. Dies sind riesige Gewinnchancen für die Rüstungsindustrie. Ein neuer Rüstungswettlauf steigert die Spannungen mit Russland und behindert den Aufbau friedlicher Beziehungen.

In seiner Abschiedsrede warnte der ehemaliger Präsident Eisenhower damals vor dem "unerlaubten Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes (MIC)". Er wies auf die Interessen der Rüstungsindustrie, des Militärs und der damit verbundenen politischen Welt hin. "Diese Kombination darf unsere Freiheiten und demokratischen Prozesse nicht gefährden“ so warnte er.

Seine Warnung wird heute in Europa und in den USA ignoriert. Die Rüstungskonzerne schicken ihren Lobbyisten, verführen sie mit wirtschaftlichen Kompensationen und anderen Ködern, fühlen sich sehr zuhause in den europäischen Institutionen, schreiben europäischen Studien und beeinflussen politische Dokumente, sponsern NATO-Treffen, organisieren große Konferenzen mit Politikern oder laden hochrangige Militärs und Politiker auf Waffenmessen ein,….

Waffenproduzenten, militärische Ausrüstung und damit verbundene Politiker und Akademiker (die Think Tanks) konnten sich in den letzten Jahren mit entscheidenden Konsequenzen im Bereich der Verteidigungspolitik im Allgemeinen und der Rüstungspolitik im Besonderen zusammenschließen. Sie werden uns erzählen, wie bedrohlich die Umwelt ist, aber nicht, dass sie mit unserem Waffenhandel, der Unterstützung von Diktatoren, der militärischer Interventionen oder einer ungleichen ungerechten Handelspolitik, die Welt destabilisieren.

Sie warnen uns, dringend mehr in die Verteidigung zu investieren, "um nicht zurück zu bleiben", obwohl das gemeinsame Militärbudget von Frankreich und Deutschland allein eineinhalb Mal größer ist als das von Russland oder dass der Verteidigungshaushalt der NATO mehr als die Hälfte der weltweiten Militärausgaben ausmacht, fast fünfmal so viel wie in China, zwölfmal so viel wie in Rusland. Sie schaffen die Illusion, dass wir mit mehr Waffen mehr Sicherheit bekommen, aber auch die Realität, dass das Wettrüsten mit vorgeblichen Gegnern und Feinden den Frieden bedroht, dass ihre Atomwaffen die ganze Erde vernichten können.

Die Doktrin der militärischen Intervention, die Bombardierung mit Kampfflugzeugen, ... es ist unglaublich, wie viel Politikern und Medien dies ohne Diskussion als vorteilhaft für unsere Sicherheit ansehen. Die Wahrheit ist, dass der Krieg in Afghanistan al-Qaida entwickelt hat, dass die illegale Invasion und Besetzung des Irak den Islamischen Staat zum Leben erweckt hat, dass die militärischen Interventionen in Libyen, Syrien, Jemen, ... nicht nur die beteiligten Länder, sondern auch die Region und sogar die Welt unsicherer gemacht haben.

Die Weltbank hat einmal berechnet, dass die ärmsten Länder 15-mal häufiger ein Risiko für einen gewaltsamen Konflikt tragen im Vergleich zu reichen Ländern. Studien, die einen kausalen Zusammenhang zwischen Armut und Gewalt feststellen, sind zahlreich. Und doch besteht unsere Sicherheitspolitik in erster Linie darin, die Verteidigungshaushalte aufzustocken und uns zu bewaffnen, und dass geschieht in Zeiten wo Regierungen uns zu Einsparungen erzwingen bei öffentlichen Diensten und Sozialleistungen. Die weltweiten Militärausgaben belaufen sich auf 1700 Milliarden. Mit einem Bruchteil dieses Geldes können wir sicherstellen, dass die Menschen nicht mehr fliehen müssen, nicht hungern müssen, der Klimawandel gestoppt wird, usw. ... dass ist jedoch die Sicherheitspolitik, die die Menschen brauchen. Die logische Frage ist also: Worauf warten wir?

In einer Welt, die jeden Tag gefährlicher wird, nimmt auch die Notwendigkeit von Friedensaktionen immer weiter zu. Der wachsende Militarismus lässt weltweit den Ruf der Menschen nach Alternativen lauter werden – nach neuen Alternativen in den Bereichen Justiz, Nachhaltigkeit und Frieden. Diesen Sommer findet ein neuer NATO-Gipfel in Brüssel statt. Wie im letzten Jahr ruft die belgische und internationale Friedensbewegung auf, uns gegen die NATO-Kriegsvorbereitungen zu widersetzen. Am siebten Juli rufen wir zu einer Demonstration in Brüssel auf, am achten Juli zur Teilnahme an dem Gegengipfel. Am Abend des Gipfeltreffens – Mittwoch, dem 11. Juli um 17 Uhr – hoffen wir auf weltweiten Aktionen während des Gipfels.

Unsere Aufruf ist Klar und deutlich:

  • Keine weiteren Erhöhungen der Rüstungsausgaben, welche zum Leidwesen der sozialen Sicherheit und der öffentlichen Dienste erfolgt
  • Wir rufen unsere Regierungen dazu auf, den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen und sich für nukleare Abrüstung einzusetzen.
  • Wir widersprechen den destabilisierenden Expansionen der NATO
  • Wir lehnen die zunehmende Militarisierung Europas, jegliche sogenannte Europäische Verteidigungspolitik, und den Vorstoß der NATO hin zu einem neuen Kalten Krieg strikt ab
  • Wir fordern ein Ende dieses Krieges und der Militärinterventionen der NATO
  • Wir fordern ein Ende der Militarisierung des Mittelmeers und der Militäraktionen

Unsere Forderung an unsere Regierungen ist klar und deutlich: wir müssen aus der NATO austreten und die NATO muss aufgelöst werden.

Mit den Worten der ersten Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner: Die Waffen Nieder!

 

 

Ludo De Brabander ist für die belgische Friedensorginsation “vrede” aktiv.