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Bush-Besuch Februar 2005


vom:
28.02.2005


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Bush-Besuch Februar 2005:

  Redebeiträge vor Ort / Vorfeld

Rede auf der Kundgebung am 22.02.2005 in Braunschweig anlässlich des Bush-Besuches

Krieg ist kein Mittel gegen Terror

Ute Lampe

autor

Die einzigen Menschen, die sich über Ihren morgigen Besuch in Deutschland freuen Mr. Bush, sind wahrscheinlich Schüler in Mainz und Wiesbaden. Denn aufgrund der großräumigen Absperrungen haben einige Schulen in den Innenstadtbereichen den Schulunterricht ausgesetzt.

"Noch nie in der Nachkriegsgeschichte war die Popularität eines US-Präsidenten hierzulande geringer als heute!" zitiere ich Peter Strutinsky vom Friedensratschlag Kassel, dem wohl nichts hinzuzufügen ist.

Denn Mr. Bush, alles was sie im Schlepptau nach sich ziehen, ist Angst und Schrecken. Sie haben sich auf die Fahne geschrieben, die Welt sicherer und friedlicher zu machen. Genau das Gegenteil ist Realität!

In Ihrer Regierungszeit haben Sie zwei völkerrechtwidrige Kriege geführt. Über Afghanistan sind sie hergefallen, als Vergeltungsschlag für den 11. September und um die Taliban als mutmaßliche Unterstützer des internationalen Terrorismus zu bekämpfen. In Irak sind Sie einmarschiert, weil es dort angeblich Massenvernichtungswaffen geben sollte. Tatsächlich haben Sie mit Ihrer Militärmaschinerie weder in Afghanistan Ihren Erzfeind Osama bin Laden gefasst noch im Irak die vermeintlichen Massenvernichtungswaffen gefunden. Statt dessen mussten Tausende unschuldige Zivilisten und Kämpfer bzw. Soldaten sterben, haben ungezählte Menschen aufgrund der Kriegshandlungen ihre Wohnstätten verlassen müssen.

Laut einem aktuellen Bericht des UN-Flüchtlingskommissariats leben immer noch zwei bis drei Mio. afghanische Flüchtlinge im Iran und in Pakistan, obwohl bereits über dreieinhalb Mio. Menschen nach Afghanistan zurück gekehrt sind. Im US-Gefängnis Guantanamo auf Kuba werden seit nun mehr drei Jahren Menschen ohne Rechtsanspruch festgehalten, laut Human Rights Watch sind es derzeit noch 550 Gefangene nicht mitgezählt die Gefangenen, die Sie nach Saudi-Arabien, Ägypten und Marokko verschleppt haben. Sowohl auf Guantanamo als auch im irakischen Gefängnis in Abu Ghraib wurden schwere Menschenrechtsverletzungen gegen die Gefangenen begangen. Neben scharfen Verhörmethoden wurden die Gefangenen Demütigungen bis hin zum sexuellen Missbrauch unterworfen.

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Bush-Besuch Februar 2005
Im Irak haben die Unruhen an Schärfe nicht abgenommen. Seit Beginn der Invasion im Irak wurden mehr als 16.000 tote Zivilisten gezählt - nach Schätzungen wird von mehr als 100.000 Toten ausgegangen - und täglich werden es mehr. (http://www.iraqbodycount.net)

Nach dem sich die ursprünglichen Kriegsgründe wie Terroristenförderung, akute Gefahr für Amerika und Massenvernichtungswaffen ins Nichts auflösten, sind Sie, Mr. Bush, nun dazu übergegangen, die westgeprägte Demokratisierung in Afghanistan und im Irak zu Ihrem Leitmotiv zu machen.

Trotz einer gewählten Zentralregierung in Kabul, liegt die Macht in den einzelnen Landesteilen in Afghanistan allerdings weiterhin in den Händen von Warlords.

Und für den Irak hat Mr. Rumsfeld aktuell Ihre ganz eigenen Vorstellungen von Demokratie skizziert: Danach werden die Militärstützpunkte - bisher sind es vier - dort auf lange Zeit nicht aufgegeben. Und auch den unbegrenzten Zugriff auf die Erdölwirtschaft wird die Regierung in Bagdad nicht erhalten. Die angestrebte Privatisierung wird letztendlich US-Firmen zu gute kommen, da es einheimischen Interessenten an Kapital mangelt. Damit steht die vollständige Souveränität des irakischen Staates in den Sternen, was einer Befriedung und Selbstbestimmung zu wider läuft, womit zudem weiterer Zündstoff für den bewaffneten Widerstand gelegt ist. Dabei haben Sie in Ihrer Antrittsrede am 20.01.2005 noch gesagt, dass die Vereinigten Staaten "über Generationen hinweg das Gebot der Selbstverwaltung verkündet haben, da niemand als Gebieter geschaffen wurde und niemand es verdient, ein Sklave zu sein`.

Unverholen formulieren Sie als Ihr nächstes militärisches Ziel den Iran, weil dieses Land sich angeblich anschickt, ebenfalls zu einer Nuklearmacht zu avancieren.

Das Braunschweiger Friedensbündnis begrüßt an dieser Stelle die diplomatischen Anstrengungen der europäischen Union, eine Intervention der USA in den Iran abzuwenden. Das kann allerdings nur der erste Schritt sein. Denn die Unterbindung des Besitzes von Massenvernichtungswaffen darf nicht allein auf Ihre, Mr. Bush "Schurkenstaaten" abzielen. Um mehr Sicherheit vor dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen zu erreichen, muss auf internationaler Ebene eine Basis des Vertrauens geschaffen werden, eine Grundlage zum Gespräch auf gleicher Augenhöhe, und das setzt die Abschaffung aller Massenvernichtungswaffen voraus, sowohl der in den USA als auch in Frankreich, Großbritannien, Russland, China, Indien, Pakistan und in Israel.

Mr. Bush, nur wenn auch Sie bereit sind, die Weiterentwicklung von Nuklearwaffen zu stoppen und Ihr Potential an Massenvernichtungswaffen abzubauen, kommen wir der Hoffnung auf Frieden in der Welt, von der Sie in Ihrer Antrittsrede sprechen, ein Stück näher. Nur, wenn auch Sie das Völkerrecht respektieren und, wenn auch Sie die internationalen Verträge einhalten, kann ein echter und ausgewogener, auf Gleichberechtigung beruhender Dialog zwischen den Nationalstaaten möglich werden.

Mr. Bush wir wollen Ihre Kriege nicht, wir wollen weder Ihre Kriege noch andere Kriege! Wir fordern von Ihnen ein Ende der Eskalationspolitik und deutliche Schritte der Abrüstung. Wir unterstützen die US-amerikanische Friedensbewegung in Ihrer Forderung nach einem Abzug der US-Truppen aus dem Irak und den Bestrebungen nach einer nuklearen Abrüstung in Ihrem Land.

Nach Ihrer Wiederwahl im letzten Jahr haben Sie behauptet, dass nach dem Irak-Krieg Amerika und die Welt sicherer geworden sind. Die Wirklichkeit sieht anders aus! Selbst Ihr CIA Direktor Porter Goss warnt vor drohenden Terroranschlägen mit Chemie-, Bio- und Atomwaffen. In dem Bericht "Mapping the Global Future" des NATIONAL INTELLIGENCE COUNCIL - eine Institution, die dem CIA angehört - heißt es, der Irak sei zu einer neuen Brutstätte des Terrorismus geworden. Weiter ist dort zu lesen: Im Irak werden, wie zuvor in Afghanistan, Terroristen rekrutiert und ausgebildet, um dann im Irak selbst, aber auch im Rest der Welt zu kämpfen. Nach Angaben des CIA hatte der Irak vor der Invasion praktisch keine Beziehungen zum internationalen Terrorismus, auch wenn dies Ihre Regierung immer unterstellt hatte. (
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19236/1.html)

Terroranschläge richten sich jedoch nicht nur gegen die USA, sondern sie richten sich auch gegen Europa und die übrige Welt, wie die Anschläge in Madrid, auf Bali und in Djerba in Tunesien zeigen. Dagegen hilft keine Abschottungspolitik, keine Rasterfahndung und keine Verschärfung von Personenkontrollen, die zudem zu einer schleichenden Beschneidung der Persönlichkeitsrechte führen. Diese Art der Terrorbekämpfung führt, wie wir im letzten Jahr leider alle mit ansehen mussten, zu Verunglimpfungen ganzer Bevölkerungsgruppen - was insbesondere unsere muslimischen Mitbürger zu spüren bekamen und was mehr als beschämend war - und sie gipfelte in eine Polarisierung innerhalb der Bevölkerung.

Krieg ist kein Mittel gegen Terror! - Studien zeigen auf, dass Armut, keine Aussichten auf eine Veränderung der Lebenssituation, fehlende Freiheiten und Bildung den Nährboden für eine Radikalisierung von Menschen darstellen. - Um eine Zunahme von Gewalt und Terror zu begegnen müssen die Ursachen bekämpft werden, müssen die Grundlagen für eine Verbesserung der Lebensbedingungen und Lebensaussichten geschaffen werden. Und das heißt:

 Bekämpfung von Armut sowie Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in den weniger entwickelten Ländern,

 Schuldenerlass und

 Unterstützung von demokratischen Prozessen in diesen Ländern.

Dieses Umdenken ist leider auch auf europäischer Ebene nicht sichtbar. Erkennbar ist vielmehr, dass der Ausbau des Militärsektors ein Kernziel der Außen- und Sicherheitspolitik der Union ist. Konkret sollen unter dem Begriff "Friedenserzwingung` europäische Krisenreaktionskräfte, sog. Battle Groups, innerhalb von 15 Tagen in einem Radius von 4.000 km, und damit über europäische Grenzen hinaus, einsatzfähig sein. In der Verfassung wird eine laufende Verbesserung der militärischen Fähigkeiten der Mitglieder der Union festgeschrieben, die durch eine Rüstungsagentur kontrolliert wird. Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen, wie es in der Verfassung steht, ermöglichen den Einsatz von Militär nicht nur zu Verteidigungszwecken, sondern auch zu Interventionen.

Wir fordern die Bundesregierung und die europäische Union auf, die Militarisierung in Europa zu stoppen,

 den sog. "Krieg gegen den Terror" zu beenden,

 deutliche Signale gegen die US-Interventionspolitik zu setzen und

 einen Abzug der Kampftruppen aus den aktuellen und potentiellen Kriegsgebieten zu vollziehen.

Wir rufen Sie auf, Hr. Bundeskanzler, verharren Sie nicht in Appellen und Worthülsen, setzen Sie nicht nur Zeichen, sondern beschreiten Sie auch den Weg hin zu einer friedlicheren, gerechteren und solidarischeren Welt. Und wir rufen Sie auf, Mr. Bush, schließen Sie sich diesem Weg an.


Dr. Ute Lampe ist aktiv beim Braunschweiger Friedensbündnis

E-Mail:   ute2_lampe@web.de
Internet: http://www.friedensbuendnis-bs.de
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