Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 6. August 2023 in Wedel

 

- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Guten Abend allerseits und vielen Dank dass ich hier sprechen kann.

Ich bin Maria von Bar, Pastorin der Christuskirche Schulau. Hier sind auch viele aus den anderen Kirchen, Katholische Kirchen und Freikirchen. Wir beten ja jeden Sonntag in unseren Kirchen für Frieden, einmal im Monat gemeinsam ein ökumenisches Friedensgebet in der Katholischen Kirche St. Marien, immer am ersten Freitag im Monat um 18 Uhr. Sie sind herzlich dazu eingeladen!

Aber - Wo bleibt der Friede? Die Sehnsucht ist groß.

Wenn die Nachrichten voll sind von Kriegsberichten aus Syrien, aus dem Krieg in der Ukraine und Russland, so vielen Konflikten weltweit, und wenn die Entwicklung von modernsten Kampfjets in Deutschland fast wie eine frohe Botschaft verkündet wird
und ja, 450 Arbeitsplätze sollen dafür noch neu entstehen, zu den schon bestehenden zehntausenden! für diese neuesten übrigens auch nuklearfähigen Bomber! so habe ich es vor ein paar Tagen in den Nachrichten gehört, stehen wir heute hier beieinander, gedenken und mahnen, mit der Sorge, die Menschheit hätte nichts gelernt seit Hiroshima und dem zweiten Weltkrieg.

Wir wollen hier und heute der zunehmenden Gewalt und der militärischen Aufrüstung etwas entgegensetzen: Nicht nur unseren politischen Protest, das würde nicht reichen, sondern: den Frieden selbst! Der Friede selbst ist unsere Waffe!
Wie soll das gehen, werden manche (oder wir alle uns) fragen, es ist doch kein Frieden, wie können wir ihn dann also dem Krieg entgegensetzen?

Jesus spricht ihn seinen Jüngern zum Abschied zu (Joh 14, 27): Euren Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz verzage nicht und fürchte sich nicht!

Frieden, der zu uns kommen soll und Frieden, der schon da ist, bei uns: Wir tragen Frieden schon in uns: In jedem Menschen ist die Möglichkeit friedfertig zu sein angelegt. In jeder und jedem vom uns, selbst wenn wir es bei manchem Gegenüber
kaum vermuten. Wir können uns danach fragen (Vielleicht nachher, wenn wir die Kerzen anzünden, da ist vielleicht noch etwas Zeit zu plaudern).

Was ist denn dein Frieden? Was stimmt dich friedlich? Es stimmt mich friedlich, am Steuer zu stehen und übers Wasser zu schauen, sagt der Segler. Für den Gärtner ist es, im Garten den Pflanzen beim Wachsen und Gedeihen, Frucht bringen und
Welken zuzuschauen, mit der Erde verbunden, die uns immer noch trägt und nährt.

Es stimmt mich friedlich, hier diese seltenen blauen Schmetterlinge zu sehen und da den Bussard am Himmel, sagt die Naturschützerin.

Die Bienen. Sagt der Imker. Die machen mich zufrieden mit ihrem Summen.

Die Wolken stimmen mich friedlich, sagt die Apfelgärtnerin, den Regen können die Bäume immernoch brauchen. Und der Bäcker sagt: mich stimmt das volle Brotregal am Morgen friedlich und am Abend das leere. Mich macht zufrieden, wenn ich
genug Zeit für meine Patienten habe, sagt die Krankenschwester, auch mal für ein Gespräch.

Frieden ist wie ein gelingendes Bild, sagt der Maler, das vervollkomnet sich mit jedem Pinselstrich, dafür ist es gut, ab und zu einen Schritt zurückzutreten und mit etwas Abstand auf das Ganze zu schauen: was noch fehlt und hinzugefügt werden
muss: Irgendwann ist es fertig.

Euren Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Jesus fügt dem Frieden, den wir schon haben und in uns tragen, noch etwas hinzu. Seinen Frieden, der verbindet alles mit allem. Mit Gott und allen Menschen. Der baut Brücken, auch
die Brücke zur verloren geglaubten Außenseitern, sogar Brücken zum „Feind“: weil der auch Geschöpf ist und seine Daseinsberechtigung und innere Friedensmöglichkeit hat. Einen Friedenslandeplatz. Wir sollen unsere Feinde lieben, das ist nicht gerade eine leichte Übung, aber ein Auftrag: zumindest an die liebenswerten Seiten des Gegners zu glauben, die nur eben verschüttet sind und mir irgendwie zugänglich gemacht werden müssten.

Euren Frieden lasse ich euch Meinen Frieden gebe ich euch - In diesen Worten muss die Angst zurücktreten: und Friede ist da:In diesem Zuspruch ist Gott da.

Und wer keine Angst hat, braucht keine Waffen.

Wir sind noch nicht so weit: noch nicht ganz ohne Angst und noch nicht ohne Waffen.

Aber das ist das Ziel. Die Vision, ich denke, auch für die, die jetzt noch mit Waffen kämpfen: Dass es aufhört und Friede ist.

Ein Bild, das diese Sehnsucht vor Augen bringt, stammt aus uralten Texten, aus den Prophetenbüchern Micha und Jesaja. Wir hören die Worte:

In den letzten Tagen aber wird der Berg, darauf des Ewigen Gottes Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und die Hügel erhaben und die Völker werden herzulaufen und viele Heiden werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinauf zum Berg des lebendigen Gottes gehen, und zum Haus des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir in seinen Pfaden wandeln! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und das Wort Gottes von Jerusalem. Er wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Ländern. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie mehr schrecken. (Micha 4, 1-5)

Ein Bildhauer hat die Skulptur danach geschaffen. Sie steht in New York und in Moskau, in NY vor dem Haupt-Gebäude der Vereinten Nationen und vor dem Eingang der Tretjakowgalerie in Moskau, Nikita Chruschtschov hat sie in der Zeit der Tauwetteperiode 1959 der UNO geschenkt, Jevgeni Wiktorovitsch Wutschetitsch ist der Künstler. Wir sehen es vor unserem inneren Auge: Einen Mann, der sich angespannt konzentriert, seine kraftvollen Hammerschläge richtig zu setzen:Seine Konzentration spricht aus jedem Muskel, in der einen Hand den Schmiedehammer, in der anderen das Schwert, das am Griff noch als solches zu erkennen ist, aber am unteren Ende ist es schon das, was es werden soll, eine Pflugschar.

Mit aller Kraft dieses Ziel verfolgen ist seine Aufgabe. Aus dem Gerät zum Töten soll etwas wertvolles werden, was dem Leben dient.

Es ist noch nicht fertig, in der Skulptur wird es nie fertig. Sie ist eine Momentaufnahme im Prozess.

Es bleibt unsere Aufgabe, weiterzuschmieden: an einer gemeinsamen Vision von einem liebenswerten Leben: Die Ressourcen, die Energie die wir haben, so einzusetzen, dass es den Menschen und der Erde nützt: es gibt sovieles, was dringend zu tun ist für ein gelingendes Miteinander von Mensch, Tier, Pflanze und Erde, für eine Welt ohne Hunger. Lassen Sie uns weiterschmieden in Weisheit und Liebe und Phantasie, mit Muskelkraft und Geist, mit Barmherzigkeit und Hingabe, mit Gebet und Gesang.

Dafür bekommen wir Gottes Segen von Jesus, der sagt:

Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich, wie die Welt gibt, euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.

Dona Nobis Pacem

Vielen Dank.

 

Maria von Bar ist Pastorin der Christuskirche Schulau in Wedel.